"Brexit: Einigung lässt auf sich warten", titelt Le Soir. "May verstrickt sich im irischen Knäuel", so die Schlagzeile bei De Morgen.
Die gestrige Verhandlungsrunde zwischen der Europäischen Union und Großbritannien über den Austritt des Königreichs aus der Union werten die Zeitungen heute als gescheitert. Het Belang van Limburg analysiert: Dass die Grenze in Irland das große Problem sein würde, damit hatte vorher keiner gerechnet. Lange standen andere Fragen im Vordergrund: Wieviel Geld muss Großbritannien der EU noch zahlen? Welche Rechte werden EU-Bürger künftig in Großbritannien haben? All das scheint jetzt geregelt. Die irische Frage hingegen scheint aussichtslos.
Die EU wird sich dabei nicht bewegen. Für die Republik Irland ist es existenziell wichtig, eine offene Grenze zum nordirischen Teil der Insel zu behalten. Theresa May dagegen wird von ihrem Koalitionspartner, den nordirischen Protestanten, dazu gezwungen, keine offene Grenze zur Republik Irland zuzulassen. Eine Lösung zeichnet sich nicht ab, glaubt Het Belang van Limburg.
De Standaard stellt fest: Das Vereinigte Königreich zeigt sich gerade alles andere als vereinigt. Denn das Problem liegt gerade nicht nur in Nordirland. Seitdem die Möglichkeit auf dem Tisch liegt, dass Nordirland irgendwie doch weiter quasi Teil der EU bleiben könnte, wollen auch Schotten, Waliser und sogar die Hauptstadt London ähnliche Rechte haben. Der Brexit wird immer mehr zu einem Albtraum. Und das nicht für die Europäische Union, sondern für Großbritannien selbst, meint De Standaard.
Het Nieuwsblad kommt zu dem gleichen Ergebnis und meint: Premierministerin Theresa May kämpft innenpolitisch beim Brexit an drei Fronten. In ihrer Regierungskoalition hat sie es mit dem nordirischen Koalitionspartner zu tun, der ihr das Leben schwer macht. In ihrer eigenen Partei muss sie sowohl die Verfechter eines harten als auch eines weichen Brexits zufriedenstellen. Auf Staatsebene muss sie schauen, dass das Königreich nicht auseinander fällt. Wer hätte noch vor einem Jahr an so eine Situation gedacht? Der Wahnsinn ist nicht, dass die Briten sich für den Brexit entschieden haben. Das ist ihr Recht. Der Wahnsinn ist vielmehr, dass man ihnen den Brexit als einfach, billig und schmerzlos verkauft hat. Das ist die Schuld ihrer Politiker, so Het Nieuwsblad.
Michels Steuerreform weiter in der Kritik
Der Staatsrat hat sich erneut kritisch zu den Plänen der belgischen Föderalregierung geäußert, die Unternehmenssteuern senken und eine Abgabe auf Wertpapierdepots einführen zu wollen. Dazu kommentiert De Morgen: Das ganze Projekt der Steuerreform läuft letztlich auf das Gleiche hinaus, was Trump in den USA dabei ist, zu verwirklichen. Nämlich eine Steuerreform, von der vor allem die Reichen profitieren. So empörend uns die Maßnahme von Trump vorkommt, eins kann man ihm zugutehalten: Er macht keinen Hehl aus seinen Zielen.
Bei der Regierung Michel läuft das anders: Sie bringt wohlklingende Reformen auf den Weg, bei denen nur eines sicher ist: Freuen werden sich die Aktionäre großer Unternehmen. Alles andere bleibt unsicher, weil es nicht gut durchgerechnet ist. Die Zeche wird letztlich auch in Belgien der normale Bürger zahlen müssen. Nur sagt das in Belgien keiner, schimpft De Morgen.
Auch die Wirtschaftszeitung L'Echo findet: Es wäre wünschenswert, wenn Michel den Mut aufbringen würde, die Kritik des Staatsrats ernst zu nehmen. Von einer stümperhaft verabschiedeten Steuerreform hat keiner etwas. Sie wird erstens der Gesellschaft schaden. Und zweitens Angriffsfläche für Gerichtsklagen bieten, wodurch weitere Unsicherheit entsteht. Die Kritik des Staatsrats als reine Einmischung in die Politik abzutun, ist abwegig, urteilt L'Echo.
Het Laatste Nieuws ist überzeugt, die Beweggründe für Michels Handeln zu kennen und schreibt: Mit Blick auf seine flämischen Koalitionspartner kann Michel nicht anders, als jegliche Kritik an dem Steuerpaket abzuschmettern. Wenn er das Paket wieder aufschnüren würde, würden wieder Streit und Chaos in der zerbrechlichen Koalition ausbrechen. Das so viel gepriesene "Sommerabkommen" ist der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich CD&V, OpenVLD und N-VA haben einigen können, weiß Het Laatste Nieuws.
"Genial!"
La Libre Belgique widmet sich dem Streikaufruf beim öffentlichen Nahverkehr in der Wallonie, TEC, und schreibt ironisch: Da hat die sozialistische Gewerkschaft eine tolle Idee: Streik am 20., 21. und 22. Dezember. Quasi verfrühte Weihnachtsferien. Genial! Und das, um gegen sinnvolle Reformen zu protestieren. Die Zeche werden die Passagiere zahlen. Mal wieder. Die FGTB will bald eine Kampagne starten zu dem Thema "Gemeinsam für Veränderungen". Da sollte sich die Gewerkschaft selbst an erster Stelle hinterfragen: Was sollen solche unsinnigen politischen Streiks heutzutage noch? Sie sind einfach anachronistisch, empört sich La Libre Belgique.
Grün? Gerne doch! Aber nicht sofort
Le Soir schreibt zum beginnenden Wahlkampf: Alle frankophonen Parteien scheinen die Umweltpolitik für sich entdeckt zu haben. Auch MR, PS und CDH wollen deutlich grüner werden. Allerdings erst in der Zukunft, nämlich nach den Wahlen. Das ist typisch für Umweltpolitik in Belgien. Vage Pläne gibt es viele. Doch wenn es an die konkrete Umsetzung geht, dann hapert es am politischen Willen. Hier ist auch der Wähler gefragt. Er sollte darauf achten, dass die Parteien klare Ziele haben und konkrete Maßnahmen in einem realistischen Zeitrahmen vorschlagen, so Le Soir.
Kay Wagner