"Erster Schnee und schon haben wir den längsten Feierabendstau des Jahres", titelt Het Laatste Nieuws. "Jedes Jahr das Gleiche: Chaos beim ersten Schnee", so die Schlagzeile bei Het Nieuwsblad. Und De Morgen schreibt auf Seite eins: "Schön und unbarmherzig".
Der landesweite Wintereinbruch ist vor allem für die flämischen Zeitungen ein großes Thema. Fast schon resigniert halten sie fest, dass es jedes Jahr aufs Neue bei Schneefall zu Verkehrschaos kommt. "In Belgien sind wir auf nichts vorbereitet", zitiert Gazet van Antwerpen den emeritierten Verkehrsprofessor Willy Miermans. Am Donnerstag führten Schnee und Nässe bei Temperaturen um den Gefrierpunkt zu 450 Kilometern Stau im abendlichen Berufsverkehr. Bei Sint-Niklaas fuhr ein Lkw auf einen Lieferwagen auf. Bilanz: zwei Tote, ein Schwerverletzter. "Beim kleinsten Vorfall bricht unser Verkehrssystem zusammen", sagt der Professor.
Mission: den Bürger schützen
Die EU-Kommission gab am Donnerstag bekannt, dass sie eine Untersuchung gegen AB Inbev eingeleitet hat. Der Brauriese aus Löwen soll seine marktbeherrschende Stellung in Belgien dazu benutzt haben, die Biere der Marke Jupiler und Leffe jahrelang überteuert verkauft zu haben.
Dazu meint Het Laatste Nieuws: Vergessen wir die Paradise Papers, Lux Leaks, Publifin und Samusocial. Denn was sind all diese Skandale gegen das, was wir am Donnerstag von der Kommission gehört haben: Wir Belgier bezahlen für unser Bier zu viel. Das ist, wer würde das bestreiten, der wirklich größte aller möglichen Skandale. Nun ja, das ist tatsächlich ein bisschen überspitzt. Und es gibt ja auch noch andere Biere als Jupiler und Leffe. Aber trotzdem ist es gut, was die dänische EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager da macht. Denn indem sie gegen Facebook, Google, Apple, Starbucks, Engie und jetzt auch AB Inbev vorgeht, zeigt sie, dass die EU für den normalen Bürger etwas tut. Sie nimmt ihn in Schutz, freut sich Het Laatste Nieuws.
Le Soir schließt sich dieser Meinung an: Margrethe Vestager ist eine wahre Anwältin des europäischen Verbrauchers. Die EU kann dadurch zeigen, dass sie einen Mehrwert für die Bürger darstellt. Das Motto heißt: eine Europäische Union, die schützt. In diesem Sinne kann die Union nächste Woche gleich weitermachen. Am Dienstag treffen sich die EU-Finanzminister, um ihre Meinung zu der schwarzen Liste der Steueroasen abzugeben. Auch hier sollte die EU nicht davor zurückschrecken, eigene schwarze Schafe an den Pranger zu stellen, also auch Mitgliedsländer zur Besserung anzuhalten. Auch das wäre im Sinne des einfachen EU-Bürgers, mahnt Le Soir.
Minimaldienst, Witwenrente und Glückspiel
La Dernière Heure kommt auf den gestrigen Streik beim wallonischen öffentlichen Nahverkehr, TEC, zurück und führt aus: Während die TEC-Mitarbeiter fröhlich streikten, beschloss die wallonische Regierung die Einführung eines Minimaldienstes im Streikfall. Eine Maßnahme, die die Gewerkschafter auf die Palme bringt. Dadurch, sagen sie, werde die Sicherheit der Fahrgäste gefährdet. Das ist ein bisschen befremdlich. Denn viele unserer Nachbarländer haben bereits einen Minimaldienst. Und dieser hat, soweit wir wissen, noch nie zu einem schweren Unfall geführt, notiert La Dernière Heure.
Das Verfassungsgericht hat am Donnerstag das Regierungsvorhaben zu Fall gebracht, das Alter für die Auszahlung der Witwenrente von 50 auf 55 Jahre hochzusetzen. Dazu kommentiert L'Avenir: Das ist natürlich eine klare Niederlage für die Regierung Michel. Eine ihrer Maßnahmen, mehr Menschen in den Arbeitsmarkt zu bringen, ist damit gescheitert. Gleichzeitig aber konnte die Regierung einen Sieg einfahren. Denn das Verfassungsgericht hat einen Einspruch gegen die Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre abgewiesen. Auch die Maßnahmen, die es schwerer machen sollen, in Frühruhestand zu gehen, hat das Gericht als verfassungskonform beurteilt. Und das ist ein großer Erfolg für die Föderalregierung, hält L'Avenir fest.
Het Nieuwsblad macht sich Gedanken zu einem neuen Gesetz zum Glücksspiel. Justizminister Koen Geens will vor allem das Glückspiel im Internet regulieren. Der Maximalverlust eines Spielers pro Woche etwa soll auf 500 Euro begrenzt werden. Die Zeitung findet: Das ist ein gutes Gesetz. Denn Glückspiel ist eine Sucht. Wie jede Sucht unterliegt auch Zocken einem Impuls. Dank des jederzeit verfügbaren Internets kann diesem Impuls heutzutage auch zu jeder Zeit und überall nachgegeben werden. Früher war das schwieriger. Da musste man aus dem Haus gehen, um sich ein Los im Kiosk zu kaufen oder sogar ins Auto steigen, um ins Kasino zu fahren. Zum Schutz der Süchtigen muss dieses Gesetz schnell kommen, fordert Het Nieuwsblad.
Die Macht der Bilder
La Libre Belgique kommt auf den Bericht über Sklavenhandel in Libyen zurück und kommentiert: Das Video aus Libyen hat weltweit für Empörung gesorgt. Der ganze EU-Afrika-Gipfel beschäftigte sich damit. Dabei gibt es Sklaverei nicht nur in Libyen, und das ist bekannt. In Mauretanien zum Beispiel gehört Sklaverei zum Alltag, und auch wenn es offizielle Gesetze dagegen gibt, werden diese Gesetze einfach nicht umgesetzt.
Die UNO weiß davon, macht aber nichts. Dass es jetzt nur wegen des Videos aus Libyen so einen Aufschrei gab, zeigt, welche Macht Bilder in unserer modernen Gesellschaft bekommen haben, empört sich La Libre Belgique.
Kay Wagner