"Tödlicher Zugunfall bei Morlanwelz", heißt es bei Le Soir auf der Titelseite. "Zwei Tote bei Zugunglück", so La Libre Belgique. Und La Dernière Heure titelt: "Verrückter Zug tötet zwei Arbeiter und verletzt sieben weitere Menschen".
Bei Morlanwelz zwischen La Louvière und Charleroi ist es gestern Abend zu einem Zugunglück gekommen. Bereits am Vormittag hatte dort ein Zug ein Auto gerammt, verletzt wurde dabei niemand. Die Zugstrecke zwischen Charleroi und La Louvière musste den ganzen Tag gesperrt werden. Als abends der verunglückte Zug abgeschleppt werden sollte, löste sich dieser von seinem Schlepper und rollte herrenlos Richtung Mons. Dabei tötete er zwei Arbeiter von Infrabel, verletzte zwei weitere und rammte später einen Personenzug. Dabei wurden fünf Passagiere verletzt.
Die Zeitungen widmen sich dem Unfall rein nachrichtlich, genauso wie dem Thema Glyphosat, das auch mehrere Blätter auf ihren Titelseiten erwähnen: "Glyphosat bleibt weiter zugelassen, Belgien stimmt gegen den Vorschlag", fasst das GrenzEcho die gestrige Entscheidung der EU-Mitgliedsstaaten in seiner Schlagzeile zusammen. "Deutschland verhilft Glyphosat zur erneuten Zulassung", schreibt De Standaard über seinen Aufmacher auf Seite eins.
Sprach-Polemik in Flandern
Ihre Kommentare widmen die Zeitungen anderen Themen. Mehrere flämische Leitartikler beschäftigen sich mit dem Vorschlag der Leiterin der flämischen Bildungsbehörde GO!. Sie hatte gestern angeregt, dass Kinder mit einer anderen Muttersprache als Niederländisch ihre Muttersprache auch in der Schule sprechen dürfen. Wenn solche Kinder zum Beispiel im Unterricht auf Niederländisch etwas nicht verstehen, sollen sie einen Klassenkameraden in ihrer Muttersprache um Rat fragen dürfen.
Dazu meint Het Laatste Nieuws: Was war das für ein Aufschrei gestern! Wenn man den Kritikern zuhörte, bekam man fast den Eindruck, dass der Gebrauch der marokkanischen Muttersprache in der Schule direkt zur nächsten Krawallnacht in Brüssel führt. N-VA-Chef Bart De Wever sprach von einem "schlechten Aprilscherz".
Doch bleiben wir mal mit den Füßen auf dem Boden: So einfach ist das nicht. Auf der anderen Seite müsste die GO!-Leiterin Raymonda Verdyck bei einem geselligen Bierchen mal erklären, wie der Gebrauch der Muttersprache in der Schule später das Leben des Kindes besser gestaltet als heute. Weder De Wever noch Verdyck sollten bestimmen, wo und wann die Muttersprache in der Schule benutzt werden darf. Die einzelne Lehrkraft kann das am besten, findet Het Laatste Nieuws.
De Morgen fasst sich an den Kopf. Früher wurden Kinder in der Schule geschlagen. Dann kam man zu der Erkenntnis, dass das nicht gut ist. Heute belegen Studien, dass der Gebrauch der Muttersprache Kindern in der Schule hilft, selbstbewusster zu werden. Es hilft übrigens auch dabei, Niederländisch zu lernen. Hören wir also auf mit der Polemik und öffnen wir uns für Veränderung, fordert De Morgen.
Das fängt ja (nicht) gut an
Die Wirtschaftszeitung L'Echo greift die neu entflammte Diskussion zur Zukunft der Kernenergie in Belgien auf und schreibt: Es wird immer unwahrscheinlicher, dass tatsächlich 2025 alle Kernkraftwerke abgeschaltet werden. Denn bis dahin wird es nicht genug andere Quellen geben, um unseren Energiebedarf zu decken. Will man an dem Datum festhalten, wird es jetzt allerhöchste Zeit, dass die vier Energieminister – der föderale und die drei regionalen – konkrete Pläne vorlegen. Sie haben uns für Ende des Jahres einen Energiepakt versprochen. Es ist zu hoffen, dass sie darin eine klare Strategie vorlegen, wie die energiepolitische Situation Belgiens aussehen soll, notiert L'Echo.
Le Soir hat ein erstes, 20-seitiges Arbeitsdokument aus dem Energiepakt einsehen können und dämpft allzu hohe Erwartungen: Keine einzige konkrete Maßnahme wird in dem Dokument genannt, wie der Ausstieg aus der Kernenergie geschafft werden soll. Das ist ein schlechter Start. Wenn sich in den nächsten Wochen nichts mehr tut, wird der ganze Pakt eine große Enttäuschung werden. Und es wäre ein weiteres Beispiel dafür, wie unverantwortlich die Politiker mit wichtigen gesellschaftspolitischen Themen umgehen, kritisiert Le Soir.
Watsche in Namur und Bärendienst in Antwerpen
L'Avenir beschäftigt sich mit den Haushaltsplänen der Wallonie und schreibt: Es ist schon erstaunlich, was wir da gestern in Namur erlebt haben. Die Regierung hat ihren Haushaltsentwurf extra dem Rechnungshof vorgelegt, um ein objektives Urteil zu den Plänen zu bekommen. Doch die Kritik des Rechnungshofs weist die Regierung zurück. Abbau des Defizits? Genau das Gegenteil wird eintreten, sagt der Rechnungshof. Ausgeglichener Haushalt 2020? Frühestens 2024 möglich – und auch das nur unter größten Anstrengungen. Kurz gesagt: eine Watsche für die Regierung, die an dieser aber abprallt, bemerkt L'Avenir.
Het Nieuwsblad greift die Meldung auf, dass neben Bürgermeister Bart De Wever auch Antwerpens SP.A-Chef Tom Meeuws enge Kontakte zu einem umstrittenen Bauunternehmer hat, und kommentiert: Meeuws hat seinem Bündnis aus Grünen, SP.A und politisch unerfahrenen Bürgern einen Bärendienst erwiesen. Erst den Amtsinhaber anklagen, dann selbst in die Affäre verstrickt sein. Was wird als nächstes in der Antwerpener Politik-Soap kommen? Irgendeine Liebschaft auf höchstem lokalpolitischen Niveau?, fragt sarkastisch Het Nieuwsblad.
Kay Wagner