"Und der vierte Streich für Froome", titelt La Dernière Heure. "Christopher Froome hoch vier", so die Schlagzeile von La Libre Belgique. "Chris Froome in den Sternen", schreibt Le Soir auf Seite eins.
Der Brite Chris Froome hat am Sonntag zum vierten Mal die Tour de France gewonnen. Nach drei Wochen durch Deutschland, Belgien und Frankreich fuhr er auf den Champs-Élysées mit dem gelben Trikot über die Ziellinie. Einige Zeitungen sind da aber nicht ganz so enthusiastisch: "Gelb ohne Glanz", schreibt Het Nieuwsblad. "Froome, der Sieger einer Tour de France ohne Spannung", so die Schlagzeile von L'Avenir. Het Belang van Limburg hat wohl die originellste Formulierung: "Es war ein Sieg ohne Pfeffer und Salz", schreibt das Blatt.
"Überstunden für ein Sommerabkommen"
Innenpolitisch gab's an diesem Wochenende "Überstunden für ein Sommerabkommen", wie es De Morgen auf seiner Titelseite formuliert. Die Föderalregierung hat in den letzten Tagen hinter den Mauern von Schloss Val Duchesse über den Haushalt für das kommende Jahr beraten. Auf dem Tisch liegt aber auch eine Reihe von neuen Strukturreformen. Zwei davon sind hervorzuheben, nämlich die geplante Senkung der Körperschaftssteuer und eine gleichwie geartete "Reichensteuer". Das ist eine Forderung der CD&V, die für mehr Steuergerechtigkeit eintritt. Ursprünglich stand hier eine Steuer auf Börsenmehrwerte im Raum. Dafür gab es aber keine Mehrheit. Als Kompromiss schlägt Premierminister Michel jetzt eine kleine Abgabe auf Wertpapierdepots vor. Auch diese Idee wird von der OpenVLD abgelehnt. "Die Steuer auf Wertpapierdepots spaltet die Regierung", notiert denn auch Het Laatste Nieuws. Aber, wie Het Nieuwsblad bemerkt: "Michel hält an dem Vorschlag fest und versucht es mit der Brechstange". Das Fazit von De Standaard: "Es ist eine schwierige Suche nach dem großen Sommerabkommen".
"Das hatten wir doch schon mal", stichelt De Morgen in seinem Leitartikel. Wieder sitzen die Föderalminister zusammen, wieder geht es um eine Reichensteuer, und wieder fährt sich die Koalition fest. Dabei ist die Steuer auf Börsenmehrwerte schon vom Tisch. Die Abgabe auf Wertpapierdepots, die jetzt im Raum steht, das wäre allenfalls noch die "Lightversion". Beim letzten Mal hat die Regierung beschlossen, nicht zu beschließen. Diesmal ist ein Aufschub aber eigentlich keine Option, da die Atmosphäre innerhalb der Koalition dadurch wohl nachhaltig gestört würde.
Het Laatste Nieuws sieht das ähnlich. Die Unfähigkeit, klare Entscheidungen zu treffen, das wirkt inzwischen wie Unvermögen, wenn da nicht sogar der böse Wille im Spiel ist. Im Kern geht es hier um Steuergerechtigkeit, was doch eigentlich jeder unterschreiben müsste. Alle beteiligten müssen wissen: Jetzt ist es die letzte Chance, tiefgreifende Reformen zu beschließen. Denn bald schon sind alle im Wahlkampfmodus.
Die Föderalregierung hat in gewisser Weise ihr Rendezvous mit der Geschichte, analysiert auch Het Belang van Limburg. Zwar ist die Bilanz der Koalition um Premier Michel aller Ehren wert. Der Jobmotor ist in jedem Fall angesprungen. Doch ist der Haushalt nach wie vor nicht im Gleichgewicht. Jetzt hat man zum letzten Mal die Gelegenheit, sich als echte Reform-Regierung zu profilieren.
Zaventem populär trotz Lärmschutznormen?
De Standaard vermisst seinerseits ein Dossier auf dem Tisch der Regierung. Klar: Eine Senkung der Körperschaftssteuer oder eine Abgabe auf Wertpapierdepots, das wäre bestimmt nicht Nichts. Aber, wie steht es um ein Abkommen über den Fluglärm im Luftraum über Brüssel? Im Vergleich zu dieser Problematik sind alle anderen Akten Kinkerlitzchen. Und in Sachen Fluglärm hat die Equipe um Premier Michel noch nicht mal den Beginn einer Lösung. Der Standort Zaventem und die Fluggesellschaften brauchen hier aber endlich Rechtssicherheit.
Apropos: De Standaard bringt in diesem Zusammenhang auf seiner Titelseite zunächst eine beruhigende Schlagzeile: "Zaventem bleibt populär, trotz der Lärmschutznormen". Demnach haben sich gerade wieder Fluggesellschaften beworben, um vom Brussels Airport aus operieren zu dürfen. Trotz drohender Geldbußen gibt es also derzeit keinen Anlass für Katastrophen-Szenarien, meint das Blatt.
Gewerkschaften: Rentenkürzung wäre Vertragsbruch!
Das allerdings gilt nicht für die Renten, zumindest in den Augen der Gewerkschaften. CSC, FGTB und CGSLB laufen Sturm gegen einen neuen Vorschlag von Pensionsminister Daniel Bacquelaine. Geht es nach dem MR-Minister, dann werden die Renten von Arbeitnehmer beschnitten, die kurz vor ihrem Ruhestand arbeitslos gemeldet waren oder in den Genuss einer Frühpensionsregelung gekommen sind.
"Das wäre Vertragsbruch", findet Gazet van Antwerpen und schließt sich damit der Kritik der Gewerkschaften an. Bislang wurde die Pension auf der Grundlage des letzten Einkommens berechnet. Unabhängig davon, ob der Betreffende am Ende seiner Laufbahn noch gearbeitet hat. Man kann in jedem Fall im laufenden Spiel die Regeln verändern. Konkret: Menschen, die allein aufgrund ihres Alters ihren Job verloren haben, dürfen nicht zweimal bestraft werden.
Het Nieuwsblad sieht das genauso. Wer jetzt in einer Frühpensionsregelung ist, der hat Recht auf die Rente, die man ihm versprochen hat. Punkt! Eine Regierung, die daran rüttelt, ist schlicht und einfach nicht vertrauenswürdig.
In der Wallonie schließlich ist ein Ende der politischen Krise in Sicht. MR und CDH könnten bereits in dieser Woche eine neue Regierung präsentieren. Das allerdings gilt nicht für Brüssel und die Französische Gemeinschaft, wo ein Patt droht, wie Le Soir sinngemäß bemerkt.
In der Wallonie haben die wohl neuen Regierungsparteien jedenfalls beruhigende Signale ausgesendet. Arbeitgebern und Gewerkschaften wurde versprochen, dass man jetzt nicht gleich alles umwerfen werde. Es wird also im Wesentlichen vieles so bleiben wie es ist, bemerkt L'Avenir und fügt etwas resigniert hinzu: "War denn das Chaos wirklich nötig?"
Roger Pint - Bild: Franck Faugere/Pool/BELGA