"Niederlage trotz eines überragenden Goffin", schreibt La Libre Belgique auf Seite eins. "Zwischen Glück und Enttäuschung", titelt L'Avenir. Und La Dernière Heure notiert: "Der Traum ist zerplatzt – Danke für das spannende Wochenende".
Belgien hat gestern das Davis Cup-Finale in Lille mit 2:3 gegen Frankreich verloren. Die Entscheidung fiel erst im letzten Match, bei dem der Belgier Steve Darcis glatt in drei Sätzen verlor. Die beiden Punkte für Belgien holte Superstar David Goffin.
Dazu kommentiert Het Laatste Nieuws: Keine Salatschüssel, aber dieser Davis Cup war historisch. Belgien ist wieder eine Tennis-Macht. Wir spielen wieder ganz oben mit und haben einen echten Champion. Dank seines grandiosen Spiels sind die USA und Australien zu Tennis-Entwicklungsländern geworden. Goffin hat Grenzen überschritten, hat Nadal und Federer hinter sich gelassen. Die Begeisterung des belgischen Publikums in Lille war vorbildlich gelebter Nationalstolz: frei von Intoleranz. Einfach herrlich, schwelgt Het Laatste Nieuws.
"Krieg in Brüssel"
In Brüssel ist es am frühen Samstagabend erneut zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen. Im zentrumsnahen Stadtviertel Louise griffen meist minderjährige Jugendliche die Polizei am Rande einer Kundgebung gegen Sklaverei an. Laut Angaben der Polizei hatten die Krawallmacher aber nichts mit der Demonstration zu tun. Die Polizei nahm 71 Menschen fest.
Het Belang van Limburg schreibt: Immerhin hat die Polizei diesmal tadellos reagiert. Sie hat schnell eingegriffen und die Zahl von 71 festgenommenen Personen spricht für sich selbst. Mittlerweile hatten die Polizisten auch Zeit zu trainieren, es waren die dritten Ausschreitungen innerhalb von zwei Wochen in Brüssel. Allerdings bleibt das Problem, dass die Festgenommenen so schnell wieder auf freien Fuß gesetzt werden.
Die Opfer der Krawalle – zum Beispiel die Geschäftsinhaber, deren Scheiben eingeschlagen wurden oder die Autobesitzer, deren Fahrzeuge beschädigt wurden – werden dafür kaum Verständnis haben. An der Tatsache, dass sowohl die Hintermänner als auch die randalierenden Jugendlichen von Samstagabend weiter frei rumlaufen, muss sich etwas ändern, fordert Het Belang van Limburg.
La Dernière Heure sieht das genauso und führt aus: Oft hören wir jetzt die Forderung nach Nulltoleranz. Doch mit dieser Nulltoleranz ist es wie mit dem Weihnachtsmann: Man kann nur so lang an sie glauben, bis man erkennt, dass es sie nicht gibt. Zumindest nicht bei uns. In Belgien muss man schon mehrfach straffällig werden, um spürbar bestraft zu werden. Zumal, wenn man noch minderjährig ist. Für den normalen Bürger, der quasi direkt zur Kasse gebeten wird, wenn er mal eine Rechnung oder ein Bußgeld nicht rechtzeitig bezahlt, ist das nicht nachvollziehbar, unterstreicht La Dernière Heure.
Het Nieuwsblad findet: Es scheint fast so, als ob es sich nicht mehr um "einfache" Krawalle handelt, sondern fast schon um Rebellion. Krieg in Brüssel. Und immer mehr verdichten sich die Hinweise darauf, dass das alles organisiert ist. Der Anlass zu randalieren scheint egal. Mal ist es eine Feier von Fußballfans, mal ein Flashmob eines Youtubers, mal eine Demo gegen Sklaverei – bei jeder Kundgebung in Brüssel kann es jetzt potentiell zu Gewalt kommen. Und die Ursachen für diese Gewalt sind komplex. Dagegen vorzugehen müsste eine Priorität von allen politischen Ebenen sein. Doch Premierminister Charles Michel verabschiedet sich erst mal für ein paar Auslandsreisen, kritisiert Het Nieuwsblad.
Gratis gibt es nichts
Zu den Plänen von Finanzminister Johan Van Overtveldt für eine weitere Steuerreform schreibt Le Soir: Der Zeitpunkt für diese Ankündigung ist gut gewählt. Es ist kurz vor den Wahlen, wo der Minister jetzt Steuererleichterungen für die arbeitende Bevölkerung verspricht. Das ist sehr geschickt, denn natürlich wollen alle weniger Steuern zahlen.
Doch zu bedenken dabei ist: Bislang ist das nur eine schöne Idee. Denn Steuerreformen müssen umfassender gedacht werden, als Van Overtveldt das tut. Aber natürlich weiß der Minister auch, dass Diskussionen um Immobiliensteuern und Steuern auf Kapital Anlass zum Streit sind. Diese Punkte klammert er aus, stellt Le Soir fest.
De Morgen kommentiert ähnlich: Nur nebulös spricht Van Overtveldt bislang davon, wie er die Steuersenkung gegenfinanzieren will. Doch so, wie wir ihn kennen, wird es lediglich auf zwei Möglichkeiten hinauslaufen: entweder über Neuverschuldung – und dann tragen unsere Kinder die Konsequenzen. Oder über Kürzungen im Renten- und Gesundheitswesen – und dann spüren wir schon selbst die negativen Folgen der Steuersenkung. Gratis wird es die nicht geben, ist sich De Morgen sicher.
Flämische Austerität vs. wallonische Club Med-Mentalität
L'Avenir kommt auf die Äußerungen des CD&V-Kammerabgeordneten Hendrik Bogaert zurück. Nach der Haushaltskritik der EU-Kommission hatte Bogaert davon gesprochen, dass die laxe Budgetberechnung der "südländischen Club Med-Mentalität" der frankophonen Parteien geschuldet ist. L'Avenir schreibt: Da ist sie also wieder, die Gemeinschaftspolitik. Dabei sollte sie doch auf Eis liegen bis zu den kommenden Wahlen. Das hatte Premier Charles Michel mit seinen flämischen Koalitionspartnern vereinbart. Dass die Flamen es doch nicht lassen können und jetzt gerade auch ein CD&V-Politiker wieder gemeinschaftspolitisch stichelt, lässt tief blicken. Letztlich bleibt abzuwarten, was attraktiver und effizienter sein wird: die flämische Austerität oder die wallonische Club Med-Mentalität, schließt L'Avenir.
Kay Wagner