"Der Hass", titelt Le Soir zu einem Foto von US-Präsident Donald Trump. Die erneuten Äußerungen von Trump zur Gewalt in Charlottesville kommentieren gleich mehrere Zeitungen. Trump hatte die Gewalt der Rechtsextremen wieder relativiert, indem er sie auf eine Stufe mit der Gewalt von linken Demonstranten gesetzt hatte.
Dazu meint Le Soir: Mit Präsident Obama war 2008 die Hoffnung ins Weiße Haus eingezogen, dass die USA die Rassendiskriminierung überwunden hätten. Mit Blick auf diese Hoffnung sind die acht Jahre Obamas ein Misserfolg. Sein Nachfolger Donald Trump zeigt das auf erschreckende Art und Weise. Er legitimiert quasi die Existenz von rassistischen Gruppen, die an Nazi-Deutschland erinnern. Das ist schlimm, auch für uns. Denn wir müssen mit diesem Präsidenten zurechtkommen. Ein Präsident, der neben seinen absurden Meinungen auch weiter in den Umfragewerten an Beliebtheit verliert. Dadurch wird er noch unberechenbarer, vor allem auf internationaler Ebene; Stichworte hier: Iran, Nordkorea, Venezuela, warnt Le Soir.
Trumps "weißes" Weißes Haus
Die Wirtschaftszeitung L'Echo hebt hervor: Sogar die Wirtschaftsbosse wenden sich jetzt von Trump ab. Zwei Geschäftsführer haben sein Team verlassen. Der Chef von Walmart, Amerikas größter Arbeitgeber, hat in einer E-Mail an seine Mitarbeiter den US-Präsidenten kritisiert. Die Frage ist jetzt, wann sich auch die republikanischen Politiker von ihrem Präsidenten abwenden. Das wäre der konsequente Schritt, wenn sie ihrer Kritik an Trump Taten folgen lassen wollten. Trump hat auf unrühmliche Weise dem Namen des Hauses, in dem der Präsident aller Amerikaner residiert, alle Ehre gemacht. Das Haus heißt ja, wir erinnern uns, das "Weiße Haus", bemerkt L'Echo.
L'Avenir stellt fest: Wieder einmal haben wir einen Präsidenten Trump erlebt, der seine Meinung fast täglich gewechselt hat. Das ist bei ihm ja nichts Neues. So geht er auch mit Russland, Israel und der Europäischen Union um. Er reagiert impulsiv, unvorhersehbar und das ist beunruhigend. Paradox dabei ist, dass er mit dem Vorhaben angetreten ist, Amerika als Führungsmacht in der Welt wieder zu etablieren. Mit dem Slogan "America First". Dabei ist es gerade er, Donald Trump, der in kürzester Zeit die Würde seines Amtes heruntergewirtschaftet und das Ansehen seines Landes ruiniert hat, urteilt L'Avenir.
Weiter isoliert, aber kein Impeachment in Sicht
La Libre Belgique schreibt: Mit seiner dummen Äußerung vom Dienstag hat sich Donald Trump weiter isoliert. CNN bezeichnete ihn gar als "Präsident, dessen Tage gezählt sind". Der gleiche Sender hat aber auch daran erinnert, dass nur ein Amtsenthebungsverfahren Trumps Präsidentschaft legal beenden könnte. Zurzeit sieht es nicht danach aus, dass irgendjemand ein solches Verfahren anstrengen will. Denn die meisten Amerikaner wissen auch, dass ein solcher Schritt das Ansehen des Präsidentenamts schwächen würde, so La Libre Belgique.
La Dernière Heure kommt noch einmal auf die Mordtat von Charlottesville zurück: Am Samstagabend ist in Charlottesville ein rechtsextremer Amerikaner mit seinem Auto in eine Menschenmenge gerast und hat eine junge Anwältin getötet. Die Welt hat sich völlig zu Recht darüber empört. 48 Stunden später ist ein Autofahrer in der Pariser Großraumregion vorsätzlich in eine Pizzeria gefahren und hat dabei ein Mädchen getötet. Hierüber gab es keine Empörung. Man versuchte sogar zu beruhigen. Über den Täter wurde kaum etwas bekannt. Aber wir wetten: Wäre es ein militanter Rechtsextremer gewesen, wäre sein Bild auf allen Titelseiten gewesen, notiert La Dernière Heure.
Vorbild Niederlande?
Zur neuesten Statistik über das Wirtschaftswachstum in Europa kommentiert De Standaard: Die Zahlen zeigen: Die Niederlande machen es besser als wir. Sie haben sich viel besser als wir auf die Zukunft eingestellt. Als es dem Land in der Wirtschaftskrise richtig schlecht ging, wurden grundsätzliche Reformen durchgesetzt, die jetzt ihre Früchte tragen: Die Staatsverschuldung ist heute niedriger als bei uns, die Rentenlast ebenso, der Haushaltsüberschuss ermöglicht politisches Handeln, die Ausgaben für Krankenhäuser sind unter Kontrolle, das Land ist auf die Vergreisung eingestellt. Einziger Wermutstropfen ist, dass die Löhne kaum steigen und der Verbraucher relativ wenig von dem Wachstum profitiert. Trotzdem sind die Niederlande eine Warnung an Belgien, dass auch hier endlich wirklich grundlegende Reformen nötig sind, um uns auf die Zukunft vorzubereiten. Es nicht zu tun, könnte uns teuer zu stehen kommen, prophezeit De Standaard.
Gazet van Antwerpen sieht das ähnlich und führt aus: Das Sommerabkommen, auf das die Regierung Michel so stolz ist, hätte ehrgeiziger sein müssen. Zwar hatte die Regierung sich gerechtfertigt, nicht mit wirklich harten Sparmaßnahmen das Wachstum behindern zu wollen. Aber die Niederlande haben gezeigt, dass radikale Maßnahmen letztlich zur Gesundung führen. Unsere Nachbarn sind jetzt auf Kurs und wir müssen weiter jedes Jahr schauen, wie wir unseren Haushalt möglichst ausgeglichen gestalten. Gut, nicht alles in den Niederlanden ist wirklich toll: Die Zahl der Flexi-Jobber ohne festen Vertrag ist dort sehr hoch und betrifft vor allem junge Arbeitnehmer. Dieser Zustand ist sicher nicht ideal. Doch auch das trägt dazu bei, dass die Niederlande uns gerade davonlaufen, jammert Gazet van Antwerpen.
Kay Wagner - Bild: Jim Watson/AFP