"VRT setzt Bart De Pauw vor die Tür", titelt Gazet van Antwerpen. "Zwei Klagen und weg vom Fenster", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. Und Het Nieuwsblad titelt: "Fast jede Nacht schickte er mir SMS mit der Botschaft: 'Ich will mit dir ins Bett'".
Jetzt hat auch Flandern seinen Weinstein-Skandal. Der überaus populäre TV-Moderator und Produzent Bart De Pauw soll Frauen sexuell belästigt haben. Die öffentlich-rechtliche Sendeanstalt VRT trennt sich deshalb von seinem Star. De Pauw gibt in einem Video auf YouTube zu, sich nicht immer korrekt verhalten zu haben.
Nicht jeder Mann ein Weinstein
Dazu kommentiert De Morgen: Nicht jeder Mann ist per Definition ein Harvey Weinstein. Auch Bart De Pauw ist das nicht, aber die VRT wird schon ihre Gründe gehabt haben, diesen Mann vor die Tür zu setzen. Dabei befand sich der Sender sicherlich in einem Dilemma.
Auf der einen Seite gilt es die Klagen der Frauen ernst zu nehmen. Auf der anderen Seite droht eine Vorverurteilung, wenn die Klagen nicht erst durch Beweise belegt werden. Hätte die VRT De Pauw zunächst weiter beschäftigt, wäre das ein Zeichen an die Frauen gewesen, sie nicht ernst zu nehmen. Die VRT hat sich entschieden. Und damit den Opfern Respekt gezollt, analysiert De Morgen.
De Standaard hätte sich eine elegantere Lösung gewünscht und führt aus: Die VRT hätte den Moderator auch zunächst beurlauben können, um die Vorwürfe von einer unabhängigen Instanz überprüfen zu lassen. So macht das jedenfalls die Universität Oxford bei den Vorwürfen gegen den Islamgelehrten Tariq Ramadan. Und das ist kein Plädoyer, um die Hemmschwelle für Frauen zu erhöhen und das schändliche Verhalten von mächtigen Männern zu verharmlosen. Sondern das ist einfach eine Maßnahme, um Willkür und Hexenjagd zu vermeiden, findet De Standaard.
Het Nieuwsblad stellt fest: Rund die Hälfte der Flamen ist mit der Entlassung von De Pauw nicht einverstanden. Anscheinend hat sein YouTube-Video gewirkt. Der Mann weiß halt, wie man Filmchen macht. Aber jeder, der jetzt glaubt, dass Bart De Pauw das größte Opfer der ganzen Sache ist, sollte seine Meinung im stillen Kämmerlein bitte nochmal überdenken, rät Het Nieuwsblad.
Glyphosat – ein Überbleibsel aus den 70ern
Mit einem anderen Skandal, nämlich dem der Paradise Papers, befasst sich die Wirtschaftszeitung L'Echo und schreibt: Als Konsequenz daraus müsste es eigentlich zu einer Steuerrevolution kommen. Das System muss einfacher und fairer werden. Die Steuern auf Arbeit und Vermögen aneinander angepasst werden. Der Steuerbetrug in großem Ausmaß muss radikal verfolgt werden. Kleine Steuerdelikte sollten dagegen weniger Personal binden. Letztlich muss die Unternehmenssteuer gesenkt werden. Das will die Regierung Michel machen. Die anderen Maßnahmen ergreift sie bislang nicht, beklagt L'Echo.
Die EU-Mitgliedsstaaten haben es gestern wieder nicht geschafft, sich klar für oder gegen eine Verlängerung der Zulassung des umstrittenen Pflanzenschutzmittels Glyphosat zu entscheiden. Dazu kommentiert L'Avenir: Jetzt muss der EU-Kommissar für Gesundheit, Vytenis Andriukaitis, alleine entscheiden. Die Zeit drängt. Am 15. Dezember läuft die aktuelle Zulassung für Glyphosat aus. Die Verantwortung, die auf dem Kommissar liegt, wiegt schwer. Er muss sowohl die EU-Staaten zufrieden stellen, die Glyphosat weiter wollen, als auch die, die Glyphosat nicht mehr möchten. Das wird keine leichte Entscheidung sein, hält L'Avenir fest.
La Libre Belgique meint zum gleichen Thema: Glyphosat wurde in den 70er Jahren entwickelt. Damals war es noch das Ziel der Landwirtschaft, die Bevölkerung vor Hungerperioden zu schützen, wie man sie während des Krieges und in der Nachkriegszeit gekannt hatte. Doch diese Zeiten sind längst vorbei. Die Landwirtschaft hat sich entwickelt, sie kann auch ohne Glyphosat auskommen. Glyphosat gehört einer vergangenen Zeit an. Je früher es aus unserer Gegenwart verschwindet, desto besser, urteilt La Libre Belgique.
Ecolo, PTB und PS bald in einer Koalition?
Le Soir spekuliert über neue politische Konstellationen, die aufgrund von Umfrage-Ergebnissen möglich scheinen und führt aus: Ecolo, PTB und PS könnten in der Wallonie die Mehrheit bilden. Wäre das wirklich so abwegig? Die Antwort ist: nein. Denn alle drei Parteien befinden sich gerade in einer Phase der Neu-Orientierung. Die Sozialdemokraten nach den jüngsten Skandalen. Die extreme Linke, weil sie die Zeit der unumstößlichen Dogmen hinter sich lassen muss. Die Grünen, weil sie sich endlich auch in praktischer Politik bewähren müssen. Und schließlich befinden wir uns ja in Belgien. Dort, wo die MR entschieden hat, zusammen mit der N-VA zu regieren. Alles ist möglich, glaubt Le Soir.
La Dernière Heure schreibt zur umstrittenen Staatssekretärin Zuhal Demir von der N-VA: Der Werdegang von Demir ist vorbildlich. Als Kind einfacher türkischer Einwanderer hat sich nicht in eine Opferrolle zurückgezogen, sondern etwas aus sich gemacht. Sie setzt sich für die Werte ein, die ihr Belgien bietet. Statt immer nur auf ihr rumzuhacken, sollte man eher bedauern, dass frankophone Parteien, wie die MR, solche Personen nicht in ihrer Führungsriege vorzuweisen haben, bemerkt La Dernière Heure.
Kay Wagner