"Brüssel: Das zweite Mal Randale innerhalb von vier Tagen", titelt Gazet van Antwerpen. "Polizei wieder überrascht von Randalierern", so die Schlagzeile bei De Morgen. "Ruf nach harter Repression", heißt es im Aufmacher von De Standaard.
Gestern Nachmittag ist es wieder zu Ausschreitungen zwischen Randalierern und der Polizei in der Brüsseler Innenstadt gekommen. Polizisten wurden angegriffen, als sie eine nicht genehmigte Versammlung junger Menschen vor der Brüsseler Oper auflösen wollten. Nachdem die Polizei Verstärkung geholt hatte, konnte sie die Krawalle beenden. Rund 30 Personen wurden festgenommen.
Dazu kommentiert Het Laatste Nieuws: Jetzt hat es also Festnahmen gegeben – das ist gut. Bravo, Brüsseler Polizei! Denn am Samstag, als es ja schon mal Krawalle in Brüssel gab, wurde keiner der Randalierer festgenommen. So kann das aber nicht gehen. Klar, die Ausschreitungen sind nur Ausdruck eines tiefer liegenden Übels. Auch das muss man bekämpfen. Aber man muss auch die Dinge der Reihe nach machen. Das ist wie bei einer schweren Krankheit. Um die Krankheit heilen zu können, muss man erst mal das Fieber senken, vergleicht Het Laatste Nieuws.
Gesellschaft ohne Respekt
De Morgen sieht, wie eigentlich alle flämischen Kommentatoren, den Grund für die Ausschreitungen am Samstag und gestern in einer verfehlten Politik. Das Blatt führt aus: Man kann nicht unbedingt erwarten, dass Eltern ihre Kinder Respekt vor der Gesellschaft lehren. Aber als Gesellschaft kann man ein gutes Beispiel liefern und diesen Respekt lehren. Dafür sind die Schulen da. Doch in Brüssel hat man viele Schulen einfach verrotten lassen. Es gibt kein Geld, um Lehrer zu bezahlen, um den jungen Menschen eine vernünftige Ausbildung zu ermöglichen. Respekt vor der Gesellschaft lernen sie dort nicht. Die Krawalle jetzt ist das Ergebnis davon. Aber in Brüssel scheinen die Politiker das nicht zu verstehen, beklagt De Morgen.
Ähnlich kritisch schreibt Het Nieuwsblad: In Brüssel scheinen sich die Verantwortlichen mit aller Macht dagegen zu wehren, den Ernst der Lage zu erkennen. Als der Aufruhr gestern schon in vollem Gange war, teilte die Polizei mit, dass man noch nicht von Krawallen reden könne, sondern nur Polizisten mit Steinen beworfen würden. Entschuldigung: Wo ist der Unterschied? Dieses Verhalten ist typisch für Brüssel. Man redet Probleme klein bzw. will sie gar nicht sehen. So wird Brüssel diese Probleme aber nicht lösen können, ist sich Het Nieuwsblad sicher.
"Brüssel macht alles falsch"
Gazet van Antwerpen hat deshalb sogar die Idee: Wir sollten uns echt mal überlegen, ob Brüssel nicht besser von der Föderalregierung verwaltet werden sollte. Denn es ist unverantwortlich, wie die lokalen Entscheidungsträger mit Brüssel umgehen. Das ist die reinste Misswirtschaft. Wie viele Millionen wollen wir noch bezahlen, nur damit die Brüsseler Politiker damit das Falsche machen? Wie oft sollen wir unsere Hauptstadt noch kurz und klein schlagen lassen, fragt schimpfend Gazet van Antwerpen.
La Dernière Heure bemerkt: Wenige Tage bevor der Weihnachtsmarkt eröffnet, sind diese Krawalle in der Innenstadt wenig beruhigend für mögliche Besucher. Beunruhigend ist auch der Grund für die Krawalle, nämlich ein tief liegender Hass gegen Polizisten, die Gesellschaft und eigentlich alles. Und wie reagieren die Brüsseler Politiker? Sie fordern die Flamen auf, mit ihrer Kritik aufzuhören. Aber so stellt man Ruhe und Ordnung nicht wieder her, mahnt La Dernière Heure.
Atomkraft: steht 2025 noch?
Zum Bericht des Betreibers der Hochspannungsnetze ELIA notiert Het Belang van Limburg: ELIA sagt, dass wir 2025 unsere Atomkraftwerke abschalten können. ELIA sagt, dass das möglich ist. Allerdings geht das nicht ohne Anstrengungen. Und vor allem wird uns das viel Geld kosten. Das ist klar. Es wäre aber gut, wenn die Politik trotzdem am Ausstieg aus der Atomenergie festhielte und das jetzt auch deutlich sagen würde. Denn das wird den nötigen Druck erzeugen, um tatsächlich die Investitionen zu tätigen, vor denen viele jetzt noch zurückschrecken, eben, weil es Geld kostet, analysiert Het Belang van Limburg.
Le Soir kommentiert ähnlich: Es ist nicht richtig, den beschlossenen Atomausstieg in 2025 jetzt wieder in Frage zu stellen. Das wäre politische Feigheit. Zu einem Versprechen muss man stehen – und gerade beim Atomausstieg sind ja schon oft Versprechen gebrochen werden. Irgendwann muss mal Schluss damit sein, denn sonst geht jegliche Glaubwürdigkeit verloren. Das kann sich die belgische Politik kaum leisten, meint Le Soir.
Militär an der Macht
Zur Situation in Simbabwe schreibt La Libre Belgique: Die Armee versichert, dass es sich bei ihrer quasi-Machtübernahme nicht um einen Militärputsch handelt. Das sagen die Militärs bewusst, denn sie wissen, dass die Akzeptanz eines Militärputsches auch in Afrika nicht mehr groß ist. Im Kongo beobachtet man die Entwicklung in Simbabwe sehr genau. Äußerungen in sozialen Netzwerken lassen erkennen, dass viele Bürger im Kongo sich etwas Ähnliches bei sich wünschen. Ein relativ sanftes, aber klares Ende der Herrschaft von Präsident Kabila. Denn die Alternative dazu scheint zurzeit nur ein blutiger Bürgerkrieg zu sein. Die Frage ist, ob Kabila sein Militär besser unter Kontrolle hat, als Mugabe in Simbabwe, so La Libre Belgique.
Kay Wagner