"Sommerabkommen mit Trophäen für alle Regierungsparteien", titelt Het Belang van Limburg. "Michel glücklich, Arbeitgeber auch", so Het Laatste Nieuws. Und De Standaard schreibt auf Seite eins: "Charles Michel, die neue Nummer Uno". Der gestern vorgestellte Haushaltsentwurf der Föderalregierung ist das große Thema für die meisten Zeitungen. Auch viele Kommentare beschäftigen sich mit den Beschlüssen.
Het Nieuwsblad meint: Bemerkenswert sind die Reaktionen auf das sogenannte Sommerabkommen. Von den Arbeitgebern kommt Lob, von den Gewerkschaften und linken Parteien Kritik. Die Regierung hat links und rechts klar gespalten. Das Sommerabkommen vermittelt eine klare, liberale Botschaft. Nämlich: Wir schaffen Jobs, Jobs, Jobs und es ist an den Menschen, ihre Chance zu ergreifen. Nur diejenigen, die wirklich ganz am Ende der Gesellschaft stehen, bekommen bedingungslos Hilfe. Diese deutliche Gegenposition zur Politik der Mitte-Links-Regierungen der jüngeren Vergangenheit, tut dem Klima in unserem Land gut, meint Het Nieuwsblad.
Hurra, hurra - und wer bezahlt?
De Standaard wertet den Haushaltsbeschluss als einen persönlichen Erfolg für Charles Michel und führt aus: Der Premierminister hat es geschafft. Mit Beharrlichkeit und viel Energie hat er aus dem Kamikazevorhaben, als einziger Frankophone mit drei flämischen Parteien eine Regierung zu führen, einen persönlichen Triumph gemacht. Für NV-A-Chef Bart De Wever sind das keine guten Neuigkeiten, denn Michel setzt wirtschaftlich genau das durch, was De Wever selbst fordert. Michels Erfolg macht De Wever im Grunde überflüssig, bemerkt De Standaard.
Die meisten Leitartikler jedoch sind kritisch. De Morgen schreibt: Wäre dieses Sommerabkommen im Winter beschlossen worden, man hätte es Nikolaus-Abkommen nennen müssen. Geschenke für jeden, hurra, hurra - und wer dafür bezahlt, geht uns ja nichts an. Genauso ist es mit den Plänen der Regierung. Es ist nicht klar, wer das finanzieren soll. Denn die Maßnahmen, die Michel & Co. zur Gegenfinanzierung der Steuersenkungen vorsehen, müssen nicht zwangsläufig greifen. Arbeitgeber müssen zum Beispiel nicht zwangsläufig mehr Personal einstellen, nur weil niedrigere Abgaben ihnen mehr finanziellen Spielraum ermöglichen. Wenn die Gegenfinanzierung nicht klappt, was dann? Die Antwort liefert der Haushaltsentwurf nicht, stellt De Morgen fest.
Steuersystem bleibt unübersichtlich
Den gleichen Kritikpunkt führt auch Le Soir ins Feld, konkret verdeutlicht an dem Vorhaben zur Senkung der Kapitalsteuer für Unternehmen. Die Zeitung schreibt: Richtig ist, dass der Hohe Finanzrat Finanzminister Johan Van Overtveldt bestätigt hat, dass diese Maßnahme haushaltstechnisch neutral abgewickelt werden kann. Aber, und das ist wichtig, nur unter der Voraussetzung, dass alle anderen Steuervorteile für Unternehmen abgeschafft werden. Das sieht der Haushaltsentwurf jedoch nicht vor. Somit wird erstens die Senkung der Kapitalsteuer nicht neutral und bleibt zweitens das belgische Steuersystem unübersichtlich und voll von Schlupflöchern wie eh und je, kritisiert Le Soir.
Het Laatste Nieuws schlägt in die gleiche Kerbe: Als Maßnahme zur Gegenfinanzierung der niedrigeren Kapitalsteuer führt die Regierung die Abgabe von 0,15 Prozent auf Wertpapierdepots an, in denen mehr als 500.000 Euro liegen. Es liegt auf der Hand, dass das nicht reichen wird. Der Regierung fehlt es weiterhin an einer klaren Strategie, die die belgische Wirtschaft langfristig in ruhiges Fahrwasser führt, so Het Laatste Nieuws.
Kompetent, aber ein bisschen zu glatt
La Libre Belgique beschäftigt sich mit der Wahl der Minister, die bei der Koalition zwischen MR und CDH in der Wallonie die Regierung bilden sollen, und meint: Von Seiten der Liberalen sind es treue Gefährten, die jetzt ihren Lohn erhalten. Seitens CDH setzt Parteipräsident Benoît Lutgen auf Kontinuität und verhilft mit Alda Greoli einer Frau zu neuen Würden, die sich das Amt durch fleißiges Arbeiten und gute Kenntnisse ihrer Dossiers verdient hat. Diese Mannschaft ist kompetent, aber ein bisschen zu glatt. Man hätte sich frischen Wind erwartet. Lutgen wollte bei seinem Bruch mit der PS etwas ändern. Die künftigen Minister spiegeln das nur bedingt wieder, urteilt La Libre Belgique.
L'Avenir sieht das genauso und mahnt: Das Wichtigste für die neue Mannschaft wird sein, den Worten schnell Taten folgen zu lassen. Denn schwierig wird das Regieren allemal. Die Mehrheit ist knapp, die Opposition und Gewerkschaften nur darauf versessen, der neuen Mitte-Rechts-Mehrheit Steine in den Weg zu legen. Und die nächsten Wahlen sind schon in zwei Jahren, erinnert L'Avenir.
La Dernière Heure, sieht den Prozess in der Wallonie positiv und schreibt: Der Wallonie tut dieser Wechsel gut. Er scheint sogar unverzichtbar, wenn man sieht, dass die Wallonie eine der ärmsten Regionen Europas ist. Das Brutto-Inlands-Produkt liegt zwölf Prozent unter dem europäischen Durchschnitt. Für die Wähler wird es gut sein, zu beobachten, ob die Rezepte der neuen Regierung besser wirken, als die Rezepte der langjährigen Machthaber von der PS, so La Dernière Heure.
Kay Wagner - Foto: Aurore Belot/BELGA