"Homs, das war wie Ypern nach dem Ersten Weltkrieg", titelt La Libre Belgique. "Wir konnten nur fliegen, weil Russland es zugelassen hat", schreibt De Standaard auf Seite eins. Beide Schlagzeilen sind Zitate des Oberbefehlshabers der Luftstreitkräfte, Frederik Vansina. Der zieht Bilanz nach 18 Monaten Mission in Irak und in Syrien.
Die belgischen F16 sind zurück. Anderthalb Jahre lang haben vier belgische Kampfjets im Rahmen der internationalen Koalition die Terrororganisation IS im Mittleren Osten aus der Luft bekämpft. "Das ist ein schmutziger Krieg", sagt General-Major Frederik Vansina in La Libre Belgique.
"Dabei gilt aber in jedem Fall das Vorsichtsprinzip", betont er in Het Laatste Nieuws. Wenn auch nur der Hauch eines Risikos bestehe, unschuldige Zivilisten zu treffen, dann hätten die Piloten den Befehl gehabt, abzuwarten. "Unsere Piloten wissen, dass sie Menschen getötet haben", sagt Vansina in De Standaard. Und er meint damit IS-Terroristen. Informationen, wonach die belgischen F-16 auch Zivilisten getötet haben, wurden bislang nicht bestätigt. "Wir haben aber enorm viele Leben gerettet", ist der Kommandant überzeugt.
Sicherheit hat ihren Preis
Frederik Vansina plädiert bei der Gelegenheit aber auch für schnelle Erneuerung der Flotte. Die F16 seien an ihre Grenzen gestoßen, technisch entsprechen sie nicht mehr heutigen Standards. "Ohne neue Flugzeuge sind wir ein Vogel für die russische Katze", warnt der Kommandant der Luftstreitkräfte. Gegen die russischen Luftabwehrstellungen in Syrien hätten die belgischen Jets demnach kaum eine Chance gehabt.
Der Ankauf neuer Kampfflugzeuge als Ersatz für die F16 ist eine politische Notwendigkeit, ist La Libre Belgique überzeugt. Jeder weiß, dass die Kampfjets der beste bewaffnete Arm der Regierung sind. Nur sind die F16 in die Jahre gekommen, die erste Maschine wurde immerhin schon 1979 an Belgien geliefert. Wenn Belgien weiterhin seine internationalen Verpflichtungen wahrnehmen will, dann muss dringend eine Entscheidung über einen Nachfolger getroffen werden.
Hier droht aber ein Szenario wie beim Atomausstieg, warnt Het Laatste Nieuws. Sprich: Die Akte könnte sich festfahren und zu einer Endlos-Warteschleife werden. Hintergrund sind natürlich die derzeitigen Haushaltszwänge. Neue Flugzeuge kosten eine Stange Geld. Allerdings: Sicherheit hat ihren Preis. Wie hoch der sein soll, darüber muss jetzt eine gründliche politische Debatte geführt werden.
Belgien im Fadenkreuz des IS?
Die Terrororganisation IS sinnt derweil offensichtlich auf Rache. "IS ruft auf zu neuen Anschlägen in Belgien", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass Belgien Teil der internationalen Koalition ist, wie die Terrorgruppe bekennt. Beim Anti-Terrorstab Ocam reagiert man aber demonstrativ gelassen. Dass Belgien im Fadenkreuz der Terroristen ist, dass sei nichts Neues. Man müsse solchen Drohungen nicht mehr Aufmerksamkeit schenken als nötig.
Bart gegen den Rest der Welt
"Mehr denn je diktiert die N-VA die Marschrichtung", titelt derweil Le Soir. La Libre Belgique geht ihrerseits der Frage nach, "warum die N-VA glaubt, sich alles erlauben zu dürfen". In den letzten Tagen und Wochen ist die N-VA ein ums andere Mal aus der Koalition ausgeschert. Asylstaatssekretär Theo Francken etwa hatte die Aussagen von Premierminister Charles Michel als "absurd" bezeichnet.
Darüber hinaus stellte sich die Nationalistenpartei alleine gegen den Energiepakt und, damit verbunden, den für 2025 geplanten Atomausstieg. Erst gestern bekräftigte N-VA-Chef Bart De Wever noch einmal, dass er erst über die Abschaltung der Reaktoren reden wolle, wenn wirklich ausreichend Alternativen zur Verfügung stehen und darüber hinaus sicher ist, dass die Strompreise nicht durch die Decke gehen. "Und der Premier schweigt", stellt Het Nieuwsblad fest.
De Wever spielt wieder seine Paraderolle, analysiert das Blatt in seinem Leitartikel. "Einer gegen alle", das ist genau die Erfolgsformel, mit der die N-VA seit Jahren eine Wahl nach der anderen gewonnen hat. Jetzt will De Wever also die Botschaft aussenden, dass es ihm zu verdanken ist, dass der Strom nicht teurer wird. Frei nach Madame Pompadour: "Nach uns die Sintflut". Die anderen Parteien indes werden wohl keine Regierungskrise riskieren wollen, weder für den Atomausstieg, noch wegen der Migrationsdebatte. Für die nächsten anderthalb Jahre droht uns jetzt eine flügellahme Regierung.
Francken-Spirale und relative Moral
Apropos N-VA: Die Diskussion über die abgeschobenen Sudanesen schwelte auch über Weihnachten weiter. Die Migranten haben ja angegeben, nach ihrer erzwungenen Rückkehr in ihre Heimat gefoltert worden zu sein. Wie sich jetzt herausstellte, wurde Asylstaatssekretär Theo Francken von seiner Verwaltung genau davor gewarnt. In Brüssel dreht sich weiter die Francken-Spirale, glaubt L'Echo. Je mehr der N-VA Politiker kritisiert wird, desto populärer wird er. Das weiß er selbst nur zu gut. Frage ist allerdings, wie lange sich die Koalitionspartner dieses Spiel noch anschauen werden.
Moral ist in diesem Land offensichtlich inzwischen relativ, wettert Le Soir in seinem Leitartikel. Das Königreich Belgien schickt mal eben Menschen in ein Land zurück, das von einem Mann regiert wird, der des Völkermordes beschuldigt wird. Und der N-VA-Asylstaatssekretär lügt beziehungsweise präsentiert fragwürdige Rechtfertigungen. Weil niemand Interesse an einer Regierungskrise hat, ist Charles Michel de facto zum Schweigen verurteilt. Es sei denn, er besinnt sich doch noch auf moralische Werte.
Viele Zeitungen bringen heute schließlich noch Fotos von einem Neuankömmling im Zoo Planckendael. "Ein Weihnachtselefant", jubelt etwa das flämische Massenblatt Het Laatste Nieuws. Das kleine Mädchen wiegt immerhin 85 Kilo.
Roger Pint