"Polnische Regierung gegen Landsmann Tusk", titelt Le Soir. Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union werden heute bei ihrem Gipfel in Brüssel einen neuen Ratspräsidenten wählen. Alle EU-Staaten sind für eine zweite Amtszeit von Donald Tusk, der die Geschicke der Union in ihrer schwersten Krise leitet und das nach Ansicht vieler Mitgliedstaaten auch ganz ordentlich macht.
Alle sind zufrieden, außer Polen, bemerkt die Zeitung. Ausgerechnet das Heimatland des Amtsinhabers stellt sich quer. Genauer gesagt die national-konservative Regierung in Warschau und der mächtige PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski. Sie werfen Tusk vor, die polnischen Interessen nicht genug in Brüssel zu vertreten.
Das ist als EU-Ratsvorsitzender auch nicht die Aufgabe von Tusk, bemerkt das Blatt. Le Soir findet, dass sich die polnische Regierung mit ihrer Blockadehaltung lächerlich macht. Das hat man davon, wenn irrationale Kräfte die Macht ergreifen. Trump ist leider nicht allein, wettert die Zeitung.
Wilders und die zersplitterten Parteien
Het Laatste Nieuws befasst sich mit den bevorstehenden Wahlen in den Niederlanden in knapp einer Woche. Die größte Gefahr für unser Nachbarland ist nicht der Rechtspopulist Geert Wilders, so die Zeitung, sondern die Zersplitterung der Parteienlandschaft, zu der Politiker wie Wilders beitragen. Keine einzige Partei in Den Haag kommt noch auf 20 Prozent. Weder die PVV von Wilders noch die Liberalen von Premierminister Rutte, die Christdemokraten, die linksliberale D66, die Grünen, die Sozialisten oder die Sozialdemokraten.
Das Blatt nennt diese Parteien "die Sieben Zwerge von Den Haag". Hinzu kommen weitere, noch kleinere Formationen. Das niederländische Parlament besteht derzeit aus 14 Fraktionen. Zur Regierungsbildung sind unter Umständen sechs Parteien oder mehr nötig. Politischer Dauerstreit ist vorprogrammiert.
Zurück zu Wilders: Für Gazet van Antwerpen sind die Niederlande das dritte Land nach Großbritannien und den USA, in dem Wutbürger die Welt, wie wir sie bisher kannten, auf den Kopf stellen könnten. Bei Wahlen geht es heutzutage nicht mehr um einen Sitz mehr oder weniger im Parlament, sondern um die Grundfeste unserer Gesellschaft.
De Wever vs. Di Rupo: Ziemlich beste Feinde
De Standaard kommt auf ein Interview mit N-VA-Chef Bart De Wever zurück. Darin hatte er gestern erklärt, dass er 2019 keine Regierung mit der PS bilden werde, ohne konkrete Schritte hin zum "Konföderalismus", also zu einer weiteren Spaltung des Landes. PS-Chef Elio Di Rupo reagierte unverzüglich und erklärte, dass er das nicht zulassen werde.
Die beiden bleiben also ziemlich beste Feinde, konstatiert die Zeitung. Dabei muss sich etwas ändern: Die belgischen Staatsstrukturen sind äußerst komplex, redundant und kostspielig. Das politische System muss effizienter werden.
Genau an dieser Stelle hackt Het Belang van Limburg ein. Im Wahlkampf 2019 dürfte sich alles mal wieder um die Wahl zwischen dem Flandern von Bart De Wever und dem Belgien von Elio Di Rupo drehen. Keine leichte Wahl, meint die Zeitung.
Bildung, Publifin und Beleidigungen
L'Avenir blickt auf die Exzellenz-Strategie zur Modernisierung des Bildungswesens in der Französischen Gemeinschaft. Hintergrund sind die schlechten Leistungen der frankophonen Schüler in internationalen Vergleichsstudien. Bildungsministerin Marie-Martine Schyns will die gesamte Schullaufbahn überdenken. Angedacht ist, die Schüler später zu trennen. Bislang erfolgt das nach sechs Jahren Primarschule.
La Libre Belgique hält fest: Die Französische Gemeinschaft investiert genug in ihr Bildungswesen, allerdings werden die Mittel schlecht eingesetzt. Die Folgen sind ein großes Gefälle zwischen einzelnen Schulen und schlechte Leistungen. Mehrheit und Opposition sollten daher gemeinsam an der längst überfälligen Reform arbeiten.
L'Écho schlägt in dieselbe Kerbe. Was bringt eine halbherzige PS-CDH-Reform, wenn es in ein paar Jahren im Süden des Landes zu einem Machtwechsel kommt und Liberale und Grüne die Veränderungen rückgängig machen oder über den Haufen werfen? Die Parteien sollten die bestmögliche Ausbildung ihrer Kinder stets vor Augen haben, rät L'Écho.
L'Avenir blickt auf die heutige Sitzung des wallonischen Untersuchungsausschusses zu den Missständen bei Publifin. Mit Spannung wird die Anhörung des Verwaltungsratsvorsitzenden André Gilles erwartet. Krankheitsbedingt war er beim ersten Anhörungstermin im Parlament in Namur nicht aufgetaucht.
Die Zeitung hofft, dass Gilles von seiner bisherigen Position abrückt und die Schuld nicht nur auf Andere schiebt. Wenn er trotz der Ausmaße des Skandals bei seinem weltfremden Standpunkt bleibt, wäre das äußerst problematisch.
Het Nieuwsblad beschäftigt sich mit immer heftiger werdenden Beleidigungen im Internet. Nicht nur Politiker erhalten Droh- und Hass-Mails. Auch in unserer Zeitungsredaktion landen täglich derbe Schriftstücke. Schimpfwörter und bösartige Verunglimpfungen sind so was von fehl am Platz, findet die Zeitung. Man muss einen Standpunkt vertreten oder seinem Ärger Luft machen können, ohne die halbe Welt zu beleidigen.
Alain Kniebs -Archivbild: Benoit Doppagne/BELGA