"Glaubt das Volk dem Herrn François Fillon noch?", fragt sich De Morgen auf Seite eins. "François Fillon: wirklich ein Opfer der Justiz?", so die Schlagzeile von La Libre Belgique.
In Frankreich wirkt der Wahlkampf mit Blick auf die Präsidentschaftswahl im April beziehungsweise Mai schon immer chaotischer. Im Mittelpunkt steht der Kandidat der "Republikaner", François Fillon. Die Justiz wirft ihm ja vor, seine Frau angestellt und bezahlt zu haben, ohne dass sie dafür gearbeitet hätte. Jetzt geriet die Akte in eine Stromschnelle: Am 15. März, also in zwei Wochen, soll offiziell ein Strafverfahren gegen ihn eröffnet werden.
Für diesen Fall hatte Fillon noch vor wenigen Wochen seinen Rückzug in Aussicht gestellt. Bei einer mit Spannung erwarteten Pressekonferenz gab er am Mittwoch aber bekannt, um jeden Preis weitermachen zu wollen. Nicht die Justiz entscheide über sein Schicksal, sondern das Volk.
Mord oder politischer Harakiri?
Der Justiz warf der einstige selbsternannte "Saubermann" vor, ihn "politisch ermorden zu wollen". "Die Verteidigung von Fillon hat so einen Anstrich von Populismus", stellt denn auch Le Soir auf seiner Titelseite fest. Für L'Avenir ist Fillon so oder so am Ende: "Fillon bleibt Kandidat - ist das nun ein Mord oder politischer Harakiri?", fragt sich das Blatt auf Seite eins. La Libre Belgique geht dennoch der Frage nach, ob nicht doch an den Vorwürfen des Kandidaten was dran ist, ob es "die Justiz nicht doch auf François Fillon abgesehen hat".
In ihrem Leitartikel gibt die Zeitung den Beginn einer Antwort. Die Ermittlungen im Fall der mutmaßlichen Scheinbeschäftigung von Fillons Ehefrau und Kindern werden nicht mehr von "einfachen Polizisten" geführt, sondern von gleich drei unabhängigen Ermittlungsrichtern. Wenn an den Vorwürfen nichts dran wäre, dann wäre das Dossier wohl längst zu den Akten gelegt worden. Fillon agiert im Moment frei nach dem Motto: "Angriff ist die beste Verteidigung". Dabei vergisst er: Sein schlimmster Feind, das ist nicht die Justiz, das ist auch nicht die Presse, das ist François Fillon".
François Fillon, ein gefährlicher Populist?
"Der Mann hat sich auf der ganzen Linie disqualifiziert", wettert seinerseits Le Soir. In letzter Zeit hat François Fillon mehrmals Register gezogen, die aus dem Repertoire von Populisten wie Trump, Le Pen oder Wilders stammen könnten. Das Einzige, was Fillon noch von Le Pen unterscheidet, ist, dass er - im Gegensatz zur FN-Chefin - der Vorladung der Justiz Folge leisten will. Sein Angriff auf die Justiz macht ihn jedoch untragbar; zumal, wenn er die Bürger fast schon ausdrücklich zum Aufstand gegen die Justiz ermuntert. Wie soll ein solcher Mann noch der Garant der staatlichen Institutionen sein können?
François Fillon ist diskreditiert, meint auch L'Avenir. Frankreich hat etwas Besseres verdient als François Fillon, findet La Dernière Heure.
Für De Morgen ist François Fillon nur ein Symptom einer Krankheit, die überall auf der Welt um sich greift. Man denke an Trump, Putin oder Erdogan. Und auch in Belgien hat die N-VA gerade erst eine Internetkampagne gegen die angeblich "weltfremde" Justiz gefahren. François Fillon spielt hier mit dem Feuer. In wenigen Wochen entscheiden die französischen Wähler auch indirekt über die Zukunft der Europäischen Union. Wenn ein demokratischer Politiker in einem solchen Augenblick den Rechtsstaat torpediert, dann ist das äußerst gefährlich.
"Die EU wehrt sich nicht mehr"
Apropos EU. "Jean-Claude Juncker enthüllt seine Denkansätze über die Zukunft der Europäischen Union nach dem Brexit", titelt L'Écho. Der EU-Kommissionspräsident hat am Mittwoch im EU-Parlament fünf Szenarien präsentiert und die decken quasi das gesamte Spektrum der Möglichkeiten ab, von "Wir machen weiter wie bisher" über die "Vereinigten Staaten von Europa" bis "Die EU gibt Zuständigkeiten ab". "Weniger Europa ist kein Tabu mehr", stellt denn auch De Standaard auf seiner Titelseite fest.
Europa verteidigt sich nicht mehr, meint das Blatt denn auch in seinem Leitartikel. Juncker beschränkt sich darauf, verschiedene Optionen in den Raum zu stellen, wobei er keine klare Position ergreift. Vor kaum einem Jahr wäre das noch undenkbar gewesen. Das ist wohl der letzte Beweis dafür, wie tief die EU in der existentiellen Krise steckt.
Europa mangelt es an Ehrgeiz, konstatiert auch L'Écho. Am Mittwoch wirkte es, als habe der europäische Routinier Jean-Claude Juncker die Waffen gestreckt. Natürlich könnte sein Weißbuch mehr Ambition zeigen, man lässt ihn aber nicht.
Was am Mittwoch passiert ist, das ist ein Trendbruch, meint Het Nieuwsblad. Kurz vor dem 60. Geburtstag der EU stellt ein Kommissionspräsident wertfrei fünf Optionen in den Raum, von denen einige auf einen Rückbau der europäischen Integration hinauslaufen würden. Juncker selbst gibt keine Richtung vor. Einerseits ist das bestimmt eine Form von Kapitulation. Zugleich zeugt das aber auch von einer realistischen Einschätzung der eigenen Macht. Im Endeffekt entscheiden die Mitgliedsstaaten, allen voran Frankreich und Deutschland.
Von "The Donald" zum "Mister President"
Auf einigen Titelseiten prangen schließlich Fotos von Donald Trump. Der US-Präsident hat am Mittwoch seine erste Rede vor dem Kongress gehalten. Dabei wirkte er durchaus gemäßigter: "Wir haben einen neuen Trump gesehen", bemerkt etwa Het Belang van Limburg auf Seite eins.
"Fifty Shades of Trump", schreibt dazu Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Dieser Donald Trump verfügt also doch über Grauzonen. Zum Beispiel scheint er verstanden zu haben, dass häufig eben der Ton die Musik macht. Vielleicht stimmt das Sprichwort ja doch, wonach am Ende immer noch das Amt den Menschen formt. Inhaltlich bleibt Trump zwar auf Kurs, aber immerhin scheint aus "The Donald" inzwischen doch ein "Mister President" geworden zu sein.
Roger Pint - Bild: Christophe Archambault/AFP