"Teure thailändische Nächte, der Skandal zu viel", so fasst es De Standaard zusammen. Für die flämischen Zeitungen ist der Rücktritt des OpenVLD-Politikers Geert Versnick das Thema des Tages. Dem ostflämischen Provinzabgeordneten aus Gent wurden vier Zwischenstopps in der thailändischen Hauptstadt Bangkok inklusive hoher Hotelrechnungen und extrateurer Flugtickets zum Verhängnis. Obwohl die Kosten von wahrscheinlich 10.000 Euro nichts mit Versnicks Handelsmissionen in Vietnam zu tun hatten, wurden sie von der Provinz Ostflandern bezahlt.
Het Belang van Limburg meint dazu: Mit der Affäre Versnick wird die Liste an politischen Skandalen erneut länger. Anfang des Jahres rollten die ersten Köpfe im Lütticher Publifin-Skandal. Einen Monat später durfte der Genter SP.A-Schöffe Tom Balthazar wegen außergewöhnlich hoher Vergütungen bei Publipart zurücktreten; und wie der ehemalige Brüsseler PS-Bürgermeister Yvan Mayeur und seine Parteigenossin Pascale Peraïta bei der Obdachlosenorganisation Samusocial schmarotzt haben, ist inzwischen auch bekannt.
Dass "Mandatskönig" Versnick es auch auf die Skandalliste 2017 schaffen würde, war ein offenes Geheimnis. Als Provinzabgeordneter, der über Baugenehmigungen entschied, organisierte er 2015 einen Brunch für 300 Leute, den er sich von Immobilienfirmen bezahlen ließ. In der Akte der Pleitebank Optima taucht sein Name auf. Und Anfang des Jahres log er ohne Scham über seine öffentlichen Einkünfte.
Wie in allen Politskandalen gibt es auch hier nur Verlierer: Geert Versnick, der jetzt politisch tot ist, die OpenVLD, die einen Imageschaden erleidet, die politische Klasse, deren Ehre von schamlosen Profiteuren beschädigt wird, und schlussendlich der Bürger, der sein letztes bisschen Vertrauen in die Politik begraben darf, konstatiert Het Belang van Limburg.
Wie immer: zu spät
Für Het Laatste Nieuws kommt der Rückzug von Geert Versnick, freiwillig oder erzwungen, wie immer zu spät. Er ist die Personifizierung von allem, was falsch läuft in der Lokalpolitik, wo die Macht seit Jahrzehnten in den selben Händen ist. Ein Abgeordneter für Raumordnung, der gleichzeitig im Vorstand eines dubiosen Projektentwicklers sitzt, der die ganze Stadt zubaut: In Gent ging das. Ein Lokalpolitiker, der so viele Mandate hat, dass er im Energiesektor überall seine Finger drin hat: Die OpenVLD und quasi alle anderen Parteien ließen das durchgehen.
Das alles bringt uns dahin zurück, wo die politische Krise Anfang des Jahres begann: eine Machtverschiebung zu Interkommunalen, VoGs und Aktiengesellschaften öffentlichen Rechts, wo die herrschenden Parteien unbeobachtet die Macht untereinander aufteilen und eine demokratische Kontrolle und Transparenz bis auf ein Minimum heruntergefahren wird; wo die schlauesten, geschicktesten und bestverdienenden Jungs wie Versnick mit öffentlichem Geld Unternehmer spielen, kommentiert Het Laatste Nieuws.
Sind die Flamen nicht nationalistisch genug?
De Standaard nimmt den heutigen Tag der Flämischen Gemeinschaft zum Anlass, über das Selbstbewusstsein der Flamen zu philosophieren: Flämisch-nationalistische Kreise argumentieren, dass es mit der Identitätsbelebung gut aussieht, aber dass es an echtem Bewusstsein mangelt. Den Flamen fehle es an Stolz. Eifersüchtig schaue man auf die Schotten und Katalanen, wo die Identität eine kreative Kraft sei.
Sind Flamen also nicht nationalistisch genug?, fragt die Zeitung deshalb und stellt fest: In dieser Aussage verbirgt sich der Ärger darüber, dass nicht alle Landsleute auf einen Konföderalismus- oder Separatismus-Zug mit aufspringen. Auch ist nicht jeder glücklich darüber, einen flämischen Feiertag mit einem Bündel an Forderungen zu verknüpfen. Das suggeriert, dass das Ereignis politisch gekapert wird.
Die Zeitung sieht es eher so: Heute feiern wir als Gemeinschaft, ungeachtet unserer Herkunft, einen symbolischen Hohetag. Jeder macht das nach seinem eigenen Gutdünken. Als freie Bürger leben wir in einer der wohlhabendsten Gegenden der Welt, in einer liberalen Demokratie mit großem kulturellen Hintergrund. Eine selbstbewusste Identität kommt da von ganz alleine, so De Standaard.
Kein Enthusiasmus über Separatismus
Auch die frankophone Zeitung Le Soir beschäftigt sich mit dem flämischen Festtag: N-VA Fraktionsführer Peter De Roover hatte am Montag die Finanztransfers aus Flandern an die Wallonie kritisiert. Sie würden die Arbeitslosigkeit nicht reduzieren und seien nichts anderes als ein Schlafmittel. Der flämische Ministerpräsident Geert Bourgeois hatte sich an die Frankophonen gerichtet, um ihnen zu zeigen, dass es in ihrem eigenen Interesse sei, sich von Flandern zu trennen.
Dazu meint Le Soir: Diese paternalistischen Reden sind für die Frankophonen unerhört. Ob sie allerdings in den Augen der Flamen so verführerisch sind, ist zu bezweifeln. Mit der Finanzkrise, den Attentaten und der Flüchtlingsproblematik haben die Forderungen, die Wallonen fallen zu lassen, an Attraktivität verloren. Paradoxerweise hat die N-VA zu diesem Phänomen beigetragen. Auf der föderalen Ebene geht es um die Fragen, die alle Belgier betreffen und weniger um Gemeinschaftspolitik.
Die Nationalistenpartei überzeugt weder die Frankophonen noch die Flamen von Separatismus oder Konföderalismus. Enthusiastisch ist niemand, auch nicht im Norden des Landes. Nicht alle Vorschläge zur institutionellen Reform sollten abgelehnt werden, nur weil sie aus Flandern kommen. Gutmeinende Frankophone und Flamen befürworten eine Harmonisierung der Zuständigkeiten. Manche könnten sogar re-föderalisiert werden, um zu vermeiden, dass sich beispielsweise vier Minister um die Klimapolitik kümmern. Wenn die flämischen Nationalisten die anderen davon überzeugen wollen, noch weiter zu gehen, dann sollten sie bei der Wahl ihrer Ausdrucksweisen vorsichtiger sein, rät Le Soir.
Volker Krings - Bild: Jasper Jacobs/BELGA