"Brackes Bumerang", titelt Het Nieuwsblad. "Viel Kritik an Bracke innerhalb der N-VA", hält Gazet van Antwerpen fest. Bei La Libre Belgique heißt es: "Flämische Nationalisten jetzt auch in Skandal verwickelt".
Kammervorsitzender Siegfried Bracke (N-VA) ist zugleich Oppositionsführer in seiner Heimatstadt Gent. Im Zuge der PubliPart-Affäre und nach dem Rücktritt des SP.A-Schöffen Tom Balthazar wetterte Bracke großspurig gegen die Machenschaften der Sozialisten. Doch nur wenige Stunden später geriet der N VA-Politiker selbst in den Strudel der Kritik, als bekannt wurde, dass der föderale Parlamentspräsident nebenbei als Berater für den Telekommunikationskonzern Telenet tätig ist.
Wie De Morgen berichtet, räumt Bracke zwar seinen Posten bei Telenet, die Diskussionen gehen aber weiter – auch innerhalb der N-VA. Bislang hat kein Spitzenpolitiker der flämischen Nationalisten Partei für Bracke ergriffen. Auch seine Spitzenkandidatur für die Stadtratswahl 2018 in Gent wird parteiintern in Frage gestellt.
Bracke hat Grube selbst gegraben
Das hat Siegfried Bracke sich selbst zuzuschreiben, meint Gazet van Antwerpen. Man kann es drehen und wenden, wie man will: Der Mann ist zum Problem für die N-VA geworden. Het Nieuwsblad schlägt in dieselbe Kerbe: Was für eine Bauchlandung für den selbsternannten Kommunikationsstrategen der flämischen Nationalisten. Man kann Bracke viele Qualitäten zusprechen, Ethik und Moral gehören aber ganz sicher nicht dazu.
Das war schon früher der Fall, als Bracke noch Fernsehjournalist war. Unter dem Decknamen Valère Descherp verfasste er Meinungsbeiträge für die Sozialisten in diversen Zeitungen. Bescheidenheit gehört ebenfalls nicht zu Brackes Stärken. Obwohl er im Glashaus sitzt, hat er wie wild mit Steinen um sich geworfen und sich so möglicherweise sein eigenes politisches Grab geschaufelt.
Auch inhaltlich muss man sich Fragen stellen: Was zum Teufel hatte der Kammervorsitzende, der 16.000 Euro netto im Monat verdient, in einem Beratungsorgan von Telenet zu suchen? Die Zeitung spricht von einem "unverzeihlichen Fehler". Der einzige Grund, warum so eine Doppelfunktion nicht gesetzlich verboten ist, kann nur sein, dass niemand jemals geglaubt hätte, dass jemand so etwas tun würde.
Het Laatste Nieuws findet: Was ethisch und moralisch ist, kann kein Gesetz entscheiden. Das entscheiden am Ende zwei Personen: die Politiker selbst und die Wähler. Eins muss aber gewährleistet sein: die maximale Transparenz. Welche Mandate bekleidet ein Politiker und was bekommt er dafür gezahlt? – All das muss öffentlich bekannt sein.
Gewünscht: Integrität, Ehrlichkeit und Anstand
De Standaard notiert: Integrität, Ehrlichkeit und Anstand – das erwarten wir von unseren gewählten Volksvertretern. Es ist traurig, dass Bracke und viele andere ihren moralischen Kompass anscheinend verloren haben. Dass ihr Vorgehen nicht illegal war, tut nichts zur Sache. Was hängen bleibt, ist ein desaströses Bild der Politik. Daher gibt es nur eine Lösung: Die neuen Regeln werden knallhart sein müssen. Es darf keinen Millimeter Spielraum mehr geben. Politik muss heißen: kein Interessenkonflikt, keine lukrativen Nebenjobs, kein Postengeschacher, kein Machtmissbrauch und auch keine Ämterhäufung. Das sollte nicht zu viel verlangt sein, urteilt De Standaard.
Nach dem Publifin-Skandal in der Wallonie und PubliPart in Flandern merkt La Libre Belgique ganz allgemein an: Politiker hierzulande werden gut bezahlt, aber nicht übermäßig. Problematisch ist das Verhalten einiger Gauner und Schlitzohren, die öffentliche und private Mandate kumulieren und dabei bis zu zehn Mal mehr als der Premierminister verdienen.
L'Avenir fügt hinzu: Um auf die aktuellen Skandale zu reagieren, verhalten sich viele Politiker derzeit kopflos – wie kleine Bengel, die man mit beiden Armen bis zu den Ellenbogen im Marmeladentopf steckend, erwischt hat. Schlimm ist, dass viele scheinbar nichts verstanden haben. Sie versprechen jetzt schnell, schnell Reformen. Dabei wollen die Bürger etwas anders: nachhaltige Veränderungen, eine Kultur der Transparenz sowie eine ehrliche Politik.
Neues Fußballstadion in Gefahr
"Neues Eurostadion steht vor dem Aus", titelt Het Laatste Nieuws. Rekordlandesmeister RSC Anderlecht überlegt, sich aus dem neuen Fußballstadion zurückzuziehen. Das wäre der Todesstoß für das Bauprojekt, analysiert das Blatt.
Dazu schreibt Het Belang van Limburg: Belgien ist das Land des Stillstands geworden. Ob Fluglärm in Brüssel, Autobahnring in Antwerpen, Shoppingcenter Uplace oder eben das neue Fußballstadion für die EM 2020. Die europäische Hauptstadt Brüssel muss einer der Austragungsorte dieser europaweiten EM sein. Doch weil die Gemeinde Grimbergen sich weigert, einen nicht mehr existierenden Fußweg der Kommune abzutreten, ist die Baugenehmigung in weite Ferne gerückt. Fazit: So etwas Surreales, kann nur in einem surrealen Land passieren.
Alain Kniebs - Foto: Dirk Waem/BELGA