"Deutschland und Frankreich arbeiten an ihrer Beziehung", titelt De Morgen. "Deutsch-französisches Lächeln - so strahlend wie nie zuvor", schreibt De Standaard. "Das rechte Gegengewicht von Präsident Macron", heißt es bei La Libre Belgique auf Seite eins.
Zwei Themen aus Frankreich bestimmen am Dienstag die Titelseiten und Kommentare der Zeitungen. Zum einen ist das der Antrittsbesuch des neuen französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron bei Bundeskanzlerin Angela Merkel. Zum anderen die Ernennung von Édouard Philippe zum neuen Premierminister in Frankreich.
Die Bombe Philippe
La Dernière Heure schreibt zu Philippe: Das ist eine hervorragende Wahl. Philippe war schon früher im Gespräch als Premierminister, nämlich dann, wenn Alain Juppé neuer Präsident geworden wäre. Dass Macron Philippe jetzt zu seinem Premier ernennt, zeigt deutlich, dass er sich auch gegenüber rechts öffnet. So wie er es versprochen hatte. Zudem ist Philippe ein erfolgreicher Politiker. Als Bürgermeister von Le Havre hat er die graue Stadt in der Normandie zu einer Touristen-Attraktion gemacht. Sollte er mit der gleichen Effizienz auch als Premierminister wirken, könnte das Duo Macron-Philippe zu einem der beliebtesten der Fünften Republik werden, prophezeit La Dernière Heure.
L'Avenir analysiert: Mit der Ernennung von Philippe hat Macron das gemacht, was viele erwarteten: Er hat eine Bombe ins Lager der Republikaner gelegt. Philippe soll die Republikaner spalten. Macron will und braucht ihre Stimmen bei den Parlamentswahlen. Sollte die Bombe Philippe tatsächlich platzen und Macron eine Mehrheit gewinnen, wäre seine Rechnung aufgegangen. Schauen wir mal, ob das klappt, meint dazu L'Avenir.
Scheitern ist möglich
La Libre Belgique analysiert ähnlich und bleibt auch vorsichtig. Die Zeitung kommentiert: Mit der Ernennung von Philippe stellt Macron erneut sein phänomenales politisches Geschick unter Beweis. Doch dieser augenscheinlich unbändige Wille, die alten politischen Lager zu sprengen und eine neue große Mitte zu formen, birgt auch Gefahren. Die Frage ist nämlich, was passiert, wenn das Projekt nicht klappt. Das ist vor allem auch eine Gefahr für diejenigen, die sich jetzt von Macron mit ins Boot holen lassen. Sie werden für ihre bisherigen Parteien wie verbrannte Erde sein. Außerdem gibt es ja noch viele, die sich nicht mit dem Projekt von Macron identifizieren wollen. Das sind besonders die extremen Parteien und ihre Wähler, links wie rechts. Sie werden weiter intakt sein - sollte Macron scheitern - und dann sicherlich noch mehr Zulauf bekommen, fürchtet La Libre Belgique.
Auch Gazet van Antwerpen warnt und führt aus: Am selben Tag, als Macron mit Premier Philippe die Rechte mit ins Boot holte, sind in den Niederlanden die Koalitionsverhandlungen vorerst gescheitert. Rechte und linke Parteien konnten sich dort nicht auf ein gemeinsames Projekt einigen. Warum sollte Macron mehr Glück haben? Vielleicht, weil er linke und rechte Politiker in einer neuen Partei versammelt. Aber ob das tatsächlich klappt, muss erst die politische Praxis zeigen, so Gazet van Antwerpen.
M&M - eine Chance für Europa
Le Soir jubelt über das Treffen von Merkel und Macron am Montag in Berlin und schreibt: Endlich eröffnen sich Europa wieder Perspektiven. Merkel und Macron haben eine gleiche Vision von Europa und beide den Willen, Europa wieder näher an die Menschen heranzutragen. Europa muss diese Chance unbedingt ergreifen, empfiehlt nachdrücklich Le Soir.
De Standaard meint: Es wird noch etwas dauern, bevor wir beobachten können, wie diese neue Politik für Europa tatsächlich funktioniert. Denn noch stehen wichtige Wahlen an, in Frankreich im Juni, in Deutschland im September. Vor diesen Wahlen wird der deutsch-französische Motor wohl nicht starten, glaubt De Standaard.
De Morgen bremst die Euphorie noch etwas stärker und schreibt zu dem neuen Duo Merkel und Macron, dem die Zeitung Het Nieuwsblad schon den Spitznamen M&M gegeben hat, in Anspielung auf die gleichnamige Süßigkeit: Macron und Merkel - noch nie hörte sich das deutsch-französische Duo so schön an. Beide versprechen neue Energie für Europa. Dabei will Macron ein Europa, in das die Deutschen mehr Geld stecken müssen. Die Wähler von Merkel aber wollen gerade ein Europa, in dem Deutschland weniger zahlt als bisher. Wie gut der deutsch-französische Motor funktioniert wird, bleibt abzuwarten, so De Morgen.
Zu schnell getwittert
Het Laatste Nieuws kommt auf den Muttertag zurück. In der Brüsseler Stadtgemeinde Woluwe-Saint-Lambert hatte eine Schule beschlossen, dass die Kinder keine Geschenke mehr für Muttertag basteln sollten. Dazu meint das Blatt: Der Schulleiter hatte nach dem ersten Sturm der Entrüstung beteuert, dass das nicht aus Rücksicht auf Moslems geschehe, sondern eher als Reaktion auf die nicht mehr intakten, herkömmlichen Familienstrukturen. Kinder, die am Wochenende beim Papa sind, Kinder, die zwei Mütter haben… Doch zu diesem Zeitpunkt hatten sich gerade junge flämische Politiker schon per Twitter zu dem Fall gemeldet: Zuhal Demir, Philippe De Backer, Theo Francken. Alle hatten quasi Moslem-Bashing betrieben. Zu Unrecht, wie sich dann herausstellte.
Das sind eben die Gefahren der modernen Kommunikationsplattformen. Auch für sie gilt manchmal das Sprichwort: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold, so Het Laatste Nieuws.
Kay Wagner - Bild: Tobias Schwarz/AFP