"Grüße aus dem Tomorrowland", schreibt De Morgen auf Seite eins. "…und sie tanzten glücklich bis an ihr Lebensende", so die Schlagzeile von Gazet van Antwerpen. In Boom bei Antwerpen hat gestern das Tomorrowland-Festival begonnen. Bis zum Sonntag werden pro Tag 60.000 Menschen in eine Techno-Traumwelt eintauchen. Das Gleiche dann nochmal am kommenden Wochenende.
Das Tomorrowland gehört inzwischen zu den bekanntesten Festivals der Welt. Nicht nur, dass das Publikum sehr international ist - es kommen sogar Leute aus Brasilien und Australien - das Konzept wurde inzwischen auch mit Erfolg exportiert. Die Veranstalter haben auch in diesem Jahr wieder eine regelrechte Traumwelt aufgebaut, ein Techno-Märchenland. Und zu jedem Märchen gehören bekanntlich auch ein König und eine Königin.
Und gestern traf das tatsächlich im Wortsinn zu. König Philippe und Königin Mathilde haben nämlich für einen Moment lang die Festlichkeiten zum Nationalfeiertag in Brüssel verlassen und dem Tomorrowland-Festival einen Besuch abgestattet. Viele Zeitungen bringen Fotos von der Visite. Zu sehen sind zwei junge Festival-Besucherinnen, die ausgelassen ein Selfie machen mit dem Königspaar.
"Ein königliches Tomorrowland", schreibt denn auch La Libre Belgique auf Seite eins. Het Nieuwsblad und Het Belang van Limburg bombardieren Philippe zum "König vom Tomorrowland".
"Morgens Te Deum, abends Techno-Beats"
Das Königspaar hatte also gestern volles Programm. Es wurde ja auch der Nationalfeiertag begangen. "Morgens Te Deum, abends Techno-Beats", so fasst etwa Augenzwinkernd Het Nieuwsblad zusammen. Zum traditionellen Feuerwerk am Abend war das Königspaar natürlich auch wieder zurück in Brüssel. La Dernière Heure fasst das Leitmotiv des gestrigen Tages zusammen: "Es lebe Belgien!", schreibt das Blatt in großen Lettern auf Seite eins.
In seiner Rede zum Nationalfeiertag hatte König Philippe ein flammendes Plädoyer für eine "inklusive Gesellschaft" gehalten. Eine Gesellschaft, in der die Menschen trotz aller scheinbaren Unterschiede aufeinander zugehen. Außerdem stand das "lebenslange Lernen" im Mittelpunkt.
Das Staatsoberhaupt hat den Nagel auf den Kopf getroffen, findet La Libre Belgique. Beide Themen stehen immer wieder im Vordergrund: Die Überzeugung, dass die Gesellschaft alles tun muss, um die jungen Menschen mit einer soliden Ausbildung auf ihre Zukunft vorzubereiten. Und andererseits eben die Multikulturalität, die nicht nur auf Belgien an sich zutrifft, sondern auch die Menschen mit Migrationshintergrund mit einschließt. Der König vermittelt mit Erfolg den Eindruck, dass er ein Mann seiner Zeit ist.
Ein surrealistischer Nationalfeiertag?
Auch Het Belang van Limburg ist voll des Lobs. Die Rede war von Optimismus geprägt. Und die Empfehlungen des Staatsoberhaupts kann man problemlos unterschreiben. Philippe hat vollkommen recht, wenn er sagt, dass wir alle über unsere Unterschiede hinwegsehen müssen. Das gilt erst recht in der heutigen, polarisierten Welt, wo es zum guten Ton gehört, auf alles und jeden einzuprügeln, der anders denkt oder anders ist.
Für andere Leitartikler hingegen wirkte die Rede zum Nationalfeiertag irgendwie anachronistisch. Eigentlich hätte die Ansprache beginnen müssen mit den Worten: "Liebe Mitbürger, es geht drunter und drüber", meint sarkastisch L'Avenir. Insbesondere der Süden des Landes leistet sich im Moment eine fast beispiellose politische Vertrauenskrise - Stichwort Publifin, Stichwort Samusocial. In solchen Momenten hat Philippes' Vater, König Albert II, auch schon mal mit der Faust auf den Tisch geschlagen. Eigentlich wäre die Lage ernst genug gewesen, dass auch König Philippe den Politikern mal die Leviten liest.
Für La Dernière Heure hat jeder Nationalfeiertag irgendwie einen surrealistischen Anstrich. Die einen werden dabei erwischt, wie sie sich die Taschen füllen, die anderen träumen von der Spaltung des Landes, wieder andere haben gerade den Stecker gezogen. Aber am 21. Juli wird dann "heile Welt" gespielt. Aber, versprochen: Nächstes Jahr machen wir es wieder genauso.
Einen ähnlichen Eindruck hat auch das GrenzEcho. Ein einziger 21. Juli kann nicht darüber hinwegtäuschen, was an den anderen Tagen des Jahres passiert. Sechs Staatsreformen - und damit verbunden mehr Selbstbestimmung für Regionen und Gemeinschaften - haben dazu geführt, dass die verschiedenen Sprachgemeinschaften immer weniger miteinander zu tun haben. In Belgien hat man schnell den Eindruck, eigentlich in verschiedenen Ländern zu leben.
Prügelknabe CDH?
Ohnehin ist offensichtlich nicht allen zum Feiern zumute: "Paul Magnette knallt die CDH ab", schreibt etwa La Dernière Heure auf Seite eins. Es ist jedenfalls eine Abrechnung, die der amtierende wallonische Ministerpräsident in La Dernière Heure und auch in La Libre Belgique vornimmt. "Es ist die CDH, die bislang die größten Probleme mit einem Verbot von Ämterhäufung hatte", zitieren beide Blätter den PS-Politiker. Und auch ansonsten lässt Magnette kein gutes Haar am bisherigen Koalitionspartner. "Die CDH war in den letzten Wochen allenfalls eine Lachnummer."
Und auch in Le Soir muss sich die Partei von Benoît Lutgen einiges anhören. "Es gibt keine Krise der Institutionen, es gibt nur eine Krise bei der CDH", sagt der Brüsseler DéFI-Minister Didier Gosuin in Le Soir. DéFi-Parteichef Olivier Maingain hakt auf Seite eins von L'Echo ein: "Wer sind die denn, die da glauben, Lektionen erteilen zu können", ätzt Maingain. Und auch hier ist in erster Linie die CDH gemeint...
Während MR und CDH wohl in der Wallonie schon sehr bald ein Koalitionsabkommen abschließen dürften, sieht es in Brüssel und in der Französischen Gemeinschaft eher düster aus. Dort sind ja beide Parteien auf mindestens einen weiteren Partner angewiesen. In Brüssel braucht man notwendigerweise DéFI. Der DéFI-Minister Didier Gosuin redet aber in Le Soir Klartext: "Benoît Lutgen spielt Poker, aber er spielt alleine."
"Delikte im Straßenverkehr werden strenger bestraft", schreiben schließlich sinngemäß das GrenzEcho und Het Laatste Nieuws. Die Regierung will etwa bei Trunkenheit am Steuer oder Fahrerflucht viel härter durchgreifen. Das sollte sich also der eine oder andere merken.
RoP - Foto: Danny Gys, belga