"Weltweiter Aufschrei nach Giftgasangriff in Syrien", titelt Gazet van Antwerpen. "Mindestens 60 Tote und 400 Verletzte bei Giftgasangriff in Syrien: Feiger kann der Krieg nicht werden", so Het Laatste Nieuws. Und Le Soir schreibt auf Seite eins: "Das endlose Martyrium der Syrer".
Fast alle Zeitungen bringen auf ihren Titelseiten Bilder und Meldungen zum erneuten Giftgaseinsatz im syrischen Bürgerkrieg. Für viele Zeitungen ist ebenfalls klar, dass Syriens Staatspräsident Assad dafür verantwortlich ist.
De Morgen führt aus: Der syrische Präsident Baschar al-Assad muss sich früher oder später für seine Politik verantworten. Als Oberbefehlshaber seiner Streitkräfte weiß er, dass diese schon jahrelang Chlorbomben und Raketen mit Nervengas einsetzen, die übrigens aus Russland kommen. Deshalb ist auch Russlands Präsident Putin in der Pflicht. Er muss Präsident Assad stoppen. Wenn Putin das nicht tut, ist auch er schuldig und riskiert Komplize von schlimmsten Kriegsverbrechen zu werden, schimpft De Morgen.
Angriff als Botschaft
Het Nieuwsblad schreibt: Dieser Angriff ist eine Botschaft. Nämlich die, dass Assad auf den Rest der Welt pfeift. Es ist auch kein Zufall, dass dieser Giftgasangriff kurz nach der Ankündigung des Weißen Hauses kam, dass die Absetzung von Assad keine Priorität mehr sei. Die USA sähen in Syrien nur den IS als Gegner. Aus dem "Nicht-mit-Assad" ist ein "Es-gibt-noch-eine-Zukunft-für-Assad" geworden. Doch diese Haltung ist gefährlich. Denn damit bereitet man den Nährboden für neue islamistische Terrorgruppen in Syrien. Sie werden warten, bis der IS vernichtet ist, und sich dann zeigen. Wenn man Assad ungestraft lässt für seine Taten, werden diese Terrorgruppen nur umso mehr Zulauf erhalten, fürchtet Het Nieuwsblad.
De Standaard hebt neben seinem Entsetzen über den Giftgasangriff auch die Komplexität des Bürgerkriegs hervor: Wie zynisch kann man sein, dass man gerade an dem Morgen, als in Brüssel eine zweitägige Geberkonferenz beginnt, die Geld für humanitäre Hilfe in Syrien sammeln soll, ein Dorf im Rebellengebiet mit Giftgas angreift. Das zeigt nur wieder, dass das ein schmutziger Krieg ist, in dem es keine Regeln gibt.
In der komplexen, vielseitigen Gemengelage in Syrien hat niemand saubere Hände. Alles, was man macht oder auch unterlässt, ist moralisch anfechtbar. Politische und militärische Lösungen sind heikel, aber die Pflicht bleibt, alles Mögliche zu tun, um das menschliche Leiden zu verringern. Schon allein deshalb, um den Zynismus der Kriegsverbrecher nicht mit eigenem Zynismus zu legitimieren, gibt De Standaard zu bedenken.
King-Kong und Assad
La Dernière Heure hingegen bricht indirekt eine Lanze für Assad durch den Vergleich mit dem neuesten King-Kong-Film: Der grausame Riesenaffe King-Kong wird in diesem Film als ein Beschützer dargestellt. Unter der Insel, wo King-Kong lebt, wohnen Menschen, die die Menschen angreifen würden, die King-Kong auf der Insel beschützt. Bezogen auf die Aktualität kann man in King-Kong eine Metapher für Diktatoren wie Saddam Hussein, Gaddafi oder Baschar al-Assad sehen. Sie sind mit Vorsicht zu genießen. Aber ohne sie, wäre es noch schlimmer, so La Dernière Heure.
Zur Aufarbeitung des so genannten Panama-Papers-Skandals durch die EU meint Le Soir: Was war das für ein Aufschrei vor einem Jahr, als dieser Skandal bekannt wurde. Sogar hochrangige Politiker hatten die Steueroase in Panama dazu benutzt, Millionen Euro am Fiskus vorbei zu schmuggeln. Und jetzt? Erstens hat es lange gedauert, bis die EU jetzt abschließende Berichte zu diesem Skandal vorlegt. Zweitens scheint sie weitermachen zu wollen wie bisher.
Ein Blick auf das Programm der EU-Finanzminister für ihr kommendes Treffen in Malta macht das deutlich. Da soll es nicht um das Stopfen von Schlupflöchern gehen, um Steuerhinterziehung zu unterbinden. Sondern darum, Unternehmen einen stabilen Steuerrahmen zu basteln. Ohne allzu viel Transparenz, damit der Wettbewerb unter den einzelnen Staaten um möglichst günstige Steuerbedingungen für Multinationale weitergehen kann. Es scheint, als ob Europa die Lehren aus den Panama Papers nicht ziehen will, so Le Soir.
EU enttäuscht
Ähnlich enttäuscht von Europa zeigt sich La Libre Belgique bezüglich der Abgas-Affäre. Auch hier haben die europäischen Untersuchungskommissionen ihre Abschlussberichte vorgelegt. Die Zeitung schreibt: Die größte Enttäuschung ist, dass die Mitgliedsstaaten sich gegen die Schaffung einer unabhängigen europäischen Agentur zur Abgaskontrolle ausgesprochen haben.
In den USA gibt es so eine Agentur und sie leistet gute Arbeit. Sie entdeckte zum Beispiel den VW-Skandal. In Europa schaffte man das nicht. Die Leidtragenden waren die Verbraucher. Und das soll so bleiben, hat die EU jetzt entschieden. In den Zeiten, wo viele an der Union zweifeln, vielleicht nicht die beste Entscheidung, kritisiert La Libre Belgique.
KW - Foto: Abd Doumany (afp)