"Jeder sechste frankophone Jugendliche ist übergewichtig", titelt Le Soir. Die Zeitung greift in ihrem Aufmacher die Ergebnisse einer neuen Studie auf. Demnach hat die Zahl der übergewichtigen Teenager in den vergangenen 20 Jahren drastisch zugenommen. Spezialisten raten mittlerweile dazu, übergewichtige Jugendliche operieren zu lassen, damit ihre Bewegungsfähigkeit nicht das ganze Leben lang eingeschränkt bleibt.
Kommentierend meint dazu Le Soir: Für den weltweit anerkannten Professor Guy-Bernard Cadière aus dem Brüsseler Universitätskrankenhaus Saint-Pierre ist klar, wer für diese Entwicklung verantwortlich ist, nämlich die Lebensmittelindustrie. Ihr geht es nur um den Profit. Eine Verantwortung gegenüber den Verbrauchern hat sie nicht. Weltweit produziert sie übergewichtige Menschen am laufenden Band – und es gibt keinen, der sie aufhält. Das beste Beispiel dafür ist Belgien: Limonaden wurden nicht aus unseren Schulen verbannt, Lebensmittel mit zu viel Fett und Zucker wurden nicht wirklich höher besteuert, keine einzige Maßnahme wurde ergriffen, um den ungleichen Wettbewerb zwischen gesunder und ungesunder Nahrung auszugleichen: Nämlich die Tatsache, dass es viel billiger ist, ungesundes Essen herzustellen, als gesundes, beklagt Le Soir.
"Einigkeit macht stark" – das war einmal
Gleich mehrere Zeitungen kommentieren die politische Krise im südlichen Landesteil. La Libre Belgique führt aus: Man braucht schon viel Fantasie, um zu verstehen, was die Parteien seit mittlerweile einem Monat umtreibt. Denn bislang zeichnet sich nur eine Sache ab: In der Wallonie wird es sehr wahrscheinlich eine neue Regierung aus MR und CDH geben. Der Rest ist völlig unklar, konstatiert La Libre Belgique.
Ähnlich sieht es L'Avenir: Bislang ist eigentlich nur das geschehen, was man schon vor einem Monat erahnen konnte. Denn seitdem hat sich an den politischen Kräfteverhältnissen nichts geändert. Rein rechnerisch ist eine blau-orange Mehrheit in der Wallonie möglich. Also wird sie auch kommen. In Brüssel und der Französischen Gemeinschaft drängen sich keine Koalitionen auf. Auch hier passiert das, was erwartet werden konnte: Die kleinen Parteien profilieren sich, ohne die Dinge wirklich voranzutreiben. Das kann noch Monate so weitergehen, befürchtet L'Avenir.
La Dernière Heure meint: Es sieht so aus, als ob Belgien immer mehr in seine Einzelteile zerfällt. Einheitliche Regierungen in der Wallonie, Brüssel und der Französischen Gemeinschaft scheinen nicht mehr möglich. Überall werden andere Partner regieren, Belgien kehrt ins Mittelalter zurück mit seinen kleinen Fürstentümern und Grafschaften. Genau das Gegenteil wollten die Gründerväter 1830 erreichen: Belgien sollte nicht in Kleinstaaterei verfallen, sondern eine Einheit bilden: "Einigkeit macht stark" heißt unser Wahlspruch. Wenige Tage vor dem 21. Juli klingt das wie aus einer anderen Zeit, findet La Dernière Heure.
De Standaard hält fest: Die Unfähigkeit der Frankophonen zeigt gerade wieder einmal, wie schwer es in Belgien ist, Mehrheiten zu finden. Und man bekommt den Eindruck, dass das immer schwieriger wird. Das lässt nichts Gutes für die Bildung einer neuen Föderalregierung nach den Wahlen 2019 erwarten. Doch was kann man dagegen tun? Einfach ist die Lösung nicht. Denn das Geflecht der belgischen Politik ist ausgesprochen dicht, alles hängt mit allem zusammen, so De Standaard.
Paradoxe Verhandlungen
Zu den Brexit-Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien beobachtet die Wirtschaftszeitung L'Echo: Der britische Chefunterhändler David Davis hat am Montag nicht den Eindruck vermittelt, wirklich an den Gesprächen interessiert zu sein. Er hatte keine Unterlagen bei sich, und nach ein paar Fotos verschwand er schnell wieder nach London. Wenn sich die Briten weiter so verhalten, besteht tatsächlich die Gefahr, dass die Verhandlungen zu keinem Ergebnis führen. Premierministerin Theresa May hat ja schon oft gesagt, dass sie gut auch ohne Übereinkunft leben kann. Die EU kann das nicht. Denn es wäre das deutliche Signal an alle Mitgliedsländer, die Union jederzeit einfach so verlassen zu können, glaubt L'Echo.
Gazet van Antwerpen dagegen ist davon überzeugt, dass Großbritannien sowieso der Verlierer sein wird und begründet: Allein die Exportzahlen machen deutlich, dass Großbritannien nicht ohne die Europäische Union kann. Schon die Exporte nach Deutschland, Frankreich und in die Niederlande sind deutlich höher als in die USA. Großbritannien bleibt also abhängig von der EU, würde aber künftig keinen Einfluss mehr auf die EU-Gesetzgebung haben. Ein starker Nachteil, findet Gazet van Antwerpen.
De Morgen meint: Es ist paradox. Gerade beginnen die Verhandlungen, doch eigentlich will keiner mehr den Brexit. Auch die meisten Briten nicht. Deshalb wäre es doch eine gute Idee für diese absurde Situation, dem anderen einfach erneut seine große Liebe zu erklären und wieder mit ihm ins Bett zu steigen. So wie Paare, die sich doch nicht trennen können, so De Morgen.
PKW-Maut bis nach der nächsten Wahl aufgeschoben
Het Nieuwsblad beschäftigt sich mit der Einführung einer PKW-Maut und schreibt: Das Thema ist jetzt erst einmal vom Tisch. Die Regierung hat eine Studie in Auftrag gegeben und will sich erst nach den nächsten Wahlen wieder mit dem Thema beschäftigen. Was für eine Katastrophe! Denn es liegt doch auf der Hand, dass etwas gegen die verstopften Straßen getan werden muss. Die kilometerabhängige Maut wäre eine gute Maßnahme. Doch etwas Gutes hat der Aufschub dann doch: Es bleibt mehr Zeit, die Alternativen für das Auto attraktiver zu machen, findet Het Nieuwsblad.
Kay Wagner - Bild: Thierry Charlier (afp)