"Die Steuer auf Wertpapierdepots wird weniger als 200.000 Menschen treffen", titelt La Libre Belgique. "Die allergrößten Vermögen entgehen der neuen Reichensteuer", schreibt De Standaard auf Seite eins. Donnerstag hatte die Regierung endgültig die Einführung einer Reichensteuer beschlossen. Wertpapierdepots mit einer Einlage von mehr als 500.000 Euro werden ab dem kommenden Jahr geringfügig besteuert.
Dazu kommentiert die Wirtschaftszeitung L'Echo: Die Regierung hat sich nicht mit Ruhm bekleckert. Die ganze Kommunikation zu dieser Reichensteuer war ein Desaster. Im Sommerabkommen Ende Juli wurde sie großspurig verkündet. Und erst jetzt will man sich geeinigt haben. Frage: Wie sieht die Bilanz bislang aus?
Erstens: eine Unsicherheit für alle Investoren während der vergangenen zwei Monate. Zweitens: Eine Rechtsunsicherheit bleibt bestehen, denn gegen die neue Maßnahme könnte der Staatsrat oder auch der Verfassungsrat Bedenken äußern. Drittens: Die Höhe der Einnahmen aus der neuen Steuer sind unklar. Kurz: Was für ein amateurhaftes Vorgehen, schimpft L'Echo.
Reichensteuer – eigentlich nur symbolisch
Auch La Libre Belgique kritisiert: Die Steuer ist ein Kompromiss zwischen N-VA und CD&V und das merkt man ihr an. Viele Fragezeichen bleiben. Und das ist schon bemerkenswert. Da führt eine mitte-rechts Regierung schon eine Reichensteuer ein, macht das aber ohne eine Vision, sondern als Ergebnis eines Koalitionsstreits.
Das ist typisch für die Regierung Michel. Und entspricht dem, was wir bisher von ihr gesehen haben. Ein klares Zukunftsprojekt fehlt, bedauert La Libre Belgique.
Auch De Morgen findet: Dieser Kompromiss ist alles andere als rund. Die Steuer hat vor allem einen symbolischen Wert. Sie soll zeigen, dass die Regierung auch die Reichen zur Kasse bittet. Ein bisschen zumindest. Von einer mitte-rechts Regierung hat man auch nicht mehr erwarten können, so De Morgen.
Bald bessere Luft in Brüssel und der Wallonie
Le Soir schreibt zu den Plänen von Brüssel und der Wallonie, den Kampf gegen abgasstarke Autos zu intensivieren: Nachdem zunächst Brüssel für 2018 die Einrichtung einer Umwelt-Zone beschlossen hatte, folgte im Parlament der Wallonie die Entscheidung, eine Strategie für bessere Luft in der Region auf den Weg zu bringen. Dass dieser Strategie alle Parteien in der Wallonie zugestimmt haben, ist eine erfreuliche Botschaft.
Dieser Schulterschluss aller Parteien tut gut nach all den politischen Querelen, die wir in den vergangenen Monaten erleben mussten. Erfreulich auch zu sehen, dass diese Einheit bei einem wirklich wichtigen Projekt zu Stande kam. Jetzt gilt es allerdings, den Beschluss auch umzusetzen, fordert Le Soir.
L'Avenir schreibt zum gleichen Thema: Bei der Einrichtung von Umwelt-Zonen in Städten darf es nicht bleiben. Man muss auch die nächsten Schritte planen, zum Beispiel den Bau von Parkplätzen am Rande der Stadt und in der Nähe von Tram- und Busstationen, Möglichkeiten, den "letzten Kilometer" zwischen Bus und Arbeit, Haus oder Kino zu gestalten. Insgesamt zu überlegen, wie die Innenstädte künftig aussehen sollen. Denn das werden Innenstädte sein, wo Autos keine Rolle mehr spielen, sondern wo es darauf ankommt, einen lebenswerten Raum für Menschen zu gestalten. Kurz: Die Revolution will geplant sein, meint L'Avenir.
Flexibilität ja, aber bitte nicht zu viel
De Standaard notiert zur gestrigen Entscheidung des Verfassungsgerichts, dass Flexi-Jobs nicht diskriminierend seien: Das ist eine gute Entscheidung. Der belgische Arbeitsmarkt braucht mehr Flexibilität. Es entspricht nicht unserer modernen Zeit, nur noch zwischen neun und fünf Uhr zur Arbeit zu gehen. Viele Flexi-Jobber sind mit diesen Arbeitsverhältnissen auch sehr zufrieden.
Allerdings müssen wir auch darauf achten, dass unsere Sozialsysteme nicht zu sehr darunter leiden. Die Niederlande und Deutschland haben gezeigt, dass zu viel Flexibilität auch negative Effekte haben kann. Doch aktuell ist Belgien noch meilenweit davon entfernt, sich vor zu viel Flexibilität fürchten zu müssen, ist sich De Standaard sicher.
In der Kammer gab es gestern eine Aussprache zum Anwerben von Studentinnen für Dienstleistungen mit älteren reichen Männern, sogenannten Sugardaddies. Het Laatste Nieuws kommentiert: Die Staatssekretärin für Chancengleichheit Zuhal Demir hat sich bei ihrer Anklage weit aus dem Fenster gelehnt. Sie sagte: Die Werbung für diese Suggardaddies sei öffentlicher Aufruf zur Prostitution, gerichtet an eine Zielgruppe, die für solch eine Werbung stark empfänglich sei.
Das ist allerdings zu bezweifeln. Denn das bedeutet ja, dass junge, erwachsene Frauen nicht selbst erkennen können, wo ihre Grenzen liegen. Zuhal Demir sollte ihre Anstrengungen vielmehr auf die Gruppen richten, die wirklich von Zuhältern ausgenutzt werden: junge Frauen zum Beispiel aus der Ukraine, den Philippinen und China, die in organisierten Netzwerken von Menschenhändlern in unser Land gebracht werden, so Het Laatste Nieuws.
N-VA schert mal wieder aus
Het Nieuwsblad kommentiert zum Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien: Die N-VA unterstützt die Katalanen uneingeschränkt und hat sogar Wahlbeobachter nach Katalonien geschickt. Demgegenüber wollen sich die anderen Regierungsparteien nicht zu dem Referendum äußern.
Wieder einmal schert die N-VA als stärkste Partei aus bei dem Bemühen, eine gemeinsame Regierungsposition zu vertreten. Man darf gespannt sein, wie die Regierung am Sonntag auf das Referendum reagieren wird, freut sich Het Nieuwsblad schon mal aufs Wochenende.
kw - Bild: Belga
Anstatt die "Reichen" zu besteuern, sollte man diese motivieren ihr Geld in Belgien mit beiden Händen auszugeben. Damit würde der Staat mehr Geld einnehmen.
Man hatte auch gehofft durch eine Erhöhung der Alkoholsteuern mehr Geld auszugeben. Nur das Gegenteil ist eingetreten. Es wäre besser gewesen, Steuern auf Alkohol zu senken (am besten unter das Niveau der Nachbarländer). Dann wären die Menschen in Scharen nach Belgien gekommen und hätten tüchtig Geld auszugeben ohne Druck vom Steueramt.