"Spannung total", titelt La Libre Belgique. "Kopf-an-Kopf", heißt es bei De Morgen. "Frankreich wählt, Europa zittert", schreibt die Wirtschaftszeitung L'Echo auf Seite eins. Die Präsidentschaftswahlen in Frankreich sind heute das große Thema für alle Zeitungen.
Am Sonntag stehen elf Kandidaten zur Wahl, nur zwei werden die nächste Runde erreichen. Mit zahlreichen Sonderseiten und auch Extrabeilagen analysieren die Zeitungen den Wahlkampf und die Chancen der aussichtsreichsten Kandidaten. Auch die meisten Kommentare widmen sich den Wahlen. Mit Sorge blicken die Schreiber auf die Tatsache, dass die Kandidaten der traditionellen Parteien wenig Chancen haben.
La Libre Belgique führt dazu aus: Acht der elf Kandidaten sind mehr oder weniger europafeindlich. Europa ist für sie der Sündenbock für alles, was schief läuft in Frankreich. Sie wollen die EU verlassen oder zumindest wieder mehr Entscheidungsmöglichkeiten nach Frankreich holen. Das ist natürlich der falsche Weg. Alle Probleme Frankreichs können sich in der Welt von heute nur im großen Rahmen lösen, sei es bei der Wirtschaft, der Sozial- und Energiepolitik, Sicherheit und Verteidigung oder den neuen Technologien. Dafür ist Europa die beste Antwort. Hoffen wir, dass die Franzosen sich für einen Kandidaten entscheiden, der offen ist für die neue Welt, die Gesellschaft wieder eint und Frankreich neu erfindet. Und nicht, dass die Franzosen zum Totengräber eines Europas werden, das sich in einer tiefen Krise befindet, so La Libre Belgique.
Wie konnte es so weit kommen?
La Dernière Heure analysiert: Der Wahlausgang ist so unsicher wie noch nie. Auch die Kriterien, warum jemand gewählt werden könnte, haben sich verändert. Könnte es sein, dass sich am Ende derjenige durchsetzt, der am wenigsten missfällt? Le Pen und Mélenchon faszinieren zwar einige, aber für viele bedeuten sie auch Ungewissheit und Chaos. Macron hat immerhin die Fähigkeit, Zuversicht zu verbreiten. Das ist in diesen unruhigen Zeiten gar nicht mal so schlecht. Und vielleicht reicht das ja, um als quasi Unbekannter neuer Präsident zu werden, orakelt La Dernière Heure.
L'Avenir fragt sich: Was hat dazu geführt, dass Frankreich jetzt vor einer Wahl steht, bei der die Kandidaten der traditionellen Parteien kaum Chancen haben? Da ist zum einen die desaströse Präsidentschaft von François Hollande. Dazu kommen die zahlreichen Affären des Kandidaten François Fillon. Aber das ist nicht alles. Viele Franzosen empfinden eine große Wut. Sie fühlen sich nicht verstanden, nicht beachtet und verraten von den politischen Eliten. Das macht sie offen für die einfachen Parolen der Extremisten. Leider beschränkt sich dieses Phänomen nicht nur auf Frankreich, bedauert L'Avenir.
Horrorszenario für Europa: Le Pen gegen Mélenchon
Über ein mögliches Duell zwischen der rechtsextremen Marine Le Pen und dem linken Jean-Luc Mélenchon machen sich gleich mehrere Zeitungen Gedanken. De Standaard kommentiert dazu: Die französischen Wähler entscheiden am Sonntag darüber, ob das Jahr 2017 für Europa noch schrecklicher wird als das Jahr 2016 mit dem Brexit-Referendum. Wenn sie die rechtsradikale Marine Le Pen und den Linksradikalen Jean-Luc Mélenchon in die zweite Runde wählen, wird die deutsch-französische Achse und damit ganz Europa geschwächt. Beide Kandidaten haben den verzweifelten Franzosen vorgegaukelt, dass sich ihre Probleme einfacher lösen lassen, wenn Frankreich sich von Europa abwendet, stellt De Standaard fest.
L'Echo sieht es ähnlich: Wenn es zum Duell Mélenchon-Le Pen kommen sollte, werden Frankreich und Europa am Montag mit Kopfschmerzen erwachen. Das wird eine Reise ins Ungewisse bedeuten. Eine Reise, an deren Ende nichts Gutes auf alle wartet, warnt L'Echo.
Het Laatste Nieuws schreibt: Ein Duell Mélenchon gegen Le Pen wäre der absolute Albtraum für François Hollande. Er würde dann in die Geschichte eingehen als der Mann, der dieser Katastrophe den Weg bereitet hat. Ein bisschen so, wie Obama den Weg für Trump eröffnet hat, vergleicht Het Laatste Nieuws.
Der Flame kann es auch nicht besser als die anderen Belgier
Ausführlich berichtet die gleiche Zeitung ebenfalls darüber, dass es auch in der flämischen Regierung Zustände gibt, die an den Skandal um die Interkommunale Publifin erinnern. Parteifreunde würden auf gut bezahlte Verwaltungsposten gesetzt, die gleichsam aber keine Arbeit verlangten. Das legt ein Bericht der flämischen Grünen nahe.
"Viel Geld für wenig Arbeit: Filz auch in flämischer Regierung", fasst das auch De Morgen auf seiner Titelseite zusammen und kommentiert: Der ehemalige flämische Ministerpräsident Gaston Geens hat für Flandern den Leitspruch geprägt "Wir werden beweisen müssen, dass wir das, was wir selber machen, besser machen." Das war die Maxime, unter der Flandern forderte, mehr Kompetenzen für die Region zu bekommen. Das hieß auch, dass man besser regieren wollte in Flandern. Schluss mit der "belgischen Krankheit", Klientelismus und Vetternwirtschaft, dem Zuschachern von Posten aufgrund von alten Bekanntschaften. Flandern wollte zeigen, dass es alles besser kann. Jetzt müssen wir erkennen, dass das nicht geklappt hat. Die belgische Krankheit ist flämisch geworden, stellt De Morgen fest.
Text: Kay Wagner - Foto: Valery Hache/AFP