"Trump wäscht der Polit-Elite die Köpfe", titelt Het Laatste Nieuws. "Trump liest den NATO-Partnern die Leviten", schreibt La Libre Belgique auf Seite eins. "Trump rempelt seine Verbündeten an", so die Schlagzeile von Le Soir.
US-Präsident Donald Trump ist buchstäblich auf allen Kanälen: Fast genau 29 Stunden war er auf belgischem Boden. Politischer Höhepunkt seiner Visite war der NATO-Gipfel im funkelnagelneuen Hauptquartier der Allianz. Ausgerechnet die Einweihungszeremonie für das neue Gebäude nutzte Trump für eine öffentliche und unerwartet scharfe Kritik an die Adresse der Partner. 23 von 28 NATO-Staaten kämen ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nach. Stattdessen trügen die USA den Großteil der Last. Und das sei nicht fair, sagte Trump. "Die ungezogenen NATO-Kinder kriegen eine Standpauke", schreibt denn auch De Standaard.
Auf vielen Titelseiten sieht man Fotos des US-Präsidenten, der dabei die inzwischen bekannte expressive Mimik an den Tag legt. Mal wirkt er fast schon rasend, andere Bilder zeigen ihn mit einem überbreiten Grinsen. Het Nieuwsblad fasst also zusammen: "Trump schlägt um sich mit einem breiten Lächeln". Im Mittelpunkt steht er allerdings immer: "Es kann eben nur einer der Wichtigste sein!", frotzelt Het Belang van Limburg auf Seite eins. "Am Ende hat Trump aber seinen Willen bekommen", hält De Morgen auf seiner Titelseite fest. Die NATO-Partner haben beim Gipfel Besserung gelobt und wollen ihre Rüstungsausgaben ab jetzt schrittweise anheben.
Keine Zwischenfälle
Aus belgischer Sicht kann man festhalten, dass es während der Visite des US-Präsidenten nicht zu größeren Zwischenfällen gekommen ist. Im Großen und Ganzen verlief der Besuch "wie geschmiert". Einige Blätter machen dennoch Anspielungen auf die fast schon sprichwörtliche Tirade Trumps, der Brüssel ja als "Hellhole" bezeichnet hatte. "Das 'Höllenloch' war doch nicht so schlimm", stellt etwa Gazet van Antwerpen fest.
"Uff!", atmet Het Nieuwsblad erleichtert auf. Brüssel musste zwar fast schon auf den Kopf gestellt werden, aber beim Trump-Besuch ist dann am Ende doch alles glatt gelaufen. Ob die europäischen Politiker auch so ein Gefühl von Erleichterung empfinden, das darf aber bezweifelt werden. Nicht nur, dass Trump ihnen den Marsch geblasen hat, er hat zudem "vergessen", die Solidarität innerhalb des Bündnisses zu bekräftigen. Zwar hat er seine Kanten doch ein wenig abgefeilt, den Europäern dürfte aber inzwischen klar geworden sein, dass alles nicht mehr so sein wird wie bisher.
Trump ist Europas bester Feind, meint auch L'Echo. Im neuen NATO-Hauptquartier trat er auf wie der Mehrheitsaktionär der Firma. Den Verbündeten gegenüber hat er dabei zu keinem Zeitpunkt den amerikanischen Beistand im Falle einer Aggression zugesichert. Fazit: Wenn überhaupt, dann hat sich bei Donald Trump allenfalls die Verpackung verändert.
Le Soir sieht das alles nicht ganz so dramatisch. Gemessen an seinem Ruf war der Besuch des US-Präsidenten in Brüssel ja eigentlich noch eher unspektakulär. Es gab keine groben Fettnäpfchen, keinen peinlichen Schnitzer und auch kein präsidiales Gepolter auf Twitter. Viel mehr wurden die verschiedenen Unterredungen, die er mit den europäischen Partnern geführt hat, als "herzlich", fast schon "freundschaftlich" bezeichnet. Natürlich hat er zwischenzeitlich klargemacht, dass er seine Meinung in wesentlichen Punkten nicht geändert hat. Natürlich hat sein Besuch nicht alle Zweifel ausräumen können. Aber man redet wenigstens miteinander.
"Buy American"
Dass Trump den schlappen Europäern mal ordentlich in den Hintern getreten hat, das dürfte seinen Wählern daheim jedenfalls gefallen haben, glaubt De Morgen. Noch wichtiger: Er hat dadurch den Europäern seine Botschaft quasi in die Köpfe eingemeißelt, die da lautet: mehr Investitionen in das Militär. Wenn Belgien das angepeilte Zwei -Prozent -Ziel erreichen will, dann würde das bedeuten, dass wir vier Milliarden Euro in die Rüstung stecken müssen. Vier Milliarden Euro pro Jahr!
Insofern ist Donald Trump in gewisser Weise wie ein Handelsreisender aufgetreten, analysiert Het Laatste Nieuws. Denn wo werden die Europäer wohl ihre schönen neuen Waffen kaufen? Hier gilt wohl der Slogan: "Buy American", kauft amerikanische Waren. "Und das jetzt bitteschön!", möchte man hinzufügen. Dass es genau so laufen dürfte, das mag man aus den Reaktionen der Europäer heraushören, die allzu glücklich darüber erschienen, dass Donald Trump immer noch Mitglied ihres Klübchens sein will.
Der "König der Welt" muss bald zurück in die Wirklichkeit
Eben dieser Donald Trump, der den armen montenegrinischen Premier unsanft zur Seite schubste, um auf dem Familienfoto möglichst im Mittelpunkt zu stehen, stichelt Het Belang van Limburg. The Donald ist inzwischen in Sizilien angekommen, wo er am Freitag und Samstag am G7-Gipfel teilnehmen wird. Da kann er sich dann auch wieder wie der König der Welt aufführen. Danach droht aber die Rückkehr in die Wirklichkeit. In seiner Heimat wird der Druck immer größer. Die Untersuchungen der mutmaßlichen Verbindungen zwischen seinem Wahlkampfteam und Russland bringen immer neue Enthüllungen ans Licht. Außerdem scheint es in seinem Haushaltsvorschlag einen Rechenfehler von mal eben 2.000 Milliarden Dollar zu geben. Willkommen zu Hause, Mister Präsident!
Roger Pint - Bild: Mandel Ngan (afp)