"16 Stimmen zum Weltfrauentag", so die Schlagzeile von De Standaard. "Die neuen Gesichter des Feminismus", schreibt Le Soir auf Seite eins. Heute ist Weltfrauentag. De Standaard bringt kurze Interviews mit Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft, die sich durch die ganze Zeitung ziehen.
In vorderster Front ist da etwa Catherine De Bolle, die es als erste Frau an die Spitze der föderalen Polizei geschafft hat. Ihr großes Vorbild ist übrigens die französische Modeschöpferin Coco Chanel, die durch ihr Durchsetzungsvermögen zu einer der einflussreichsten Frauen des 20. Jahrhunderts geworden sei.
Le Soir beschäftigt sich mit den Frauen, die heute die feministischen Ideale hochhalten. Dazu gehört etwa die amerikanische R&B-Künstlerin Beyoncé.
Die neuen Gesichter des Feminismus
L'Écho bringt ein Interview mit der Ukrainerin Oksana Shachko. Die 30-Jährige ist Mitbegründerin der Feministinnen-Organisation Femen. Shachko lebt im Exil in Paris. Sie wirft einen eher pessimistischen Blick in die Zukunft: "Europa ist in großer Gefahr", sagt sie in L'Écho. Das gelte nicht nur für die Frauenrechte; angesichts der Erfolge von populistischen und nationalistischen Kräften seien unsere Freiheiten insgesamt in Gefahr.
Frauen wie Oksana Shachko oder auch Beyoncé oder die niederländisch-amerikanische Politikerin und Autorin Ayaan Hirsi Ali sind die neuen Gesichter des Feminismus, meint L'Écho in seinem Leitartikel.
Eigentlich hatte man gedacht, dass der Kampf der Frauen um Gleichberechtigung gewonnen ist. Für viele junge Frauen war Feminismus altmodisch, ein Relikt aus alten Zeiten. Die jüngsten politischen Entwicklungen, insbesondere das Wiedererstarken erzkonservativer Kräfte, zeigen jetzt aber, dass Emanzipation ein Thema ist und bleibt.
Le Soir sieht das ähnlich. Manchmal vergessen wir, wie privilegiert wir doch in unseren Gesellschaften sind, und dass das ganz in unserer Nähe mitunter ganz anders aussieht. Beispiel Polen: Dort versucht die christlich-konservative Regierung, das Rad zurückzudrehen, insbesondere was das Thema Abtreibung betrifft.
Mehr denn je müssen wir gewissermaßen "alle Feministen sein" und den Frauen in der Welt, deren Rechte in Gefahr sind, zeigen, dass sie nicht alleine sind, meint Le Soir.
"Männer sind Angsthasen"
Den Weltfrauentag sollten aber auch Männer zum Anlass nehmen, einmal in sich zu gehen, meint Het Nieuwsblad. Wenn Frauen in eine Rolle gedrängt werden sollen, die einem konservativen Weltbild entspricht, dann geht eine solche Entwicklung schließlich meist von Männern aus.
Seien wir doch mal ehrlich: Diese Männer sind "Pussys", meint Het Nieuwsblad wörtlich, Angsthasen, die sich angesichts einer starken Frau in die Hose machen. Nur deswegen versuchen sie, Frauen in die Ecke zu drängen.
Der Kampf um Gleichberechtigung ist und bleibt eine tägliche Herausforderung, meint La Libre Belgique. Denn auch bei uns gibt es weiterhin schreiende Ungerechtigkeiten. Unzählige Studien beweisen etwa, dass Frauen für die gleiche Arbeit immer noch nicht denselben Lohn erhalten.
Es ist noch ein langer Weg bis zu dem Tag, an dem ein Weltfrauentag überflüssig geworden wäre. Vergessen wir dabei nie die Worte des französischen Dichters Louis Aragon: "Die Frau ist die Zukunft des Mannes", so die Libre Belgique.
Comeback der Gemeinschaftspolitik
In vielen Zeitungen gibt es auch ein Comeback der Gemeinschaftspolitik. "Der Plan, der Belgien spaltet, ohne die Verfassung anzutasten", so etwa die Aufmachergeschichte von La Libre Belgique. Präsentiert haben diesen Plan zwei flämische Abgeordnete, nämlich Hendrik Vuye und Veerle Wouters.
Beide waren bis vor kurzem Mitglieder der N VA. Und die gemeinschaftspolitischen Hardliner sind also der Überzeugung, dass man keine Zweidrittel-Mehrheit braucht, um Flandern mehr Autonomie zu geben.
Vuye und Wouters glauben offensichtlich, dass sie nicht alleine sind: "Immer mehr Menschen plädieren uns gegenüber für die Schaffung einer neuen Partei", sagen die beiden im Interview mit Het Belang van Limburg. Allerdings bleibt es in flämischen Zeitungen auffallend still angesichts des Plans von Vuye und Wouters.
Und auch Bart De Wever scheint sein Lieblingsthema wieder entdeckt zu haben, nämlich die Gemeinschaftspolitik. De Wever denkt schon an die nächste Wahl in zwei Jahren und macht auf Seite eins von Het Belang van Limburg eine klare Ansage: "Keine Regierung mit der PS ohne Konföderalismus".
Heißt also: Man würde nur eine Koalition mit den Sozialisten eingehen, wenn man sich dabei zugleich auf eine weitreichende Spaltung einigt. Die N-VA nennt das Konföderalismus: Die Föderale Ebene würde sich dann also nur noch um das Nötigste kümmern, wie z.B. die Armee.
Hat sich Theo Francken zu früh gefreut?
Viele Zeitungen beschäftigen sich heute auch mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes über die Gewährung von humanitären Visa. Das Gericht entschied am Dienstag, dass kein Land gezwungen ist, solche Aufenthaltsgenehmigungen auszustellen.
"Theo Francken hat das Recht 'gewonnen', humanitäre Visa zu verweigern", schreibt denn auch Le Soir auf Seite eins. Das Wort "gewonnen" ist eine direkte Anspielung auf eine Twitter-Mitteilung des Asylstaatssekretärs.
"Gewonnen! Aber was denn?", fragt sich denn auch Het Nieuwsblad. Für Het Laatste Nieuws hat Francken allenfalls eine Etappe gewonnen, dafür aber noch längst nicht das ganze Rennen.
Tatsächlich hat sich der Europäische Gerichtshof nicht direkt über die Angelegenheit ausgesprochen, um die es ursprünglich ging, nämlich den Antrag einer syrischen Familie aus Aleppo. Zwar regelt das Gericht eine Grundsatzfrage, damit sind aber die in Belgien laufenden Verfahren nicht automatisch beendet.
"Freut sich Francken zu früh?", fragt sich denn auch De Morgen. Das Luxemburger Urteil löst nicht alle Probleme, meint auch Gazet van Antwerpen. Wenn legale Wege nach Europa versperrt bleiben, dann ist das eine gute Neuigkeit für Menschenschmuggler. Nur weil die Tür zu ist, nimmt dafür der Flüchtlingsstrom nicht ab. Deswegen sollte Francken jetzt nicht den Helden spielen.
rop - Bild: Paul Crock (afp)