"Minimaldienst", schreibt La Dernière Heure auf Seite eins. "Job erledigt", so die Schlagzeile von Het Belang van Limburg. Das GrenzEcho spricht von einem "Pflichtsieg".
Die Fußballnationalmannschaft hat am Abend im WM-Qualifikationsspiel Estland mit 2:0 besiegt. Geglänzt haben die Roten Teufel dabei nicht wirklich. "Sie haben gespielt wie Touristen", meint auch Het Laatste Nieuws. Aber: Gegen doch schwache Esten, die zudem die ganze zweite Halbzeit über in Unterzahl spielten, hat es gereicht.
Belgien ist damit Gruppenerster mit vier Punkten Vorsprung vor Griechenland. "Jetzt kann es mit gutem Gefühl in die Ferien gehen", schreibt Gazet van Antwerpen. "Schönen Urlaub!", wünscht auch La Dernière Heure.
Innenpolitisch richten sich noch immer alle Blicke auf Brüssel. "Die Hauptstadt hat ihren neuen Bürgermeister", schreibt L'Avenir auf Seite eins. Es ist der bisherige Finanzschöffe Philippe Close, der dem zurückgetretenen PS-Parteifreund Yvan Mayeur nachfolgen wird.
"Es wird eine schwierige Aufgabe", titelt Le Soir sinngemäß. Close muss nach der Affäre um das Samusocial das verlorene Vertrauen wieder zurückgewinnen. Außerdem ist seine Mehrheit dezimiert, nachdem die flämische Schwesterpartei SP.A die Koalition verlassen hat.
Einige Zeitungen trauen dem neuen starken Mann im Brüsseler Rathaus nicht. "Close hat lediglich einen anderen Stil", notiert Het Nieuwsblad auf Seite eins. Das Blatt sieht keine wesentlichen Unterschiede zwischen Close und seinem Vorgänger. Auch der neue PS-Mann sei bekannt dafür, dass er unverhältnismäßig viele Mandate bekleide.
"Bruderkrieg"
"Wie rot sind die Roten in Brüssel eigentlich noch?", fragt sich De Standaard auf seiner Titelseite. Für die Zeitung stehen die frankophonen Sozialisten inzwischen fast nur noch für Kumpeleien und Kungeleien. Selbst die flämische Schwesterpartei SP.A kann sich mit der PS nicht mehr identifizieren. De Standaard spricht sogar von einem "Bruderkrieg".
Der SP.A-Vorsitzende John Crombez nennt auf Seite eins von De Morgen Ross und Reiter: "Die PS hat kein Moralbewusstsein", sagt Crombez und tritt noch einmal nach: "Bei der Brüsseler PS kennt das Ausmaß an Perversion keine Grenzen". Das Fazit der Zeitung: "Der Bruch zwischen PS und SP.A ist ganz offensichtlich vollzogen".
Die SP.A hat doch vollkommen Recht, meint Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Schluss mit dieser Maskerade! Alleine die Personalie Philippe Close zeigt doch, dass die PS immer noch nicht verstanden hat. Da folgt ein Dinosaurier auf den anderen. Close verspricht frischen Wind, beweihräuchert aber im gleichen Atemzug den alten Rivalen Yvan Mayeur und vermittelt damit den Eindruck, dass der arme Herr Mayeur ja doch eigentlich nichts Falsches getan hat. Der Groschen will einfach nicht fallen.
John Crombez will der flämische Meister Proper sein und macht diesem Image alle Ehre, meint auch Het Laatste Nieuws. Eben deswegen blieb ihm auch nichts anderes übrig, als auf größtmögliche Distanz zur frankophonen Schwesterpartei zu gehen. Die flämischen Sozialisten haben offensichtlich Angst, dasselbe Schicksal zu erleiden wie die Gesinnungsgenossen in den Niederlanden oder Frankreich, wo die sozialistischen Parteien buchstäblich abgesoffen sind. Bei der frankophonen PS ist das offensichtlich noch nicht angekommen.
