Wie von Dan Brown ausgedacht
"Der Danneels-Code", das ist die Schlagzeile in De Standaard. Damit wird an die Feststellung von Erzbischof Léonard erinnert, der die Durchsuchung von Bischofsgräbern in der Sint-Rombouts-Kathedrale von Mechelen mit dem Da Vinci-Code von Dan Brown verglich. "Rom verteufelt die Justiz" titelt De Morgen. Papst Benedikt ließ den belgischen Botschafter beim Vatikan wissen, dass die Öffnung der Bischofsgräber inakzeptabel gewesen sei. "Kirche - Justiz: Der Bruch" ist der Aufmacher in La Libre Belgique.
Die Hausdurchsuchungen im Herzen der katholischen Kirche Belgiens spalten auch die katholische Gemeinschaft. "Die belgische Justiz lässt die katholische Kirche in ihren Grundfesten erzittern" titelt Le Soir. "Der Vatikan findet, es sei bei den Hausdurchsuchungen zu einer Grabschändung gekommen", schreibt Het Nieuwsblad. Het Laatste Nieuws titelt: "Danneels schlägt zurück". Der Kardinal hat einen Rechtsanwalt mit der Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Hausdurchsuchung beauftragt. Der Anwalt fordert auch die schnelle Rückgabe der beschlagnahmten Computer und Akten.
Leitartikler haben Verständnis für das Vorgehen der Justiz
La Libre Belgique schreibt im Kommentar: Untersuchungsrichter sind nicht an Geheimhaltungsabmachungen gebunden, die die Kirche mit Staatsanwälten getroffen hat. Das hat Untersuchungsrichter De Troy am Donnerstag deutlich gemacht. Es ist zu hoffen, dass er über eine solide Aktenlage verfügt und bei den Hausdurchsuchungen keine Hintergedanken hatte. Falls dies der Fall ist, gab es keinen Anlass dazu, auf irgendjemanden Rücksicht zu nehmen.
Auch De Morgen verteidigt die Hausdurchsuchungen in Mechelen und Löwen. Die Justiz hat klargestellt, dass die Kirche nicht über den Gesetzen steht. Die kircheninterne Kommission, die den Sexualmissbrauch durch Seelsorger untersuchte, kann auf keinen Fall die Arbeit der Justiz übernehmen.
Auch Le Soir findet es nicht zulässig, dass jetzt die Bischöfe in die Opferrolle schlüpfen und sich über die "Überreaktion der Justiz" beklagen. Vor einigen Wochen hatte die Kirche noch die schonungslose Aufklärung aller Vorwürfe angekündigt. Jetzt erweckt sie den Eindruck, als wolle sie wieder zum Gesetz des Schweigens zurückkehren. Damit verliert sie auch bei den Gläubigen viel Kredit.
Zu früh für Komplotttheorien
De Standaard kommentiert: Die Ermittler müssen in größter Unabhängigkeit und Freiheit ihre Arbeit tun können. Aber die Justiz muss sich auch der Tatsache bewusst sein, dass es ihre wichtigste Aufgabe ist, die Bürger zu schützen und für Gerechtigkeit zu sorgen. Die Beschlagnahmung von Akten missbrauchter Menschen ging deshalb einen Schritt zu weit. Diese fühlen sich jetzt erneut missbraucht, weil ihre im Vertrauen abgegeben Lebensberichte nun von Unbekannten gelesen werden.
Het Laatste Nieuws bezweifelt im Leitartikel, dass bei den Hausdurchsuchungen wirklich etwas Ernstzunehmendes gefunden wurde. Was die Brüsseler Justiz am Donnerstag veranstaltete, war absolut nicht angemessen. Es wäre nicht das erste Mal, dass Brüsseler Untersuchungsrichter Ermittlungsverfahren einleiten, die überhaupt nichts bringen.
Auch Gazet van Antwerpen wirft die Frage auf, ob es wirklich notwendig war, Bischofsgräber aufzubrechen und die Bischofskonferenz einen ganzen Tag lang festzuhalten. Noch ist es aber zu früh, schon Komplotttheorien zu entwickeln. Es bleibt zu hoffen, dass jetzt schnell die ganze Wahrheit ans Licht kommt.
Föderalismus zu viert
"Lambertz glaubt an die Zukunft des belgischen Föderalismus", ist auf Seite 1 von Le Soir die Schlagzeile zu einem Interview mit dem Ministerpräsidenten der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Lambertz betont darin, er habe vollstes Vertrauen in Bart De Wever und Elio Di Rupo. Beide wüssten, dass sie ein Rendezvous mit der Geschichte haben. Lambertz erklärt auch, dass die DG auf einen Föderalismus zu viert hofft. Die Deutschsprachige Gemeinschaft sei bereit, alle Kompetenzen zu übernehmen, die Belgien den Gemeinschaften und Regionen übertragen wird. Das könne auch bedeuten, dass die DG nicht mehr zur wallonischen Region gehöre, so Lambertz.
L'Avenir beschäftigt sich im Kommentar ebenfalls mit der angekündigten Staatsreform. Es wird höchste Zeit, dass wir uns jetzt endlich mit dem Wesentlichen befassen, und das ist z.B. die Beschäftigungspolitik. Die Wallonen dürfen keine Angst haben, diese Kompetenz vom Föderalstaat zu übernehmen, da es hier um die vitalen Interessen der Bürger geht.