"Nach dem Riesenerfolg tritt die Vorsitzende der extrem Rechten jetzt ab", titelt Het Belang van Limburg zu einem großen Bild der AfD-Vorsitzenden Frauke Petry. "Merkel steht bei Regierungsbildung vor schwieriger Aufgabe", heißt es bei L'Echo auf Seite eins. "Angela Merkel gibt die SPD noch nicht auf", so die Schlagzeile des GrenzEchos.
Die Nachwehen der Bundestagswahl beschäftigen einige Zeitungen auch noch am Dienstag in ihren Kommentaren. Dabei steht vor allem das gute Abschneiden der AfD im Mittelpunkt. Le Soir meint: Das erinnert an den Erfolg des Front National in Frankreich. Auch die meisten AfD-Wähler sind keine überzeugten Nazis und schwelgen auch nicht in Erinnerung an die Gaskammern. Vielmehr sind es Protestwähler. Es sind diejenigen Menschen, die sich von den etablierten politischen Parteien nicht mehr repräsentiert fühlen. Die Verlierer unserer heutigen Gesellschaft. Beziehungsweise diejenigen, die sich als Verlierer fühlen.
Die große Frage ist: Welche Politik kann man diesen Bürgern anbieten, welches glaubwürdige Sozialmodell? Für Angela Merkel war die Wahl unterdessen eine schlimme Niederlage. Sie bezahlt den Preis für ihre humanistischen Werte, denn sie ist für ihr "Wir schaffen das" böse bestraft worden, glaubt Le Soir.
Die Wirtschaftszeitung L'Echo analysiert: Der Sieg von Trump hat die AfD beflügelt. Die deutschen Rechtsextremen haben danach die gleiche aggressive Rhetorik benutzt wie der US-Präsident. Provokationen in sozialen Netzwerken und auf Plakaten, die den Zorn der Linken und von Teilen der Bürgerlichen hervorgerufen haben. Quasi Gratiswerbung für die Partei. Zum Schluss hat Alexander Gauland sogar die Taten der Wehrmacht im Krieg verherrlicht. Einfach mal so, um zu schauen, was passiert. Es ist bitter für uns alle: Die Rechtsextreme ist mit großer Macht wieder in den Bundestag eingezogen, stellt L'Echo fest.
Michel hat keine große Wahl
Am Dienstag wird Premierminister Charles Michel in einem Kammerausschuss Fragen zur Zusammenarbeit Belgiens mit sudanesischen Behörden bei der Identifizierung von Flüchtlingen beantworten. L'Avenir fragt: Was kann man von dieser Aussprache schon erwarten? Eigentlich ist schon alles gesagt: Vergangene Woche hatte Innenminister Jan Jambon bereits vor der Kammer erklärt, dass Asylstaatssekretär Theo Francken für seinen Beschluss die volle Unterstützung der Regierung habe. Nichts anderes wird Michel am Dienstag auch sagen. Daran wird auch die Tatsache nichts ändern, dass die Zusammenarbeit mit dem Sudan natürlich weiterhin sehr problematisch ist. Doch Theo Francken ist zur Zeit zu populär und die MR gegenüber der N-VA viel zu schwach, als dass Michel etwas anderes machen könnte, als seinem Staatssekretär Rückendeckung zu geben, prophezeit L'Avenir.
Turteltaks weg - und was nun?
De Standaard beschäftigt sich mit der Abschaffung der sogenannten Turteltaks in Flandern: Die umstrittene Abgabe zur Finanzierung der Energiewende hatte einen Durchschnittshaushalt rund 100 Euro im Jahr gekostet. Jetzt werden es nur noch neun Euro sein. De Standaard kritisiert: Das ist eine schlechte Maßnahme, weil sie viel zu kurzsichtig ist. Denn der aktuelle flämische Energieminister Tommelein hat nicht gesagt, woher das Geld für die Energiewende jetzt kommen soll. Vielmehr hat er auf die Privatinitiativen hingewiesen: Jeder Einzelne sei in der Pflicht. Das ist liberale Politik pur. Aber sie hilft nicht dabei, gegen den Klimawandel anzukämpfen, bedauert De Standaard.
Het Belang van Limburg ist sich sicher: Auf diese Weise werden wir unsere Klimaziele für 2020 wahrscheinlich nicht schaffen. Und die für 2030 erst recht nicht. Denn wenn die Regierung kein Geld hat, um den Ausbau alternativer Energiequellen zu fördern, ja, was dann? Dann müssen wir entweder Grünen Strom aus dem Ausland kaufen oder die Strafen bezahlen, die uns Europa auferlegen wird. All das wird teuer werden. Und so kann man sich jetzt zwar freuen, dass die Energieabgabe von 100 Euro auf neun Euro fällt, längerfristig könnte sie aber auf gut 1.000 Euro pro Familie steigen, warnt Het Belang van Limburg.
"Septembererklärung" und Kurdenreferendum
Mit der sogenannten "Septembererklärung" des flämischen Ministerpräsidenten Geert Bourgeois zur Lage in Flandern schreibt De Morgen: Eine blühende und wachsende Wirtschaft ist gut für alle Flamen, hat Bourgeois am Montag gesagt. Und auch, dass die Regierung weiter alles tun wird, um die Armut zu bekämpfen. Die sei heute schon so niedrig wie nirgendwo sonst in Europa. Doch neue Initiativen, wie Bourgeois die Armut bekämpfen möchte, stellte er am Montag nicht vor.
Indirekt heißt das: Die Regierung braucht nichts weiter zu unternehmen, es ist an den Menschen, die bestehenden Hilfsangebote zu nutzen. Eine solche Haltung ist bedauerlich, denn immer noch 15 Prozent der Flamen gelten als arm. Und Maßnahmen, um gerade die Kinderarmut zu bekämpfen, wären höchst willkommen, so De Morgen.
La Libre Belgique kommentiert zum Unabhängigkeitsreferendum der Kurden im Irak: Kein Land außer Israel unterstützt das Projekt. Das ist zu bedauern. Denn die Kurden haben sich gerade im Kampf gegen den "Islamischen Staat" sehr verdient gemacht. Quasi als Dank dafür könnte die internationale Gemeinschaft sie jetzt bei ihrem Bestreben nach mehr Unabhängigkeit von Bagdad unterstützen. Denn diese Unabhängigkeit wollen die Kurden nicht mit Gewalt erreichen, sondern im Einvernehmen mit der irakischen Regierung, betont La Libre Belgique.
Kay Wagner - Bild: Odd Andersen/AFP