"Mord aus Rache für Selbstmord des Vaters", titelt Het Laatste Nieuws. "Nathan erstach Bürgermeister auf dem Grab seines Vaters", so die Schlagzeile bei La Dernière Heure. Und La Libre Belgique schreibt: "Politiker sind mit wachsender Gewalt konfrontiert".
Der Mord am Bürgermeister von Mouscron beschäftigt auch heute die Zeitungen in ihren Berichten und Kommentaren. La Libre Belgique stellt fest: Der gewaltsame Tod von Alfred Gadenne hat Mouscron in tiefe Trauer gestürzt und die Politikwelt erschüttert. Selbst wenn das Motiv des Mordes nicht politisch ist, dann geschah die Tat doch in einer Zeit, in der Gewalt immer hoffähiger zu werden scheint. Auch gegen Politiker.
Das hat auch damit zu tun, dass die politische Klasse bei uns in Belgien in den vergangenen Monaten arg in Verruf geraten ist. Die einen haben sich bereichert, die anderen haben ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt. Auch das ist Nährboden für Gewalt gegen Politiker, meint La Libre Belgique.
Politiker immer öfter Opfer willkürlicher Gewalt
Ähnliche Gedanken macht sich L'Avenir: Körperliche Gewalt gegen Politiker nimmt zu. Die Faustschläge gegen Nathalie Kosciusko-Morizet in Frankreich und die Messerattacke auf Raoul Hedebouw sind nur die jüngsten Beispiele. Das Gewaltmonopol des Staates wird dadurch in Frage gestellt und diesmal sind es nicht Revolutionen, die Politiker körperlich bedrohen, sondern Einzeltäter, analysiert L'Avenir.
La Dernière Heure stellt fest: In unserer heutigen Gesellschaft nimmt die willkürliche Gewalt immer mehr zu. Und immer öfter werden Politiker Ziele der Angriffe aus dem Gefühl heraus, dass sie ja doch korrupt seien. Und schnell werden sie auch für alle persönlichen Probleme verantwortlich gemacht: Arbeitslosigkeit, Sozialbezüge, Wohnungsprobleme. Der Fall von Mouscron ist im Grunde nichts anderes. Auch wenn in diesem Fall wahrscheinlich die Psyche eine Rolle gespielt haben mag: Wie anders kann es sein, dass der junge Mann den Bürgermeister verantwortlich machen konnte für den Selbstmord seines Vaters?, fragt La Dernière Heure.
Tierquälerei im Schlachthaus – und wieder tun alle überrascht
Der flämische Minister für Tierschutz, Ben Weyts, hat gestern den Schlachthof im westflämischen Izegem schließen lassen. Die Tierschutzorganisation Animal Rights hatte dort Tierquälerei festgestellt. Dazu meint Het Laatste Nieuws: Es ist schon ärgerlich, wie die Verantwortlichen von Schlachthäusern immer wieder so tun, als würden sie bei solchen Sachen aus allen Wolken fallen. Auch gestern in Izegem zeigten sie sich überrascht. Wie kann das denn sein? Schauen diese Leute denn nicht in den Schlachthallen vorbei, um nachzusehen, was ihre Leute dort treiben? Die Schlachthöfe müssen unbedingt strenger kontrolliert und bei Vergehen härter bestraft werden, fordert Het Laatste Nieuws.
Zum gleichen Thema schreibt De Standaard: Der Grund für diese immer gleichen Fälle von Tierquälerei ist die Massenhaltung. Die Tierhaltung hat industrielle Ausmaße angenommen: 319 Millionen Tiere werden allein in Belgien jährlich geschlachtet. Fehlverhalten ist da natürlich an der Tagesordnung. Um das zu ändern, müssen wir die Tierhaltung und Fleischproduktion ändern. Alles muss auf menschliche Maße zurückgefahren werden: weniger Tiere auf der Weide, weniger Tiere in den Schlachthöfen, weniger Fleisch auf unseren Tellern – das ist der Weg, findet De Standaard.
Auch De Morgen glaubt, dass das Problem nur durch einen Mentalitätswandel gelöst werden kann und schreibt zuversichtlich: Die jungen Menschen haben schon erkannt, dass man auch ohne Fleisch glücklich sein kann. Ihr Fleischkonsum ist im Vergleich zu älteren Generationen viel geringer. Und wahrscheinlich können wir uns in 20 Jahren nicht mehr vorstellen, wie wir Fleisch einmal so industriell hergestellt haben wie heute. Bis dahin müssen kleine Schritte zu einem Mentalitätswandel bei allen führen, zum Beispiel Kameraüberwachung in allen Schlachthöfen, effizientere Kontrollen, Boykott von Werbekampagnen für billiges Fleisch, Maßnahmen gegen den Preiskrieg der Supermärkte bei Fleisch, rät De Morgen.
Diversere Verwaltungsräte und politisch aufgeladene Fresken
Die Wirtschaftszeitung L'Echo applaudiert der Föderalregierung zu einem neuen Gesetz und erklärt: Ab sofort müssen börsennotierte Unternehmen auch die Zusammensetzung ihrer geschäftsführenden Organe veröffentlichen. Diese müssen neuen Diversitätskriterien genügen. Das ist eine gute Neuigkeit, denn internationale Studien haben gezeigt, dass Verwaltungsräte, in denen sehr unterschiedliche Mitglieder zusammenarbeiten, besser funktionieren als homogene Gremien. Die belgische Wirtschaft wird von dieser neuen Verpflichtung nur profitieren, ist sich L'Echo sicher.
Le Soir schreibt zum Streit über eine Freske in Mons, auf der ein Motiv aus der Kolonialzeit im Kongo verherrlicht wird: Die einen sehen in dem Bild eine historische Erinnerung, die anderen eine Beleidigung. Das erinnert auch an die Diskussionen an die Denkmäler für Leopold II. in Brüssel. Festzustellen ist: Statuen fallen – und das kann durchaus gut sein. Nämlich dann, wenn an ihre Stelle Verständnis tritt über eine historische Epoche, die durch die Statue repräsentiert wurde, so Le Soir.
Kay Wagner - Foto: Benoit Doppagne/BELGA