"Benoît Lutgen hat seine Wette gegen die PS verloren", titelt Le Soir. Der CDH-Präsident Benoît Lutgen hatte Mitte Juni angekündigt, in den Regionen Wallonie und Brüssel sowie der Französischen Gemeinschaft nicht mehr zusammen mit der Parti Socialiste regieren zu wollen. Am Mittwoch, am ersten Sitzungstag des Parlaments der Französischen Gemeinschaft nach der Sommerpause, stellt Le Soir fest, dass Lutgen sein Vorhaben nur in der Wallonie verwirklichen konnte. Dort regiert die CDH jetzt mit der MR. In den beiden anderen Parlamenten bleibt es bei den bisherigen Regierungen.
Dazu kommentiert La Dernière Heure: Die politische Blockade in Brüssel und der Französischen Gemeinschaft kann noch bis zu den Wahlen 2019 dauern. Nach der Möglichkeit, neue Mehrheiten zu bilden, sieht es nicht aus. Das beste in diesem Fall, wären jetzt Neuwahlen. Aus dem einfachen Grunde, damit wieder Politik gemacht werden kann. Doch aus historischen Gründen, die durchaus nachvollziehbar sind, sind vorgezogene Neuwahlen in Belgien nicht möglich. Deshalb sind jetzt zwei Parteien dazu verurteilt, miteinander zu regieren, obwohl sie das eigentlich nicht mehr wollen. Das ist weder effizient noch sehr demokratisch, findet La Dernière Heure.
Ohne die MR geht nichts mehr
Le Soir meint: Der eigentliche Sieger des ganzen Konflikts ist die MR. Frei nach dem Motto: Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Die MR war im frankophonen Landesteil marginalisiert. Die Beteiligung an einer Föderalregierung mit der N-VA brachte sie in diese Lage. Jetzt ist die MR plötzlich die zentrale Partei im Süden des Landes. Ohne sie wird nichts mehr gehen nach den nächsten Wahlen. Selbst wenn es nicht für Mehrheiten mit der CDH reichen sollte, blieb immer noch die Möglichkeit der PS. Denn MR-Präsident Olivier Chastel hat nie gesagt, dass eine Zusammenarbeit mit der PS grundsätzlich ausgeschlossen sei, analysiert Le Soir.
L'Avenir schreibt: Der Weg der CDH scheint klar. Nach den nächsten Wahlen werden wir sie höchstwahrscheinlich auch in der Föderalregierung sehen. Und dann wird es plötzlich egal sein, dass man bei der CHD bis heute noch schwört, nicht mit der N-VA zusammenregieren zu wollen. Eine Partei, die im Urteil der CDH rassistisch ist und rechtsextreme Verbündete hat. Nach den Wahlen werden es die bösen Journalisten sein, die die CDH an diese Position erinnern werden, ist sich L'Avenir sicher.
Auch für die Wirtschaftszeitung L'Echo ist klar, dass die CDH neben der MR die zweite frankophone Partei in der künftigen Föderalregierung sein wird, und dadurch eine Regierung Michel II quasi schon jetzt feststeht. Dazu meint L'Echo: Deshalb wäre Michel gut beraten, jetzt langfristig zu planen. Denn er wird ja jetzt Zeit haben, Reformen, die er anstößt, auch selbst umzusetzen. Welche Themen muss er aufgreifen? Umwelt und öffentliche Gesundheit. Michel sollte "Bio" demokratisieren und die Mobilität intelligent gestalten. Unser Land könnte dadurch zum Vorbild für andere werden, glaubt L'Echo.
Der wahre Preis der Kernenergie
De Standaard kommentiert zur Forderung des belgischen Unternehmerverbandes, auch nach 2025 noch Kernenergie zu nutzen: Es ist nicht verwunderlich, dass diese Forderung jetzt kommt. Alle Regierungen der vergangenen 15 Jahre haben den Ausstieg aus der Atomenergie nie wirklich mit Nachdruck betrieben. Wir sind noch nicht dazu bereit, 2025 komplett auf Atomstrom zu verzichten, doch das muss weiter das Ziel bleiben. In einem Energiemix muss der Anteil der Atomenergie rasch immer weiter sinken. Das muss Ziel aller Anstrengungen sein, denn auch wenn Atomstrom heute scheinbar so billig ist: Den wahren Preis für Kernenergie müssen wir sowieso noch unzählige Jahre bezahlen.
Het Laatste Nieuws schreibt zum bevorstehenden Schulbeginn: Am Freitag sollen unsere Kinder also wieder in die Schule. Weil Freitag der 1. September ist, und am 1. September fängt nun mal die Schule an. Viele überlegen jedoch, den Schulbeginn auf Montag zu verlegen. Hört sich logisch an. Das Problem ist nur, dass dieses Jahr das Islamische Opferfest genau auf den 1. September fällt. Den Schulbeginn jetzt auf den Montag zu verlegen, sehen einige als unakzeptable Rücksichtnahme auf unsere islamischen Mitbürger. Dabei haben muslimische Kinder in Flandern sowieso schon das Recht am Opferfest zu Hause zu bleiben. Die aktuelle Diskussion ist auch vor diesem Hintergrund deshalb eigentlich lächerlich und hinterlässt kein gutes Gefühl, findet Het Laatste Nieuws.
Krieg und Diplomatie
Zum Abschuss einer Rakete von Nordkorea über Japan hinweg kommentiert La Libre Belgique: Nordkoreas Diktator Kim-Jong Un kann es also nicht lassen. Er provoziert weiter und entlarvt dadurch alle Drohungen gegen sein Land als lächerlich. Das bleibt ein gefährliches Spiel, denn es kann schnell sein, dass Kim-Jong Un die Unberechenbarkeit von US-Präsident Donald Trump unterschätzt, fürchtet La Libre Belgique.
Gazet van Antwerpen meint: Zwischen Krieg und Diplomatie bleibt letztere die bessere Wahl. Die Weltgemeinschaft müsste dann akzeptieren, dass Nordkorea Atomwaffen besitzt. So schlimm, wie viele fürchten, wäre das allerdings nicht. Denn bislang hat die gegenseitige Abschreckung zwischen Atommächten immer gewirkt, weiß Gazet van Antwerpen.
Kay Wagner - Bild: Benoit Doppagne/BELGA