"Sommerabkommen mit einem Loch von 200 Millionen Euro", titelt die Wirtschaftszeitung L'Echo. "Regierung verrennt sich bei Maßnahme zur Rentenkürzung", heißt es bei De Standaard auf Seite eins. Gazet van Antwerpen schreibt: "Regierung weiß selbst nicht, was sie mit den Renten vor hat".
Nachdem die Föderalregierung sich vor der Sommerpause auf die groben Linien des Haushalts für das kommende Jahr geeinigt hatte, müssen jetzt noch Einzelmaßnahmen beschlossen werden. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie die Maßnahmen finanziert werden sollen. Die Diskussionen darüber sind jetzt entbrannt. Am Wochenende hatte es Streit über eine mögliche Rentenkürzung für Langzeitarbeitslose über 50 Jahre gegeben.
Beste Regierung seit 25 Jahren?
Vor diesem Hintergrund kommentiert Het Laatste Nieuws: Premierminister Charles Michel hat sich am Wochenende in einem Interview selbst in höchsten Tönen gelobt. In den vergangenen 25 Jahren habe es keine Regierung gegeben, die mehr reformiert hätte, als seine. Diese Einschätzung zeugt von Selbstvertrauen. Bei Michel besteht aber auch die Gefahr, dass er sich selbst überschätzt. Denn das von ihm selbst so hoch gelobte Sommerabkommen ist bislang noch nicht mit Zahlen unterfüttert. Es ist bislang nicht mehr als ein "Gentlemen's Agreement". Die Übereinkunft zwischen den flämischen Regierungspartnern steht auf dünnem Eis. Einmal fest aufgetreten bricht alles zusammen. Ob seine Regierung wirklich die beste seit 25 Jahren ist, das sollte Michel besser 2019 den Wählern überlassen, rät Het Laatste Nieuws.
De Standaard meint: Jetzt zeigt sich, dass die Methode Michel doch so seine Tücken hat. Michel hat zwar ein Händchen dafür, schnell zu handeln. Doch heißt das nicht automatisch, dass er immer gut handelt. Sein Vorgänger Elio Di Rupo nahm sich bei Budget-Verhandlungen mit seinen Regierungspartnern sehr viel Zeit, arbeitete alles bis ins kleinste Detail aus. Anders Michel. Sein Motto: Erst die groben Linien, dann die Details. Deshalb gibt es jetzt auch diese unsägliche Diskussion um die Rentenkürzung. Eine Diskussion, die keinem guttut, findet De Standaard.
EU bald Vermittlerin?
Zur Krise in Nordkorea schlägt Le Soir die Europäische Union als Vermittler vor und begründet: Die EU hat von Anfang an eine klare Linie verfolgt: Erst die Gemüter beruhigen und dann verhandeln. Außerdem hat die Europäische Union sich bereits in einem ähnlichen Konflikt bewährt, nämlich bei den Verhandlungen um das Atomprogramm des Iran. Denn hinter den Kulissen haben die Europäer erfolgreich die Strategie von Obama unterstützt. Als entscheidender Verhandlungspartner konnte die EU auch deshalb so gut wirken, weil sie keine Großmacht-Interessen verfolgte. Das könnte sie auch jetzt zum idealen Vermittler in der Nordkorea-Krise machen, glaubt Le Soir.
Nach dem TV-Duell der deutschen Spitzenkandidaten um das Kanzler-Amt staunt L'Avenir: Merkel ist ein Phänomen. Sie ist sowohl effizient und geschickt, als auch bescheiden und ehrgeizig. Ein wahres Politik-Tier, manchmal schwer greifbar für den deutschen Wähler, der sie trotzdem schätzt wegen ihres Pragmatismus, ihres Sinnes für Normalität und ihres beruhigenden Auftretens. Sie ist ganz anders als die meisten Staats- und Regierungschefs heutzutage, die oft einen lauten Regierungsstil pflegen mit Prunk und Protz, mit provozierenden Äußerungen polarisieren oder sich im Populismus verlieren, staunt L'Avenir.
Wohin mit der Türkei?
L'Echo greift das Thema Türkei aus dem TV-Duell auf und schreibt: Zumindest ist jetzt Klartext gesprochen. Deutschland - und damit fast schon die EU - will die Türkei nicht mehr aufnehmen, und die Türkei von Erdogan will auch nicht wirklich in die EU. Und es ist ja auch richtig: Keiner in Europa will die Türkei von Erdogan. Doch es wäre fatal, die Tür jetzt endgültig zu schließen. Denn die Türkei ist nicht Erdogan. Es gibt auch die laizistische Gesellschaft in der Türkei, die große Hoffnung in die EU setzt. Ohne Einbindung in den Westen, droht die Türkei in die Hände eines radikalen Islam zu fallen. Kein Szenario, das man sich wünschen kann, warnt L'Echo.
Schon bereit für die WM?
Das GrenzEcho kommentiert zur WM-Qualifikation der Fußball-Nationalmannschaft: Rund zehn Monate vor dem Start der WM wartet noch viel Arbeit auf Hazard und Co. Denn trotz der 35:3 Toren und sieben Siegen aus acht Spielen bleibt der Eindruck bestehen, dass sich Belgien immer noch nicht auf Augenhöhe mit den großen Fußballnationen aus Europa oder Südamerika befindet, bedauert das GrenzEcho.
La Libre Belgique meint zu den jüngsten Erfolgen belgischer Nationalmannschaften: Von den Fußballern und in gewissem Maße auch den Hockey-Spielern waren wir Erfolg gewohnt. Jetzt kommen auch noch die Volleyballer mit ihrem famosen vierten Platz bei der Europa-Meisterschaft und die Basketballer hinzu, deren Teilnahme an der Europa-Meisterschaft an sich schon ein Erfolg ist. Das sind die Früchte einer Sportförderung, die sicher noch verbessert werden kann, aber vor allem fortgeführt werden sollte, fordert La Libre Belgique.
Kay Wagner - Bild: Siska Gremmelprez/Belga