"Die Steuer auf Wertpapierdepots wird die Reichsten nicht treffen", titelt La Libre Belgique. "Knallharte Kritik an CD&V von linker Basis", so der Aufmacher bei Het Nieuwsblad. Das sogenannte Sommerabkommen der Regierung bleibt weiterhin Thema, zumindest für einige Zeitungen, auch in den Kommentaren.
Het Laatste Nieuws stimmt noch einmal ein Loblied auf Charles Michel an und erklärt: Die vergangene Woche war ein Siegeszug für Premierminister Charles Michel. In Flandern gilt er jetzt als neue "Numero Uno", ein Prädikat, das keinem Premier seit Guy Verhofstadt mehr verliehen worden ist. Und mit der neuen Mehrheit in der Wallonie kann Michel jetzt quasi durchregieren. Eine neue Staatsreform wird dadurch fast überflüssig. Jetzt fehlt nur noch, dass auch die Wallonen langsam mehr Gefallen an Charles Michel finden. Aktuell hält sich der Premier nur mit Mühe unter den Top 10 der beliebtesten Politiker in der Wallonie. Zeit, dass er auch dort zur "Numero Uno" wird, findet Het Laatste Nieuws.
La Libre Belgique führt aus: Charles Michel war Ende vergangener Woche in Feierlaune, und das auf den ersten Blick zu Recht. Doch wenn man sich die Pläne der Regierung mal genauer anschaut, sieht alles nicht mehr so rosig aus. Beispiel eins: die Akte Arco. Erinnern wir uns: Der finanzielle Arm der Christlichen Arbeiterbewegung in Flandern war Aktionär der Dexia-Bank. Nach der Dexia-Pleite musste auch Arco Konkurs anmelden. Die CD&V wollte die Arco-Teilhaber immer entschädigen, doch alle bisherigen Versuche scheiterten. Jetzt soll die Teilprivatisierung der Dexia-Nachfolgebank Belfius das Entschädigungsgeld für die ehemaligen Arco-Teilhaber einspielen. Sprich: Alle Belgier sollen die ehemaligen Arco-Teilhaber entschädigen. Ist das gerecht? Beispiel zwei: die Abgabe auf Wertpapierdepots. Zum einen soll sie ja nur wenige treffen, nämlich die, die mehr als 500.000 Euro Einlagen haben. Zum anderen sollen diejenigen, die ihre Wertpapierdepots von Holdings verwalten lassen, von der Steuer ausgenommen sein. Das wird noch zu Debatten führen, meint La Libre Belgique.
Auch das GrenzEcho ist kritisch und fragt sich, wie die Reformpläne finanziert werden sollen: Michel hat das Geld nicht, um seine Maßnahmen zu finanzieren. Er setzt darauf, dass die Haushaltsprobleme sich im Sog einer brummenden Konjunktur von selbst lösen. Mit anderen Worten: Er kauft Jobs auf Pump. Offiziell hat Belgien eine Staatsverschuldung von 430 Milliarden Euro. Aber vergessen wir den unsichtbaren Schuldenberg nicht, der sich wegen Leistungsversprechen, die - wie Rentenzahlungen und Pflegeleistungen - nicht durch die künftigen Einkünfte gedeckt sind, heute schon auf anderthalb Billionen Euro beläuft, erinnert das GrenzEcho.
100 Jahre Schlacht von Passchendaele
Het Nieuwsblad schreibt zu den Feierlichkeiten, mit denen am Sonntagabend des Beginns der Schlacht von Passchendaele vor 100 Jahren gedacht wurde: Das Datum markiert den Beginn eines Blutbads. Die Schlacht von Passchendaele war eine der verlustreichsten Schlachten des Ersten Weltkriegs. Jeden Abend wird in Ypern dieser Schlacht gedacht, aber nicht nur dieser: auch der Opfer anderer Kriege, bis hin zu den Opfern der Konflikte in Syrien und dem Jemen. Die Klänge der Trompeten sind nicht nur eine Warnung für Europa, sondern für alle Staaten. Blinder Nationalismus führt ins Verderben. Kriege schaffen immer nur Verlierer, mahnt Het Nieuwsblad.
De Morgen gibt zu bedenken: Die Grenze zwischen Gedenken und Feiern ist subtil. Bei der gestrigen Veranstaltung darf man sich schon fragen, ob sie überschritten wurde. Klar, der Anlass war eines der düstersten Kapitel der europäischen Geschichte. Aber wie ihm gedacht wurde, war eigentlich "zu schön". Eine perfekte Lichtshow der BBC, berührende Reden, alles unter den wohlwollenden Augen der belgischen und britischen Königshäuser. Das grenzt an Ästhetisierung, und damit an Verharmlosung. Aber an der grausamen Schlacht von Passchendaele gibt es nichts zu verharmlosen, erinnert De Morgen.
Steuern gegen Leerstand
De Standaard berichtet, dass mehrere flämische Gemeinden eine neue Abgabe auf leerstehende Gebäude erheben wollen. Dazu meint die Zeitung: Das ist eine gute Idee. Denn leerstehende Gebäude sind weder gut für die Wirtschaft noch gut für das soziale Leben. Vor allem in Flandern, das sowieso schon eng bebaut ist. Die Maßnahme ist auch ein Zeichen dafür, dass die Übertragung von Kompetenzen an Städte und Gemeinden durchaus positive Effekte haben kann, freut sich De Standaard.
Nur Demokratie kann den Kongo zusammenhalten
Mit der angespannten politischen Lage im Kongo beschäftigt sich Le Soir und meint: Präsident Kabila und seine Regierung haben es versäumt, zu dem Zeitpunkt Wahlen zu organisieren, als es dem Land gut ging, als es ruhig war. Jetzt ist es fast schon zu spät. Überall im Land brodelt es, die politischen Parteien - auch die Opposition - haben an Glaubwürdigkeit verloren. Dabei hat die Bevölkerung des Landes nur einen Wunsch, nämlich, dass die Demokratie im Lande endlich funktioniert.
Die Demokratie ist der Zement, der das riesige Land mit seinen großen Unterschieden zusammenhält. Wenn man sich nicht darum bemüht, die Demokratie funktionsfähig zu machen, riskiert man, dass alles außer Kontrolle gerät, warnt Le Soir.
Kay Wagner - Bild: Jean-Luc Flemal/BELGA
Michel ahmt also Merkel nach. Das bedeutet wirklich nichts Gutes für Belgien. Amen.