"Albert II. ist nicht der legale Vater von Delphine Boël", titeln gleichlautend La Libre Belgique und L'Avenir. "Delphine Boël keine Königstochter", schreibt Het Belang van Limburg. Und De Morgen fragt auf Seite eins: "Ist ein Samen wichtiger als das gemeinsame Zusammenleben?"
Ein Gericht in Brüssel hat gestern entschieden, dass Delphine Boël, die angeblich uneheliche Tochter von Ex-König Albert II., kein Recht habe, die biologische Vaterschaft von Albert II. nachweisen zu lassen. Dafür habe sie zu lange mit Jacques Boël als Vater zusammengelebt. Dieser ist aber laut eines DNA-Tests nicht der biologische Vater von Delphine.
Kommentierend meint dazu Het Laatste Nieuws: Die Richter haben hart geurteilt, sich aber an das Gesetz gehalten. Denn in Belgien gibt es nur zwei Möglichkeiten, Vater zu werden: Entweder man lebt mit einer Frau zusammen, und dann ist man laut Gesetz automatisch Vater aller Kinder, die diese Frau zur Welt bringt. Oder man stellt als Mann den Antrag auf Vaterschaft, mit Zustimmung der Mutter und des Kindes. Auf dieser Grundlage blieb den Richtern kein anderes Urteil übrig, so Het Laatste Nieuws.
Het Nieuwsblad hält das dennoch für einen Skandal und schreibt: Albert II. sollte sich für sein Verhalten schämen. Er hätte sich ein Beispiel am ehemaligen französischen Staatspräsidenten François Mitterand nehmen sollen. Der hatte auch eine uneheliche Tochter, hat diese aber immer anerkannt. Das ist wahre Größe. Denn die Schande liegt nicht darin, ein uneheliches Kind zu haben, sondern darin, wie man damit umgeht. Albert II. versteckt sich jetzt hinter dem Richterspruch, der ihn von aller Verantwortung befreit. Wahrlich eine Schande!, urteilt Het Nieuwsblad.
EU-Gegner: Vernunftgeleitete Politik? Nein, danke!
Großbritannien wird heute bei der EU offiziell sein Austrittsgesuch aus der Union einreichen. Dazu meint La Libre Belgique: Schon vor Beginn der Verhandlungen ist eins sicher: Das Ergebnis wird keine Win-Win-Situation ergeben. Beide Seiten werden geschwächt aus dem Brexit hervorgehen. Es wird in den anstehenden Verhandlungen nur darum gehen, den Schaden zu begrenzen, meint La Libre Belgique.
Le Soir schreibt: Der Austritt Großbritanniens zeigt, dass der Zerfall der EU durchaus möglich ist. Die Bürger Großbritanniens haben sich dafür entschieden, der Union den Rücken zu kehren. Sie und viele andere sind verärgert über eine vernunftgeleitete Politik, die sie aber als Diktat empfinden. Deshalb lassen sie sich auf politische Abenteuer ein. Die große Aufgabe für die EU wird es sein, die Bürger für den Glauben an diese vernunftgeleitete Politik und an die Demokratie zurückzugewinnen, glaubt Le Soir.
De Standaard mahnt beide Verhandlungspartner zu einem vorsichtigen Umgang miteinander. Denn, so die Zeitung, beide Seiten sind aufeinander angewiesen. Die Briten möchten möglichst viele Vorteile der EU behalten, ohne von den Entscheidungen in Brüssel abhängig zu sein. Die EU darf nicht vergessen, dass Großbritannien die zweitgrößte Volkswirtschaft in Europa ist. Eine gute Nachbarschaft ist deshalb nützlich, findet De Standaard.
Die Briten hatten nie ein Interesse an einem geeinten Europa
Anders der Ton in der Wirtschaftszeitung L'Echo: Sie geht mit Großbritannien hart ins Gericht und schreibt: Das Vereinigte Königreich verlässt die EU in ihrer schlimmsten Krise. Statt weiter den dornenreichen Weg Richtung vereintes Europa, und damit der Zukunft, zu gehen, verlässt Großbritannien die Baustelle. Und kehrt zurück zum Nationalismus. Die EU hat kein Interesse daran, diese Entwicklung durch allzu viele Zugeständnisse an London auch noch zu belohnen, meint L'Echo.
Für L'Avenir ist der Abgang Großbritanniens keine Überraschung: Nach 44 Jahren des Zusammenlebens ist der Brexit nur eine logische Konsequenz. Großbritannien war schon immer gegen ein geeintes Europa. Als das Land damals, vor 44 Jahren, der Union beigetreten ist, hat es das nur getan, weil es erkannt hatte, dass man den Einigungsprozess besser von innen her bremsen könne als von außen. Für Großbritannien lag Washington immer näher als Paris oder Berlin. Eine Vertiefung der Union war nie im Interesse Großbritanniens. Für die Briten zählte nur der große Binnenmarkt, sonst nichts, schreibt L'Avenir.
Leid vs. Jobs
Zu der neuerlichen Diskussion über Waffenexporte aus der Wallonie nach Saudi-Arabien meint De Morgen: Der Bürgerkrieg im Jemen zeigt, was mit den Waffen aus der Wallonie passiert. Saudi-Arabien führt dort Krieg, mit wallonischen Waffen werden dort Menschen getötet oder aus ihren Häusern vertrieben, um dann von belgischen Hilfsorganisationen eine Schüssel Reis oder eine Decke zu bekommen. Sicher: Der wallonische Ministerpräsident Paul Magnette ist in keiner einfachen Situation. Verbietet er die Waffenexporte aus dem staatseigenen Rüstungsbetrieb, verlieren dort Menschen ihren Job und die linke PTB bekommt noch mehr Zulauf. Doch wieviel Leid muss noch geschehen, um mit den unsäglichen Waffenexporten aufzuhören?, fragt sich De Morgen.
Kay Wagner - Foto: Eric Lalmand (belga)