"Die Erholung auf dem Arbeitsmarkt geht weiter", titelt Le Soir. "Wer mit über 50 Jahren arbeitslos wird, verliert einen Teil seiner Rentenansprüche", so Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Und L'Echo schreibt: "Unternehmen drohen mit Entlassungen bei Reformen von 'Vorruhestand 2.0'".
Unter verschiedenen Aspekten spielt das Thema Arbeit und Arbeitsmarkt eine große Rolle bei gleich mehreren Zeitungen. Neben der aktuellen Lage auf dem Arbeitsmarkt stehen dabei die Pläne der Föderalregierung im Mittelpunkt, die sie im Rahmen des "Sommerabkommens" vergangene Woche beschlossen hatte. Eine Maßnahme sieht vor, dass Unternehmen, die das Modell des "Vorruhestands 2.0" anwenden, eine Abgabe an den Staat zahlen müssen. "Vorruhestand 2.0" bedeutet, dass Unternehmen ältere Arbeitnehmer dafür bezahlen, zu Hause zu bleiben.
Vorbild Skandinavien
Dazu meint De Standaard: Kritiker sagen, dass die Regierung sich da nicht einmischen soll. Andere wiederum finden das Eingreifen gut, denn das Modell Vorruhestand 2.0 sendet ja das Signal aus, dass mit älteren Arbeitnehmern nichts mehr anzufangen sei. Und das ist ja tatsächlich eine falsche Annahme. Denn dass ältere Menschen auch weit über 60 noch sinnvoll und zur Zufriedenheit aller im Arbeitsmarkt aktiv sein können, zeigen die skandinavischen Länder. Das Ziel von Belgien muss es sein, das auch hier zu erreichen. Dafür muss man aber das System grundlegend ändern, mit wirklich tiefgreifenden Reformen. Doch auch die aktuelle Regierung macht das nicht, bedauert De Standaard.
Gazet van Antwerpen schreibt zum gleichen Thema: Die beiden Maßnahmen, die die Regierung vorschlägt, um ältere Arbeitnehmer länger in Arbeit zu halten, sind gut. Dem System Vorruhestand 2.0 den Kampf anzusagen, ist nur recht und billig. Denn den Unternehmen, die das Modell anwenden, geht es nur um den eigenen Gewinn. Die zweite Maßnahme, nämlich Arbeitnehmern über 60 Jahren zu erlauben, durch Arbeitszeitverringerung Schicht- und Nachtarbeit zu vermeiden, ist ebenfalls lobenswert. Noch besser würden die Maßnahmen allerdings, wenn sich die Föderalregierung bei der Umsetzung mit Regionen und Gemeinden abstimmen würde. Das würde allen Beteiligten viel Papierkram ersparen, glaubt Gazet van Antwerpen.
Ein guter Anfang ... und ein Signal
Zu den ersten Beschlüssen der neuen Regierung in der Wallonie kommentiert die Wirtschaftszeitung L'Echo: Das war schon mal ein guter Anfang. Die neue Regierung aus MR und CDH hat klare und einfach zu verstehende Beschlüsse gefasst, die eine deutliche Sprache sprechen: Weniger Autos im Fuhrpark der Regierung, weniger Mitarbeiter in den Kabinetten – diese Sprache verstehen die Menschen. Doch natürlich muss es weitergehen. Die eigentlich wirkungsvollen Maßnahmen, um die Wallonie wieder nach vorne zu bringen, müssen noch angepackt werden. Klar, nach fünf Tagen im Amt konnte man das gestern noch nicht erwarten. Und die Ideen sind ja schon da. Viel hört sich gut an, doch in einem Punkt enttäuschen MR und CDH: Von der Ämterhäufung wollen sie sich nicht verabschieden, moniert L'Echo.
Le Soir meint: Die Maßnahmen, die MR und CDH gestern zum guten Regierungsstil getroffen haben, sind nicht nur eine klare Botschaft an Wähler und PS, sondern auch an DéFi. Denn noch ist das Werk von CDH-Chef Benoît Lutgen ja nicht vollendet. Nicht nur in der Wallonie, sondern auch in Brüssel und der Französischen Gemeinschaft wollte er die Zusammenarbeit mit der PS beenden. Bislang ist das nur in der Wallonie geglückt. In Brüssel braucht Lutgen DéFI. Mal schauen, wie DéFI-Chef Olivier Maingain auf die Beschlüsse gestern reagiert, so Le Soir.
Auch L'Avenir macht sich zur Reaktion von Maingain Gedanken und führt aus: Bis zum 15. August ist Maingain im Urlaub. Den will er auch nicht vorzeitig beenden, hatte er vor seiner Abreise gesagt. Mal schauen, ob er sich auch nach seiner Rückkehr noch gegen eine Zusammenarbeit mit MR und CDH stellt. Manchmal bringen Ferien einen ja auf andere Gedanken, spekuliert L'Avenir.
Minderjährige Syrienrückkehrer und ruandische Diktatoren
De Morgen meldet, dass Flandern einen Aktionsplan ausarbeitet, durch den aus Syrien zurückkehrende Minderjährige wieder in die Gesellschaft integriert werden sollen. Die Zeitung kommentiert: Dabei handelt es sich um Minderjährige, die entweder als Kindersoldaten gekämpft haben, oder als Kinder von Syrienkämpfern jetzt nach Flandern zurückkommen. Sie in unsere Gesellschaft zu integrieren, wird verdammt schwer werden. Doch die Mühe muss es uns wert sein. Denn auch in der Offenheit und dem Wagnis, das wir damit eingehen, liegt die Größe unserer liberalen Demokratie, meint De Morgen.
La Libre Belgique kommentiert die heutigen Präsidentschaftswahlen in der ehemaligen belgischen Kolonie Ruanda und schreibt: An dem Sieg von Präsident Paul Kagame ist nicht zu zweifeln. Und machen wir uns nichts vor: Kagame ist ein Diktator. Wenn auch nicht ein Diktator wie in manchen anderen afrikanischen Ländern. Kagame hat das Wohl seines Landes vor Augen und ist damit erfolgreich. Kagame tut Ruanda gut, aber es bleibt dabei: Er ist trotzdem ein Diktator, konstatiert La Libre Belgique.
Kay Wagner - Illustrationsbild: Bruno Fahy/Belga