"Würde morgen gewählt, dann hätte die Regierung Michel keine Mehrheit mehr", titelt La Libre Belgique. Und das ist eine weitere Erkenntnis aus dem Politbarometer, das die Zeitung zusammen mit der RTBF Ende letzter Woche veröffentlicht hat. Das wohl spektakulärste Ergebnis der Umfrage ist ja, dass die kommunistische PTB in der Wallonie auf fast unglaubliche 20,5 Prozent käme und damit sogar die PS hinter sich lassen würde.
"Die PS schmiert ab, geht in sich und schweigt", so bringt Le Soir die Reaktion der frankophonen Sozialisten auf den Punkt. Tatsächlich gab es bislang keine offizielle Stellungnahme der PS. Intern rumort es aber offenbar, wie Le Soir berichtet: Viele Parteimitglieder betrachten inzwischen den Vorsitzenden Elio Di Rupo als das eigentliche Problem der Partei.
Das Politbarometer scheint dieser Analyse aber zu widersprechen: "Immer noch unter den Lebenden, mehr noch: weiterhin Spitzenreiter", so fasst es La Libre Belgique zusammen. Tatsächlich führt Elio Di Rupo in der Wallonie weiterhin die Popularitätshitparade an, weit vor Premier Charles Michel und dem PTB-Sprecher Raoul Hedebouw.
Wenn das mal kein Strohfeuer ist, analysiert La Dernière Heure in ihrem Leitartikel. Elio Di Rupo ist nur scheinbar nach wie vor der Stimmen-Champion in der Wallonie. Selbst für außenstehende Beobachter ist offensichtlich, dass Di Rupo nicht der richtige Mann ist, um die frankophonen Sozialisten aus der Krise heraus zu führen. Elio, Superstar, das ist bald Geschichte.
Schaut man sich das Politbarometer genauer an, dann findet man das eine oder andere pikante Detail: Nach der Umfrage landen die beiden N-VA-Regierungsmitglieder Jan Jambon und Theo Francken vor dem wallonischen PS-Ministerpräsidenten Paul Magnette. In Flandern hat sich übrigens N-VA-Chef Bart De Wever in der Popularitätshitparade die Führung zurückgeholt. Der Shootingstar heißt aber auch hier Theo Francken.
Die Verantwortung der Wallonischen Region im Publifin-Skandal
Eine Ursache für das schlechte Abschneiden der Sozialisten ist wohl die Publifin-Affäre. Und die beherrscht auch heute wieder die Titelseite von Le Soir: "So hat Nethys die wallonische Regierung manipuliert", so die Schlagzeile. Nach Erkenntnissen der Brüsseler Zeitung hat die Lütticher Telekom- und Medienholding alles getan, um sich der Aufsicht der Wallonischen Region zu entziehen.
Die Wallonische Region trägt durchaus eine Verantwortung in der Publifin-Affäre, meint Le Soir in seinem Leitartikel. Wenn der frühere Aufsichtsminister Paul Furlan vor dem Untersuchungsausschuss behauptet, dass nur "die Lütticher" wussten, was sich hinter den Kulissen bei Publifin abspielte, dann stimmt das einfach nicht. De facto hat die Region besagte Lütticher gewähren lassen, tatenlos zugesehen, wie eine kleine Gruppe von Leuten öffentliche Mittel privatisiert hat. Deswegen ist es unerlässlich, dass der Untersuchungsausschuss sich auch mit der Rolle der wallonischen Regierung beschäftigt.
Gelegenheit dazu gibt es bereits am Donnerstag, wie L'Avenir berichtet: Dann soll unter anderem der amtierende wallonische PS-Wirtschaftsminister Jean-Claude Marcourt vor dem Untersuchungsausschuss angehört werden.
Streit um humanitäre Visa und Krebs-Schummelstudien
"Die Familie aus Aleppo bekommt doch kein Visum", so derweil die Aufmachergeschichte von Het Laatste Nieuws. Demnach hat der N-VA-Asylstaatssekretär Theo Francken einen neuen juristischen Sieg errungen: Wie das Blatt berichtet, hat der sogenannte Rat zur Schlichtung von ausländerbezogenen Streitfällen den Antrag der Familie auf ein humanitäres Visum in Berufung abgewiesen. Für Francken bedeutet das im Umkehrschluss, dass damit auch die verhängten Zwangsgelder, die sich inzwischen auf über 500.000 Euro belaufen, hinfällig sind.
"Löwener Topmediziner schummelte mit Krebsstudien", titelt De Standaard. Demnach soll also der in Flandern recht bekannte Onkologe Stefaan Van Gool Forschungsergebnisse manipuliert haben. Die Daten betrafen umstrittene Therapien, deren Nutzen bis heute nicht bewiesen ist. Der Arzt praktiziert seit zwei Jahren nicht mehr in Löwen und ist jetzt in einer deutschen Privatklinik beschäftigt.
Dieser Fall wirft bange Fragen auf, meint das Blatt in seinem Leitartikel. Unter anderem diese: Inwieweit werden Patienten vor sinnlosen und im schlimmsten Fall schädlichen Therapien geschützt? Der Löwener Fall zeigt jedenfalls, dass man vor Entgleisungen nicht sicher sein kann. Das gilt etwa dann, wenn der Ruf eines Experten oder gar der Einrichtung, für die er arbeitet, auf dem Spiel steht. Imageprobleme dürfen aber niemals wichtiger sein als Patientenrechte.
Trumps Obamacare-Debakel
Viele Zeitungen kommen schließlich noch einmal zurück auf die Niederlage von US-Präsident Donald Trump im Kongress. Für seine geplante Abschaffung der von seinem Amtsvorgänger Barack Obama eingeführten Krankenversicherung bekam er im Parlament keine Mehrheit zusammen. "Nach dem Obamacare-Debakel muss sich Trump besinnen", analysiert De Morgen. Der US-Präsident stößt erstmals an die Grenzen seiner großspurigen Schwafeleien.
Vorher gab es ja auch schon einen anderen Rohrkrepierer, nämlich das schlecht formulierte Einreiseverbote, meint La Libre Belgique. Mittlerweile dürften doch mehr und mehr Amerikaner zu der Einsicht gelangt sein, dass ein Geschäftsmann nicht notwendigerweise auch ein Staatsmann sein muss.
Wenn Trump nicht schnellstens seine Strategie ändert, dann droht ihm ein Debakel auf der ganzen Linie, ist L'Avenir überzeugt. Die Gesundheitsreform war der erste Zug auf einer einspurigen Trasse. Wenn der schon entgleist, dann bleiben auch die folgenden stecken. Die Konsequenz: das nackte Chaos.
Roger Pint - Archivbild: Yorick Jansens/BELGA