"Energiepakt wird verschoben, um eine Krise zu vermeiden", titelt La Libre Belgique. "Föderalregierung will Klarheit über Zahlen, bevor sie sich äußert", schreibt L'Echo auf Seite eins.
Der Streit um den Energiepakt ist am Donnerstag nicht eskaliert. Dieser Streit war ja aufgekommen, weil die N-VA als größte Regierungspartei angekündigt hatte, dem Pakt nicht zustimmen zu wollen. Die N-VA kritisiert das Festhalten am Atomausstieg in 2025. Premierminister Charles Michel will den vorgelegten Energiepakt jetzt erst noch mit Zahlen unterfüttern. Über den Pakt wird dann erst im kommenden Jahr entschieden.
Le Soir nimmt diesen Streit zum Anlass, um sich Gedanken über die Entscheidungsfindung in Belgien zu machen, und schreibt: Es ist schon bemerkenswert, dass der Ruf nach mehr Kompetenzen für die föderale Ebene jetzt von einem flämischen Politiker kommt. Der liberale Vizepremier Alexander De Croo hat für eine neue Hierarchie der Entscheidungsfindung mit mehr föderaler Entscheidungskraft plädiert. Das ist sicher zu begrüßen. Aber schon heute, mit den heutigen Strukturen, könnte Belgien schlagkräftiger sein, als es ist. Die Politiker könnten einfach mehr aufeinander hören, die Arbeit des Anderen stärker respektieren, gemeinsam an einem Strang ziehen. Dafür braucht man keine Reformen, sondern nur ein bisschen guten Willen und die Lust, gemeinsam etwas erreichen zu wollen, rät Le Soir.
Mechelen: Vorbild für Belgien?
In Mechelen haben OpenVLD und Groen angekündigt, bei den Kommunalwahlen im kommenden Jahr wieder mit einer gemeinsamen Liste anzutreten. Dazu kommentiert Het Laatste Nieuws: Mechelens Bürgermeister Bart Somers ist dieses Jahr zum "weltbesten Bürgermeister des Jahres" ausgerufen worden. Auch das zeigt, dass er in Mechelen einen guten Job macht. Das macht der Liberale zusammen mit den Grünen und der N-VA. Eine wahrlich bemerkenswerte Koalition. Und man kann sich schon fragen, worin das Erfolgsrezept dieser Bündnispartner steckt. Vielleicht darin, dass die drei Parteien viel weniger als Sozialisten und Christdemokraten traditionellen Strukturen verhaftet sind, mit Seilschaften, Interessengruppen und so weiter. Viel deutet darauf hin, dass die Dreierkoalition in Mechelen weiter regieren wird. Vielleicht ein Vorbild für die Föderalebene?, fragt offen Het Laatste Nieuws.
"Prinz Polemik" gefällt sich in seiner Rolle
Die Föderalregierung hat am Donnerstag beschlossen, die Dotation von Prinz Laurent im kommenden Jahr um 47.000 Euro zu kürzen. Grund dafür ist eine unerlaubte Teilnahme des Prinzen an einer Feier der chinesischen Botschaft in Brüssel im vergangenen Juli. Das Parlament muss diese Strafe jetzt noch bestätigen. Das ist eine gerechte Strafe, findet Het Nieuwsblad und führt aus: Prinz Laurent ist ein Serientäter: Immer und immer wieder hat er sich nicht an den Verhaltenskodex gehalten, der ihm auferlegt ist. Und all die Punkte, die sein Anwalt zur Verteidigung anführt, können einfach nicht zählen. Menschenrechte werden durch diesen Kodex nicht verletzt. Nur in einem Punkt hat der Anwalt recht: Der Prinz lebt isoliert. Doch das hat nichts mit der Dotation zu tun. Und außerdem lebt auch der Rest der königlichen Familie in dieser abgeschotteten Welt, die mit der Realität nicht viel zu tun hat, hält Het Nieuwsblad fest.
Het Belang van Limburg fragt: Können wir jetzt damit rechnen, dass Prinz Laurent mit seinen Fehltritten aufhört? Mit Sicherheit nicht. "Prinz Polemik" gefällt sich in seiner Rolle als Rebell. Und außerdem trifft ihn die Strafe von 47.000 Euro nicht wirklich. Es bleiben ihm ja immer noch 270.000. Statt sich weiter aufzuregen über den Prinzen, sollten die aktuelle und alle künftigen Regierungen einfach lernen, den Prinzen zu ertragen. Es gibt schlimmere Dinge im Leben, findet Het Belang van Limburg.
Wohlstandsverteilung und Todesstrafe für VUB-Wissenschaftler
L'Avenir geht auf eine neue Studie zur Verteilung des Reichtums in der Welt ein und kommentiert: Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich immer weiter. Wenige Superreiche, die immer reicher werden, und viele Arme, die immer ärmer werden. Die europäischen, aber auch alle anderen Staaten, müssen dringend etwas dagegen tun. Denn sonst wird die Welt immer instabiler und immer gefährlicher. Und das ist etwas, was weder reiche noch arme Menschen gebrauchen können, notiert L'Avenir.
De Morgen bemerkt zur gleichen Studie: Belgien ist eine Ausnahme. Das Verhältnis Arm zu Reich ist bei uns stabil geblieben. Aber nur bis 2013. Denn in diesem Jahr endet die Studie. Verantwortlich für die Stabilität ist die Lohnpolitik. Wenig sexy, aber weitgehend gerecht. Dass die aktuelle Regierung gerade hier ihre Reformen ansetzt, ist bedenklich, warnt De Morgen.
Zur Todesstrafe gegen den Gastprofessor der Freien Universität Brüssel, VUB, Ahmadreza Djalali, im Iran schreibt La Libre Belgique: Dass dem Medizinwissenschaftler jetzt quasi stündlich der Tod droht, liegt auch an einem Versäumnis der westlichen Staaten. Auf den Iran wird zu wenig Druck ausgeübt, um eine Justiz zu verändern, die von internationalen Standards meilenweit entfernt ist. Im vergangenen Jahr wurden mehr als 1.000 Menschen im Iran hingerichtet. Das muss aufhören!, appelliert La Libre Belgique.
Kay Wagner