PS-Skandale gefährdet Einheit Belgiens
L'Avenir übt geradezu vernichtende Kritik an der PS. Die Sozialisten haben in allen Belangen kapituliert: Sie haben ihre Werte aufgegeben; sie sind blind für die Belange der Bürger und insbesondere ihrer Wähler. Zudem leidet die Partei unter einer selbstmörderischen Realitätsverweigerung. Die Roten wollen partout nicht die Lehren aus den Skandalen ziehen.
Mit ihren ebenso unbeholfenen wie dreisten Reaktionen auf überfällige Rücktritte bringen die Sozialisten das Fass zum Überlaufen, etwa dann, wenn der Abgang von Mayeur noch als "mutiger, verantwortungsvoller Schritt" verklärt wird. Die PS verhält sich wie ein Dinosaurier, der im Meteoritenhagel den breiten Rücken macht, dabei aber nicht merkt, dass er akut vom Aussterben bedroht ist.
Die PS könnte am Ende aber nicht alleine in den Abgrund stürzen, warnt Het Belang van Limburg. Je mehr sich die PS disqualifiziert, je länger die Spur von Korruption und Selbstbereicherung wird, die die Partei hinterlässt, desto breiter das Grinsen beim politischen Gegner. Und der heißt in erster Linie PTB. Die Neomarxisten werden im Moment schlafend reich. Ein politischer Erdrutsch wird mit jedem Tag wahrscheinlicher.
Ein spektakulärer Wahlsieg der PTB würde eine Regierungsbildung schwierig bis unmöglich machen. N-VA-Chef Bart De Wever bekommt dann das, was er will, in den Schoß gelegt: Die PS befeuert im Moment de facto die Spaltung des Landes.
Britische Wähler wollen keinen harten Brexit
Einige Blätter beschäftigen sich auch heute noch mit dem Ausgang der Wahl in Großbritannien. "Theresa May geht geschwächt in die Brexit-Verhandlungen", stellt Le Soir fest. "Die gedemütigte Theresa May will partout an der Macht bleiben", bemerkt Het Belang van Limburg. "Theresa May macht stur weiter, als wäre nichts gewesen", analysiert auch De Standaard.
Die Konservativen der amtierenden Premierministerin haben bei der Wahl vom Donnerstag eine schallende Ohrfeige einstecken müssen. Die Tories sind zwar noch stärkste Kraft, verlieren aber ihre absolute Mehrheit.
De Morgen sieht in dem Ergebnis auch das Verdienst des Spitzenkandidaten der oppositionellen Arbeiterpartei, Jeremy Corbyn. Vor drei Monaten war er noch der "Totengräber der Partei", jetzt ist er der "Held" von Labour. Viele insbesondere junge Wähler konnten sich mit den ausgeprägt linken Ideen von Jeremy Corbyn identifizieren. Das ist sein Geheimnis: ungeniert links zu sein.
Viele Leitartikler sehen das aber ganz anders: Wenn Jeremy Corbyn so stark geworden ist, dann, weil die Tories um Theresa May so schwach sind, meint etwa Le Soir. Die Konservativen wirken wie ein Klub von inkompetenten und verantwortungslosen Spinnern, die obendrauf noch keinen Plan haben. Wenn Corbyn auch nur ansatzweise eine glaubwürdige Alternative gewesen wäre, dann hätten die Linken wohl die Tories weggefegt. Wenn es eine Botschaft gibt, die man aus dem Wahlergebnis herauslesen kann, dann die: Die britischen Wähler wollen keinen harten Brexit.
Auch De Standaard stellt allen Beteiligten ein desaströses Zeugnis aus: Die Konservativen haben vor einem Jahr Kräfte entfesselt, die sie nicht kontrollieren können. Jeremy Corbyn fühlt sich als Gewinner und ist doch ein Verlierer. Und Theresa May, die Politikerin ohne Eigenschaften, ist jetzt eine Premierministerin ohne Autorität.
Gazet van Antwerpen fasst es in einem Satz zusammen: Wenn auf der Insel etwas fehlt, dann ist es ein Mann oder eine Frau mit politischem Talent.
RoP - Foto: Dirk Waem, belga