"Knallhartes Duell", titelt Het Belang van Limburg. "Heftiger Schlagabtausch", so die Schlagzeile von La Libre Belgique. "Le Pen vs. Macron: Der ultimative Boxkampf", schreibt De Standaard. Die beiden französischen Präsidentschaftskandidaten, die sich am Sonntag in der zweiten und entscheidenden Runde gegenüberstehen, haben sich gestern ein mit Spannung erwartetes TV-Duell geliefert. Es war eine bissige Auseinandersetzung. Vor allem die Kandidatin des rechtsextremen Front National war von Anfang an im Angriffsmodus.
Dabei nahm sie es mit der Wahrheit oftmals nicht so genau: "Eine giftige Debatte voller Lügen und Halbwahrheiten", so fasst es Het Nieuwsblad zusammen. Das Fazit von Le Soir ist denn auch unbarmherzig: "Trauriges Spektakel", schreibt das Blatt in großen Lettern auf Seite eins.
Het Laatste Nieuws hat gestern Abend "keinen Präsidenten gesehen". Für De Morgen ist "der Graben innerhalb der französischen Gesellschaft tiefer denn je".
Für eine abschließende Bewertung war es für viele Blätter zu spät. Viele heben die stoische Ruhe hervor, mit der Emmanuel Macron auf die permanenten Attacken von Marine Le Pen reagierte. Außerdem ließ er sich es nicht nehmen, die rechtsextreme Kandidatin zu korrigieren. L'Avenir bringt es auf den Punkt: "Le Pen piekst, Macron erklärt".
Für La Dernière Heure war Macron eindeutig der Sieger des gestrigen Abends. "Emmanuel Macron ist dem Elysée-Palast noch einen Schritt näher gekommen", meint das Blatt.
Dass der rechtsextreme Front National überhaupt so stark werden konnte, dafür tragen die Sozialisten eine historische Verantwortung, ist La Dernière Heure in ihrem Leitartikel überzeugt. Es war François Mitterrand, der dem FN-Gründervater Jean-Marie Le Pen den Steigbügel gehalten hat. Le Pen hatte sich über eine angebliche Ungleichbehandlung beschwert.
Daraufhin befahl Staatspräsident Mitterrand dem Sender TF1, Le Pen ein Forum zu geben. Das Kalkül des Sozialisten Mitterrand: Der FN würde den Konservativen am rechten Rand Stimmen abjagen. Das Ergebnis sehen wir heute.
Das Problem Kasachgate geht tiefer
Zur Innenpolitik. "Die MR lässt Armand De Decker fallen", so derweil die Schlagzeile von La Libre Belgique. Diese Meldung ist allerdings etwas voreilig. Wie das Blatt ausführt, ist es lediglich so, dass es um den ehemaligen Senatspräsidenten inzwischen ziemlich einsam wird. Wegen seiner Verstrickung in die Kasachgate-Affäre wird De Decker für viele MR-Mitglieder zunehmend zum Problem. "Innerhalb der MR würde man am liebsten die Seite De Decker umblättern", schreibt La Libre.
Apropos Kasachgate: Der parlamentarische Untersuchungsausschuss, der die Affäre ausleuchten soll, hat gestern eine Schlüsselfigur angehört, nämlich Claude Guéant, der zum fraglichen Zeitpunkt Verwaltungschef im Elysée-Palast war. Der hat gestern aber jegliche französische Einmischung kategorisch abgestritten. Im Raum steht ja der Verdacht, dass auf Betreiben Frankreichs in Belgien ein Gesetz verabschiedet wurde, das einen gerichtlichen Vergleich möglich macht. Als erste davon profitiert haben der umstrittene Geschäftsmann Patokh Chodiew und zwei seiner Partner.
Kasachgate, das ist in erster Linie ein politisches Problem, meint La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Der Untersuchungsausschuss ahnt inzwischen, wer die Verabschiedung des fraglichen Gesetzes hinter den Kulissen vorangetrieben hat. Der Kern der Sache ist aber, dass ein solches Gesetz damals weitgehend unbemerkt überhaupt durch das Parlament gejagt werden konnte. Mit anderen Worten: Die Regierungen können dem Parlament inzwischen fast schon egal was unterjubeln. Würde unsere parlamentarische Demokratie richtig funktionieren, dann wäre es nie zu dem Skandal gekommen.
De Morgen macht eine ähnliche Analyse: Das Problem der gesetzgeberischen Macht ist es, dass sie nicht mehr gesetzgeberisch ist. Im Grunde ist das Parlament zu einer reinen Abnick-Kammer verkommen, die die Gesetze der Regierung beziehungsweise der Parteien durchwinkt. Da werden Gesetze fabriziert, die nur noch ein handverlesener Kreis von Insidern wirklich versteht. Man muss also dem Parlament und damit dem Volk seine Macht wieder zurückgeben. Das wäre der größte Dienst, den die Kasachgate-Kommission dem Land erweisen könnte.
De Wevers Provokationen
Le Soir kommt zurück auf den neuerlichen gemeinschaftspolitischen Vorstoß von N-VA-Chef Bart De Wever. Der hat in einem Beitrag zu einem gestern erschienenen Buch noch einmal seine Konföderalismus-Thesen ausgebreitet. Kernidee: Man muss die Frankophonen nur mit Sozial- und Wirtschaftsreformen piesacken; am Ende würden die dann schon selber um eine neue Staatsreform bitten.
Was für eine billige Provokation, giftet Le Soir in seinem Leitartikel. Da gibt ein Politiker also offen zu, dass er die Institutionen missbrauchen will, um eine Politik zu führen, die nicht dem Allgemeinwohl dient. Eine parlamentarische Opposition oder auch Gewerkschaften und selbst Koalitionspartner, all das scheint es in seiner Welt nicht zu geben. Besonders peinlich ist das Ganze für die MR, die in diesem Zusammenhang fast noch als Erfüllungsgehilfe für die nationalistischen Strategien der N-VA durchgehen könnte.
Vom Stabilitäts- zum Risikofaktor
Einige Zeitungen schließlich kommentieren die jüngsten positiven Konjunkturdaten: Für 2017 wird in der Eurozone mit einem Wachstum von 1,8 Prozent gerechnet. Das gibt den Ländern und damit auch Europa frische Luft zum Atmen, meint De Standaard. Man sollte hier aber nicht eine entscheidende Chance verpassen. Jetzt oder nie gilt es, tiefgreifende Strukturreformen durchzuführen und die Haushalte zu sanieren. Das hat man bislang sträflich vernachlässigt, da die niedrigen Zinsen im Grunde den Regierungen die Arbeit abgenommen haben.
Für L'Echo steht die Welt gewissermaßen Kopf. Vor fast zehn Jahren, 2008, war es die Politik, die in der Finanzkrise für Stabilität sorgte. Jetzt schnurrt der Konjunkturmotor leise aber bestimmt vor sich hin und der gefährlichste Risikofaktor, das ist die Politik.
Rop - Foto: afp/Stringer