"Jetzt hat auch London seinen 22. März", titeln fast gleichlautend Het Laatste Nieuws, La Libre Belgique, L'Avenir und De Standaard. "Schon wieder Angst und Terror", schreibt Gazet van Antwerpen. "Attentäter schlägt im Herzen Londons zu", so die Schlagzeile von L'Echo auf Seite eins.
Die Titelseiten vieler Zeitungen sind heute zweigeteilt: Auf der einen Seite Trauer, Erinnerung und Hoffnung bei den Gedenkfeiern zum Jahrestag der Terroranschläge in Brüssel, auf der anderen Seite Panik und Chaos nach der blutigen Attacke mitten im Zentrum der britischen Hauptstadt, an der Westminster Bridge und am Parlament. "Mehr als ein Auto und ein Messer hatte der Terrorist nicht nötig", bemerkt Het Nieuwsblad. Die Schreckensbilanz: fünf Tote inklusive Attentäter und 40 zum Teil schwer Verletzte. Wie Le Soir berichtet, gehen die Behörden von einem islamistischen Hintergrund aus.
De Morgen hält fest: Ausgerechnet an dem Tag, an dem Belgien auf besonders würdevolle Art und Weise seiner Anschlagsopfer gedenkt, schlägt ein Terrorist in London zu. Und reißt damit in Europa Wunden auf, die noch nicht verheilt waren, fügt Het Nieuwsblad hinzu. Neben Brüssel ist der 22. März jetzt auch für London ein schwarzer Tag. Der Unterschied zwischen gestern und den großen Terroranschlägen in London vom 7. Juli 2005 ist, dass die Tat nicht von langer Hand vorbereitet gewesen zu sein scheint, man geht eher von einem radikalisierten Einzeltäter aus, der kurzfristig losschlug.
Nicht in die Falle der Terroristen tappen
Das ist die neue Gefahr, bemerkt auch La Libre Belgique: "Einsame Wölfe", die sich mitten unter uns und unbemerkt radikalisieren und sogenannte Syrienrückkehrer. Die Terrororganisation IS erleidet herbe Verluste in ihrem selbsternannten "Kalifat" in Syrien und im Irak. Sie rächt sich dafür durch den "Export" des Terrors in den Westen. Jetzt gilt wie nach jedem Anschlag: Wir dürfen nicht in Panik verfallen und müssen einen kühlen Kopf bewahren, rät die Zeitung. Natürlich müssen wir die Sicherheit erhöhen, wir dürfen aber nicht in die Falle der Terroristen tappen und aus unseren europäischen Ländern Polizeistaaten machen. Die freiheitlich-demokratischen Grundwerte sind unser höchstes Gut.
Gazet van Antwerpen kritisiert in diesem Zusammenhang den Vorstoß von N-VA-Chef Bart De Wever, in Belgien Notstandsgesetze einzuführen. Keine Maßnahme der Welt hätte den gestrigen Anschlag in London verhindern können, ist das Blatt überzeugt. Gegen einen Spinner in einem Geländewagen hilft keine Notstandsregelung, so Het Laatste Nieuws.
Erdoğan zündelt weiter
Für neuen Ärger sorgt wieder einmal der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Bei einer Rede in Ankara startete er eine neue Verbalattacke Richtung Europa: "Wenn Ihr Euch weiterhin so benehmt, wird morgen kein einziger Europäer auch nur irgendwo auf der Welt sicher und ruhig einen Schritt auf die Straße setzen können", so Erdoğan. Ist dem noch zu helfen, fragt sich Het Belang van Limburg. Die Beschimpfungen der Niederlande und Deutschlands waren schon schlimm, aber die gestrigen Drohungen haben dem Fass den Boden ausgeschlagen. Sie können nämlich auch als eine Aufforderung zu Anschlägen gegen EU-Bürger in der Türkei oder im Ausland verstanden werden.
Wegen des anstehenden Referendums zum Ausbau seiner Macht ist Erdoğan auf die Stimmen der Auslandstürken angewiesen. Er hat inzwischen jeglichen Bezug zur Realität verloren, konstatiert die Zeitung.
Fundamentalistischer Islam, wie er zum Beispiel von Saudi-Arabien propagiert wird, trägt auch zur Radikalisierung bei und stiftet Fanatiker und leicht zu beeinflussende Menschen zu Gewalttaten an. Deswegen fordert die Zeitung, dass die Politik hier nicht mehr wegguckt und etwas tut gegen die Finanzierung von Moscheen aus dem Ausland.
"Lasst uns wagen, zärtlich zu sein"
De Standaard kommt auf die Gedenkfeiern in Brüssel zurück und zeigt sich tief berührt von den Redebeiträgen der Opfer, ihrer Angehörigen und der Rettungskräfte von Zaventem und Maelbeek. Trotz unvorstellbarer Trauer und Schmerz blicken viele resolut und hoffnungsvoll nach vorn. Und das ist die beste Waffe gegen Terroristen, urteilt die Zeitung.
L'Avenir ist ebenfalls beeindruckt von den Würdigungen. Es waren einfache Worte, die aber die ganze Dramatik der Ereignisse vor einem Jahr widerspiegelten. Es waren traurige und schmerzhafte Worte. Zugleich aber auch Worte voller Hoffnung auf eine bessere Zukunft, Worte voller Liebe. Auch König Philippe hat nach Ansicht der Zeitung den richtigen Ton getroffen. Er wünscht sich eine menschlichere Gesellschaft. Wörtlich sagte der König: "Lasst uns wagen, zärtlich zu sein." Das Staatsoberhaupt plädiert für einen liebevolleren Umgang miteinander, für mehr Brüderlichkeit.
AKn - Foto: Justin Tallis (afp)