"Lockdown in der Notre-Dame", titelt Het Nieuwsblad. "Wie Geiseln in der Kathedrale Notre-Dame", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. "Tausend Besucher sitzen fest in der Notre-Dame", schreibt Het Belang van Limburg auf Seite eins.
Ein Zwischenfall auf dem Vorplatz der berühmten Kathedrale Notre-Dame in Paris hat Dienstag für helle Aufregung gesorgt. Ein Mann war mit einem Hammer auf einen Polizisten losgegangen. Ein anderer Beamter reagierte schnell, zog seine Waffe und schoss den Angreifer nieder.
Der Täter hatte bei seinem Angriff auf den Polizisten "Das ist für Syrien!" gerufen; wohl auch deswegen ermittelt inzwischen die Antiterror-Staatsanwaltschaft.
Auf vielen Titelseiten sieht man Fotos aus dem Inneren der Kathedrale; Besucher sitzen mit erhobenen Händen in den Kirchenbänken. Die Polizei hatte nämlich nach dem Vorfall jeden einzelnen durchsucht, um sicherzugehen, dass sich nicht ein Komplize des Attentäters unter den Menschen befindet.
Samusocial – ein Hauch von Publifin
Viele Blätter richten auch den Blick auf Brüssel. "Yvan Mayeur steht schwer unter Beschuss, aber sagt keinen Pieps", titelt etwa De Morgen. Unter Beschuss steht der Brüsseler PS-Bürgermeister wegen der Affäre um das "Samusocial". Die stadteigene VoE kümmert sich insbesondere um Obdachlose.
Einige Mitglieder der Führungsgremien der Vereinigung kommen in den Genuss stattlicher Bezüge. Ursprünglich war von Sitzungsgeldern in Höhe von lediglich 140 Euro die Rede; dies allerdings für angeblich bis zu zehn Sitzungen im Monat.
Inzwischen präsentierte die Ex-Chefin der Einrichtung, Pascale Peraïta, am Abend im Brüsseler Stadtrat aber eine neue Version: Demnach bekamen die Mitglieder des sogenannten "Büros" des Samusocial monatlich eine Pauschalsumme von 1.400 Euro.
"1.400 Euro pro Monat, Rechtfertigung unnötig", so fasst es De Standaard zusammen. Le Soir hebt seinerseits die "Widersprüche der Pascale Peraïta" hervor. Die PS-Politikerin ist übrigens inzwischen die Vorsitzende des Brüsseler Sozialhilfezentrums.
La Libre Belgique kann nur feststellen: "Durch das Samusocial werden Millionen an Zuschüssen geschleust – ohne jegliche Transparenz".
Wohlbekanntes Verhalten der "PS-Bonzen"
Die Schamlosigkeit kennt offensichtlich keine Grenzen, wettert De Standaard in einem bissigen Kommentar. Anders als bei Publifin geht es im vorliegenden Fall ja um eine Einrichtung, die sich um die Allerschwächsten kümmert. Und die zum Teil über Spendengelder finanziert wird.
Auch hier haben sich also die Verantwortlichen selbst stattliche Bezüge zugeschustert. Und auch hier geben die PS-Bonzen immer nur das zu, was sie aufgrund neuer Fakten zugeben müssen.
PS-Chef Elio Di Rupo schafft es offensichtlich nicht, die höllische Kaskade von Affären zu stoppen. Seine Bilanz kann man mit vier Worten zusammenfassen: zu wenig, zu spät.
Man muss den Elektrozaun offensichtlich immer wieder aufs Neue unter Strom setzen, kann La Libre Belgique nur feststellen. Das hat nichts damit zu tun, dass der Politiker an sich den natürlichen Drang hätte, den Zaun zu durchbrechen.
Vielmehr gibt es eine Handvoll Profiteure, die sich zum Teil dreiste Exzesse geleistet haben. Mehr denn je ist eine Moralisierung der Politik nötig. Mit ebenso schnellen wie radikalen Maßnahmen.
"Ach, Marie-Christine!"
Viele Zeitungen kommen noch einmal zurück auf die Polemik um die Aussagen einer Sprecherin der föderalen Energie- und Umweltministerin Marie-Christine Marghem (MR). Besagte Sprecherin hatte angedeutet, dass Marghem mit der EU-Kommission die belgischen Klimaschutzziele neu verhandeln wolle, um den CO2-Ausstoß in Belgien nicht so stark verringern zu müssen wie geplant.
Die Meldung sorgte für einen Sturm der Entrüstung, woraufhin sich die Ministerin ausdrücklich von den Aussagen distanzierte. "Marghem schiebt alle Schuld auf eine 'unerfahrene Mitarbeiterin'", so fasst es Het Nieuwsblad zusammen.
Hat die Föderalministerin vielleicht vergessen, dass sie eine politische Verantwortung trägt?, fragt sarkastisch Le Soir. Ist sich Marghem dieser politischen Verantwortung überhaupt bewusst? Man kann jedenfalls nur feststellen, dass die MR-Politikerin beziehungsweise ihr Beraterstab in ihren zweieinhalb Jahren im Amt eine Polemik nach der anderen losgetreten haben.
Dabei muss gerade sie mit ihren Zuständigkeiten die Zusammenarbeit und den Dialog mit den Teilstaaten suchen. Wann wird die Frau endlich Konsens-orientiert?
Ach, Marie-Christine!, seufzt fast schon verzweifelt Het Nieuwsblad. Jetzt hat also eine Sprecherin ein Fehlerchen gemacht. Aber, na ja, sie hatte ja gerade erst im Kabinett angefangen. Und, klar, eine Einsteigerin, die wird sich natürlich nicht rückversichern, wenn sie eine solche Aussage macht.
All das klingt irgendwie nicht wirklich überzeugend. Dass Marghem letztlich so vermeintlich abgeklärt und fast schon schulterzuckend auf den Vorfall reagiert hat, das lässt tief blicken. Sie weiß ganz genau, dass ihre Partei es sich nicht leisten kann, einer dritten Ministerin den Laufpass zu geben.
Ein Missverständnis also, frotzelt auch De Morgen. Eine Sprecherin, die sich etwas vergaloppiert hatte... Vielleicht war die Dame einfach nur zu ehrlich. Dieses "Missverständnis" erinnert uns an ein anderes "Missverständnis", nämlich die Annahme, dass in diesem Land tatsächlich eine Klimapolitik existiert. Die gibt es nämlich nicht.
Das Gehampel von Marie-Christine Marghem steht geradezu stellvertretend dafür. Es wird Zeit, dass die Klimaschutzpolitik hierzulande zur Chefsache wird, fordert De Morgen.
rop - Bild: AFP