"Danke, Johnny!", titelt La Dernière Heure. "Auf Wiedersehen, mein Freund", verabschiedet sich emotional L'Avenir auf Seite eins. "Monument", so die Hommage des GrenzEchos.
Vor allem die frankophonen Zeitungen erinnern heute in großer Aufmachung an den französischen Rockstar Johnny Hallyday, der gestern im Alter von 74 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung gestorben ist. Hallyday blickte auf eine lange Karriere zurück, 58 Jahre stand er auf der Bühne. Begonnen hatte alles Ende der 1950er Jahre, als der damals blutjunge Johnny Hallyday den Rock'n'Roll nach Frankreich brachte. In den 1960er-Jahren stieg er zum Superstar auf – und das ist er bis zuletzt geblieben.
"Ein Idol stirbt nie", so die Schlagzeile von La Libre Belgique. Le Soir formuliert es ähnlich: "Das unsterbliche Idol". L'Avenir und La Dernière Heure bringen sogar Sonderbeilagen zum Tod von Johnny Hallyday, La Dernière Heure widmet dem Ereignis stolze 75 Seiten.
"Ein Gott in der Wallonie, ignoriert in Flandern", stichelt derweil Het Belang van Limburg. Das stimmt aber nur bedingt. Das flämische Massenblatt Het Laatste Nieuws etwa bringt ebenfalls eine Fotostrecke, die die Karriere des Sängers Revue passieren lässt. Nicht vergessen: Johnny Hallyday hatte einen belgischen Vater, mit bürgerlichem Namen hieß er Jean-Philippe Smet. "Johnny war der belgischste aller französischen Stars", diese Formulierung findet man gleich in mehreren Zeitungen.
Den persönlichen amerikanischen Traum gelebt
Einige Blätter widmen der verstorbenen Ikone sogar ihre Leitartikel. So auch die seriöse La Libre Belgique. Die Texte von Johnny Hallyday haben Generationen von Fans begleitet, meint das Blatt. Und der Sänger hat den Menschen fast schon existenzielle Werte vermittelt. Die braven Bürger haben ihn zeitlebens als anrüchig empfunden, als vulgär, und er könne darüber hinaus nicht singen. Privat war Jean-Philippe Smet aber ein schüchterner, zurückhaltender Mensch, der im Grunde immer nur seinen persönlichen amerikanischen Traum leben wollte. Die damit verbundenen Emotionen hat er mit seinem Publikum geteilt und viele seiner Fans damit nachhaltig geprägt.
Man kann ihn lieben oder hassen, aber in uns allen steckt ein bisschen Johnny, meint L'Avenir. Jedem fällt doch spontan mindestens einer seiner Songs ein. Und eine Karriere von 58 Jahren kommt schließlich nicht von ungefähr. Für seine Fans jedenfalls war er nicht nur ein Sänger, sondern ein Bruder, ein Vater, ein Freund. Jemand, der es ihnen erlaubte, den grauen Alltag zu vergessen und über ihr Idol zu den Sternen zu greifen.
Die Pforten der Hölle geöffnet
Geprägt werden die Titelseiten aber auch noch von einem zweiten Mann, der übrigens derselben Generation wie Johnny Hallyday angehört. "Donald Trump erschüttert den Nahen Osten", titeln De Standaard und Le Soir. "Eine Unterschrift setzt den Mittleren Osten unter Spannung", schreibt Gazet van Antwerpen. US-Präsident Trump hat gestern entschieden, dass die USA jetzt offiziell Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen. Die Palästinenser beanspruchen ihrerseits seit jeher den Osten der Stadt als ihre Hauptstadt. Trumps Entscheidung beendet denn auch de facto den Friedensprozess.
Genau deswegen hatten politisch Verantwortliche aus der ganzen Welt den US-Präsidenten vor dieser Entscheidung gewarnt. "Gegen die ganze Welt", notiert etwa Het Nieuwsblad. "Jetzt werden wohl wieder Menschen sterben", orakelt De Morgen. Het Belang van Limburg zitiert auf Seite eins einen Experten mit den Worten: "Das ist Trump verrückteste Entscheidung." Het Nieuwsblad ist drastischer: "Trump verspricht Frieden, die Welt befürchtet Krieg." Für De Morgen hat Trump sogar "die Pforten der Hölle geöffnet".
Viele Leitartikler gehen mit dem US-Präsidenten hart ins Gericht. Die meisten bemühen Metaphern wie "Elefant im Porzellanladen" oder "Bulldozer". "Kann der Mann nicht einmal auf die Außenwelt hören?", beklagt Le Soir. Gerade vor dieser Entscheidung ist Trump von allen Seiten gewarnt worden. Selbst jüdische Spitzenpolitiker und Vereinigungen in den USA befürchten eine neue Gewaltexplosion. Zugleich verliere Amerika jegliche Glaubwürdigkeit, um noch als Vermittler im Friedensprozess aufzutreten. Trump hat sich aber entschieden, gegen den Frieden zu arbeiten, meint Le Soir.
Die Welt in Brand stecken – aus reinem Eigennutz
Und damit fuchtelt er mit einem roten Tuch, das so groß ist wie der Trump Tower, wettert Het Nieuwsblad. Trump hat in seiner grenzenlosen Arroganz einen Zünder am Pulverfass angebracht. Das ist zugleich ein ausgestreckter Mittelfinger an die Adresse der 1,5 Milliarden Moslems auf der Welt. Es steht zu befürchten, dass die Amerikaner früher oder später dafür die Rechnung zahlen werden.
Es ist ein Todeskuss, empört sich auch Het Belang van Limburg. Noch nie hat in der amerikanischen Nachkriegsgeschichte ein Präsident eine derart bekloppte, leichtsinnige und unüberlegte Entscheidung getroffen, die eine ganze Region in den Krieg stürzen kann. Und das allem Anschein nach nur, um sich bei einigen jüdischen Geldgeber zu bedanken, die ihn im Wahlkampf unterstützt hatten.
Für De Morgen werden düstere Erinnerungen wach. Im Jahr 2000 löste der stramm rechte israelische Politiker Ariel Sharon mit seinem Besuch auf dem Tempelberg die zweite Intifada aus. Die damalige Provokation ist aber noch Pillepalle im Vergleich zu dem, was Trump jetzt tut. Und das erklärt sich nicht nur durch diplomatische Dummheit. Vielmehr geht es hier um ein zynisches Kalkül: Trump will die fundamentalistischen Christen in den USA auf seine Seite ziehen, jene, die der Ansicht sind, dass zu viele Araber durch die Heilige Stadt laufen. So sehr man auch seine Tweets belächeln mag, dieser Mann ist offensichtlich bereit, aus reinem Eigennutz die Welt in Brand zu stecken.
Roger Pint