"Die N-VA will ein flämisches 'Unia'", titelt De Standaard. "Die N-VA steht mit ihrer Kritik an Unia alleine da", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws.
Die flämische Nationalisten-Partei hat am Wochenende einen massiven Angriff auf Unia gestartet. Unia, das ist der neue Name des früheren "Zentrums für Chancengleichheit und Rassismusbekämpfung". Den Auftakt machte ausgerechnet die neue Staatssekretärin, zuständig eben für Chancengleichheit, nämlich die N-VA-Politikerin Zuhal Demir. Ihr Vorwurf: Unia verteidige in erster Linie ausländischstämmige Menschen. Demir bezeichnete die Haltung der Einrichtung als "lächerlich". Flankiert wurde sie dabei von ihrer Parteikollegin, der flämischen Innenministerin Liesbeth Homans. Beide N-VA-Politikerinnen nahmen es dabei offensichtlich mit den Tatsachen nicht allzu genau.
"Welche Argumente stimmen eigentlich?", fragt sich jedenfalls Het Nieuwsblad auf Seite eins und liefert einen Faktencheck. Das Resultat, auf den Punkt gebracht: "Halbe Wahrheiten, ganze Lügen". Beispiel: Liesbeth Homans hatte in einem Presseinterview angegeben, dass 47 Prozent der anerkannten Flüchtlinge nicht lesen und schreiben könnten. Tatsächlich beläuft sich der Anteil der Analphabeten auf 17 Prozent. Und diese Zahl kommt ausgerechnet aus ihrer eigenen Verwaltung. Anderes Beispiel: Zuhal Demir hatte behauptet, Unia kümmere sich viel zu häufig um Rassismus-Klagen und vernachlässige andere Formen von Diskriminierung. In Wahrheit betreffen immerhin vier von zehn behandelten Beschwerden eine Diskriminierung aufgrund von Behinderung oder Alter.
Rotes Tuch "interföderal"
"Homans und Demir liefern hier gerade ein Zerrbild unserer Arbeit", beklagt denn auch in Le Soir Patrick Charlier, der Direktor von Unia. "Was die N-VA wohl vor allem stört, das ist die Tatsache, dass Unia eine gut funktionierende Einrichtung ist", meint Charlier in La Libre Belgique.
Der Vorstoß der N-VA sorgte denn auch für einen Sturm der Kritik: Die linken Oppositionsparteien SP.A und Groen bescheinigten der Nationalisten-Partei die Methoden von Rechtsradikalen. Und auch die Koalitionspartner CD&V und OpenVLD distanzierten sich. De Morgen dreht denn auch den Spieß um: "Homans steht einmal mehr unter Beschuss", schreibt das Blatt auf Seite eins.
De Standaard sucht seinerseits auf Seite eins nach den möglichen Motiven für die koordinierte Attacke auf Unia. Die These: Unia ist der Partei von Bart De Wever in erster Linie ein Dorn im Auge, weil es sich nach wie vor um eine sogenannte "interföderale" Einrichtung handelt, die also für Flamen und Frankophone gleichermaßen zuständig ist. Die N-VA hätte da wohl lieber eine rein flämische Struktur.
Das könnte der Partei wohl so passen, meint De Standaard sinngemäß in seinem Leitartikel. Die N-VA hofft wohl, in dem Moment ihren Einfluss auf die Antidiskriminierungseinrichtung verstärken zu können. An sich ist es nicht neu, dass die N-VA mit Unia ein Problem hat. Gestern wie heute fehlen ihr aber objektive Argumente. Und an einer Tatsache wird sich so oder so nichts ändern: Ein flämisches Unia wäre mit Sicherheit teurer.
Mehr denn je scheint das Wörtchen "interföderal" ein rotes Tuch für die flämischen Nationalisten zu sein, stellt La Libre Belgique fest. Die Abneigung gegen alle Strukturen, in denen die Flamen nicht alleine das Sagen haben, ist offensichtlich so groß, dass die Damen Demir und Homans das Wesentliche aus den Augen verlieren: Beide sind im weiteren Sinne für Chancengleichheit und Armutsbekämpfung zuständig und sollten sich eben dieser Aufgabe dann auch widmen. Allenfalls mag die derzeitige Polemik darauf hindeuten, wie nervös die N-VA nach der Bracke-Affäre ist.
N-VA-Nebelkerzen
Der Angriff auf Unia lässt tief blicken, meint De Morgen. Die flämischen Nationalisten sind es offensichtlich leid, dass man die Flamen regelmäßig mit Rassismusvorwürfen "belästigt". Und machen wir uns nichts weis, diese Haltung wird von einem Großteil der N-VA-Wählerschaft geteilt. Bis zum Beweis des Gegenteils entspricht das aber immer noch nicht der absoluten Mehrheit, geschweige denn allen Flamen.
"Jetzt reicht's!", wettert seinerseits Le Soir in einem wütenden Kommentar. Das Niveau ist im Keller! Eine Ministerin beziehungsweise eine Staatssekretärin schmeißen hier mit Vereinfachungen und sogar Unwahrheiten um sich. Eine Politik, die am Ende auf der Grundlage von Karikaturen argumentiert, die können und wollen wir nicht mehr sehen.
Het Nieuwsblad schlägt exakt in dieselbe Kerbe: Wenn Unia wirklich so schlecht arbeitet, warum kann man das denn nicht mit Zahlen belegen, die zumindest einer ersten, oberflächlichen Überprüfung standhalten? Klar: Kritik an Unia ist durchaus erlaubt, vielleicht in Teilen auch gerechtfertigt. Dann aber bitte ausschließlich auf der Grundlage von Fakten. Man wird den Eindruck nicht los, dass die N-VA hier allein von der Bracke-Affäre ablenken will, nach dem Motto: "Oh guck mal da, ein Unia".
Filmreifer Ausbruch und die Wiedergeburt des "Unkaputtbaren"
"Gangster türmt aus dem Gefängnis von Lantin", so die Schlagzeile von Het Belang van Limburg. La Dernière Heure weiß auch, wer es ist: "Mustapha Iken ist ausgebrochen", schreibt das Blatt. Es handelt sich dabei wohl um einen gewaltbereiten Mann, der wegen bewaffneten Raubs im Gefängnis saß. Komplizen halfen ihm bei dem Ausbruch: Sie steckten zwei Autos in Brand und platzierten eine Leiter, damit er über die Mauer klettern konnte. Het Nieuwsblad fasst zusammen: "Topgangster flüchtet nach Kommando-Angriff auf Gefängnis".
Fast alle Zeitungen schließlich berichten am Montag über das Comeback eines Kult-Handys: "Das legendäre Nokia 3310 ist zurück", so etwa die Schlagzeile auf Seite eins von La Dernière Heure. Man erkennt das Gerät spätestens, wenn man es sieht: Es ist, man könnte sagen, der "gute, alte Nokia-Knochen", den vor zehn, fünfzehn Jahren jeder Zweite in der Tasche hatte.
Das unkaputtbare 3310, erinnert sich nostalgisch La Dernière Heure in ihrem Leitartikel. Das war die Zeit, als die Batterien noch ewig hielten, als man noch nicht einen Kredit aufnehmen musste, wenn der Touchscreen des Smartphones auf dem Küchenboden zerschellte. Die Renaissance des 3310 hat jedenfalls schon eins erreicht, nämlich, dass wir unsere Handy-Gewohnheiten noch einmal hinterfragen, nach dem Motto: Eigentlich ist es doch nur ein Mobiltelefon.
Roger Pint - Bild: Eric Lalmand/BELGA