Mehrere Tageszeitungen blicken auf die Ergebnisse des aktuellen Polit-Barometers. Demnach sind die grünen Parteien auf dem Vormarsch. Groen liegt in Flandern bei knapp 14 Prozent, Ecolo in der Wallonie und in Brüssel bei 18,5 beziehungsweise 16,7 Prozent.
Dazu meint De Standaard: Grünes Gedankengut ist derzeit gut im Geschäft. Die wenig durchgreifende Art und Weise, mit der die anderen politischen Formationen die Klima- und Umweltproblematiken angepackt haben, spielt den Grünen in die Karten. Keine einzige Partei, die in den vergangenen Jahren Teil einer Regierung war, hatte diese Themen auf ihrer Agenda stehen. Radikale Wege, die zum Beispiel Dänemark oder Paris eingeschlagen haben, blieben bei uns aus. Die Energiepolitik ist ein Hin und Her, der Kampf gegen Luftverschmutzung ist halbherzig und solange die Firmenautos nicht beherzt angegangen werden, bleibt eine nachhaltige Mobilität ein entfernter Traum.
Politisch sauber
Die zwei grünen Parteien können aber auch noch einen anderen Trumpf ausspielen: 14 Jahre ist es her, dass sie auf föderaler Ebene in Regierungsverantwortung standen. Seitdem konnten sie ihre Prinzipien verteidigen, ohne sie mit der politischen Realität abgleichen zu müssen. Sie mussten keine Kompromisse eingehen, keine Machtspiele spielen und auch keine Prinzipien über Bord werfen. Ihre Hände blieben sauber. Damit konnten sie ein Image politischer Reinheit aufbauen, und jetzt dessen Früchte ernten, meint De Standaard.
La Libre Belgique kommentiert die Umfrageergebnisse im frankophonen Landesteil: Lange Zeit war das Wahlverhalten stabil. Eine dominierende PS, die MR auf der Lauer, CDH und Ecolo etwa gleich und die Krümel für den Rest. Diese Krümel sind mittlerweile größer geworden. Die extreme Linke, gepuscht von einem Sprecher mit populistischem Mundwerk, ist in der politischen Landschaft aufgekreuzt. Die Umfrage zeigt: Die PS setzt ihren langsamen und unvermeidlichen Rückgang fort und die CDH leidet. Doch die immer größer werdende Welle ist eher grün als rot-rot. Und wenn die Grünen nach vorne drängeln, dann eher dank ihrer Botschaft, als wegen ihrer Sprachrohre, analysiert La Libre Belgique.
"Zwei zum Preis von einer"
L'Avenir blickt auf die Wahlen in Österreich zurück. Wahlgewinner Sebastian Kurz hat während des Wahlkampfs nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass die national-populistische FPÖ erste Wahl sein wird, um, im Falle eines Sieges, die Regierung zu bilden. Unter den 37 Prozent der Wähler, die der konservativen ÖVP ihr Vertrauen gegeben haben, werden wohl viele kein Problem damit gehabt haben, dass sich die Partei mit den rechtsextremen Neopopulisten verbünden wird, um zu regieren.
Wie viele? Das ist schwer zu sagen. Aber sicherlich keine unbedeutende Menge, die man den 26 Prozent von Heinz-Christian Straches' FPÖ hinzuzählen dürfte. Das macht zusammengerechnet einen Wähler auf zwei, der nicht komplett dagegen ist, dass sich die extreme Rechte in der Regierung befindet. In dem sie für die anti-Migrationspartei von Sebastian Kurz gestimmt haben, stimmten sie für eine nationalistische, fremdenfeindliche und anti-europäische Politik. Quasi zwei zum Preis von einer, kommentiert L'Avenir.
Kurz, Michel, Macron und Renzi
De Morgen setzt den 31-jährigen Sebastian Kurz in eine Reihe mit anderen jungen europäischen Regierungschefs: Charles Michel, der jüngste belgische Premier seit dem ersten Weltkrieg oder Emmanuel Macron in Frankreich und Matteo Renzi in Italien. Das sind alles draufgängerische, charmante Anführer, die aus ihrem Alter ein Verkaufsargument machen. Ihre Generation scheint außerhalb der klassischen Politik zu stehen. Ihre Politik sei pragmatischer und fernab der traditionellen ideologischen Kämpfe.
Doch der schöne Schein trügt. Man kann viel über die Regierung Michel sagen: harmonischer und zweckdienlicher als ihre Vorgänger regiert sie nicht. Parteiinterner Neid und Herumgeschachere scheinen sogar noch größer geworden zu sein. Schöner ist Politik mit dieser Generation nicht geworden. Das Gegenteil zu erwarten ist auch ein wenig naiv. Neben ihrem Charme ist ihnen auch Unbarmherzigkeit gemein. Charles Michel schmiedete einen Komplott gegen seinen ehemaligen Vorgänger Dedier Reynders, Emmanuel Macron desertierte aus der eigenen Regierung. Und auch Sebastian Kurz, Matteo Renzi oder Alexander De Croo zogen der Regierung, der ihre Partei angehörte, den Stecker. Wie können diese jungen Politiker plötzlich für eine neue Kultur stehen, fragt sich De Morgen.
Keine Steuervorteile mehr für Hybrid-Autos?
Die Wirtschaftszeitung L'Echo kommentiert die geplante Abschaffung der Steuervorteile beim Kauf von Hybrid-Autos: Das Ganze erinnert an die Photovoltaikanlagen. Wird eine Förderung zu populär, wird sie unbezahlbar. Dass nicht alle Hybrid-Auto-Besitzer das Spiel mitspielen und ihre Fahrzeuge nicht aufladen, hätte man gleich vorhersagen können. Kunden, die fast nie elektrisch fahren, sollten auch nicht bevorteilt werden. Sie von den guten Kunden zu unterscheiden, ist allerdings kompliziert. Alles für die reinen Elektro-Autos also? Das hoffen wir doch. Das Problem jedoch ist, verkaufen diese sich gut, stehen wir wieder vor derselben Situation. Der Steuervorteil wird für die Haushalts-Kasse zu teuer, und wird von einem Tag auf den anderen abgeschafft. Niemand soll dann aber kommen, um uns zu erklären, dass man sich bewusstgeworden ist, dass Elektro-Autos auch nicht ganz sauber sind. Denn das wissen wir jetzt auch schon, konstatiert L'Echo.
Volker Krings - Foto: Laurie Dieffembacq, belga