"Jetzt gibt es auch einen flämischen Publifin-Skandal", titelt Het Laatste Nieuws. Alles dreht sich demnach um die Gesellschaft PubliPart. Die ist ihrerseits eine Tochter einer Interkommunalen, an der die Stadt Gent zu zwölf Prozent beteiligt ist. Im Verwaltungsrat der Interkommunalen sitzen zwei Schöffen der Stadt.
Het Laatste Nieuws fasst zusammen: "Hier werden astronomische Sitzungsgelder bezahlt, Pöstchen verteilt und mit öffentlichen Geldern dubiose Anlagegeschäfte abgewickelt." Das beißende Fazit: "Sie glauben, Publifin soll eine rein wallonische Krankheit sein? Dann kennen Sie PubliPart noch nicht." Wie Het Laatste Nieuws weiter berichtet, sollen die 17 Vorstandsmitglieder insgesamt 360.000 Euro brutto pro Jahr kassieren. "Bei PubliPart kriegen Sie 360.000 Euro für... ja, wofür eigentlich?", fragt sich auch zynisch De Morgen.
Tatsächlich scheint niemand zu wissen, was PubliPart eigentlich genau macht. Offensichtlich verwaltet das Unternehmen ein Portfolio von Aktien und Anteilen. Bei diesen Investitionen steht die Ethik aber anscheinend nicht im Vordergrund: PubliPart hält Anteile an einer Firma, die Chemiewaffen herstellt, schreibt De Morgen. Ein Vertreter einer Nichtregierungsorganisation zeigt sich jedenfalls geschockt.
Auch andere Zeitungen haben sich offensichtlich auf die Suche nach einem "neuen Publifin" gemacht: La Libre Belgique glaubt, fündig geworden zu sein. "18.000 Euro pro Jahr, um Präsidentin einer unnützen VoE zu sein", so die bissige Schlagzeile auf Seite eins. Besagte VoE ist in Mons angesiedelt. Ihr Geschäftsfeld ist laut Eigendarstellung die elektronische Datenverarbeitung.
Dieses "Centre d'Informatique du Hainaut" ist aber im Wesentlichen eine leere Hülse, meint das Blatt sinngemäß. Und doch haben die Vorsitzende und ihr Vizepräsident im Durchschnitt 3.000 Euro pro Verwaltungsratssitzung kassiert. La Libre Belgique spricht vom "Hennegauer Publifin". Die Verwaltungsratsvorsitzende, die PS-Politikerin Annie Taulet, weist diesen Vergleich aber entschieden zurück.
Anderswo laufen derweil Aufräumaktionen, die man als Folge des Publifin-Skandals betrachten kann: "In Brüssel soll 2018 Schluss sein mit der Ämterkumulation", so etwa die Aufmachergeschichte von Le Soir. Demnach arbeitet die Hauptstadtregion Brüssel an einer entsprechenden Gesetzgebung. Lanciert wurde die Idee von der Brüsseler PS-Sektion. Ziel ist also, dass bereits ab dem kommenden Jahr Politiker nur noch ein einziges öffentliches Amt bekleiden dürfen.
Die Trumpisierung der Fillons
La Libre Belgique beschäftigt sich indes in ihrem Leitartikel mit der Affäre um den Präsidentschaftskandidaten der französischen Konservativen, François Fillon. Hier geht es ja um die mutmaßliche Scheinbeschäftigung von dessen Frau. In den letzten Tagen hat Fillon wiederholt der Presse Parteinahme und Kampagnenjournalismus vorgeworfen.
Das ist eines angeblich seriösen Politikers unwürdig, meint La Libre. Solche Methoden kannten wir bislang nur von Populisten und Diktatoren, die ja im Zweifel immer gerne auf den Überbringer der Nachricht schießen. Wenn jetzt aber auch schon Kandidaten von traditionellen Parteien Journalisten, die die Wahrheit sagen, fast schon buchstäblich ans Kreuz nageln wollen, dann ist das sehr bedenklich.
Le Soir macht seinen Leitartikel an der Ehefrau von François Fillon fest, Penelope. Die spielt in dem Schmierentheater um ihren Mann eine sehr traurige Rolle, die sich im Grunde nur darauf beschränkt, ihrem François lächelnd, aber möglichst stumm zur Seite zu stehen. Sie reiht sich damit in die Melanias, Ivankas und Kellyannes ein, die Frauen aus dem Umfeld von Donald Trump ein.
Seine Frau Melania ist Teil der Dekoration, seine Tochter Ivanka kann ihre Modekollektion nicht ohne die Hilfe des Weißen Hauses verkaufen. Und seine Sprecherin, Kellyanne Conway, gibt regelmäßig das dümmliche Groupie. Schlechte Zeiten für Frauenrechtlerinnen.
Unmut in der Armee über Privatisierungen und "Flamisierung"
"Das Verteidigungsministerium schaltet den Privatsektor ein, um Kasernen zu bewachen", schreibt derweil Het Nieuwsblad auf Seite eins. Der Ministerrat hat gestern einen Gesetzesvorschlag verabschiedet, der es erlaubt, Privatbetriebe bei der Armee einzusetzen. Pilotprojekt ist eine Kaserne in Heverlee bei Löwen, die also jetzt von einem privaten Sicherheitsdienst bewacht werden soll. Bei der Armee kommt die Maßnahme anscheinend nicht so gut an: "Unser Material soll jetzt von Zivilisten bewacht werden? Schon ein bisschen komisch", sagt ein Gewerkschafter in Het Nieuwsblad.
Auch La Dernière Heure beschäftigt sich mit der Armee. "Die 'Flamisierung' der Streitkräfte geht weiter", schreibt das Blatt. Es gibt ja schon länger auf frankophoner Seite den Vorwurf, dass die Armee zu flämisch ist, und diese Entwicklung gehe munter weiter, meint die Zeitung. Beispiel: Das Hauptquartier der Landstreitkräfte soll von Marche-en-Famenne ins flämische Heverlee verlegt werden. "Ich fühle mich verraten, angewidert", sagt ein nicht genannter Soldat.
Regierung sieht sich durch positive Wirtschaftsdaten bestätigt
Einige Blätter kommen zurück auf die positiven Wirtschaftsdaten, die die Nationalbank und das Planbüro in den letzten Tagen bekanntgegeben haben. Grob zusammengefasst: Im vergangenen Jahr wurden knapp 60.000 neue Arbeitsplätze geschaffen; in diesem Jahr soll das Wirtschaftswachstum höher ausfallen als zunächst gedacht.
Die Regierung sieht sich in ihrer Politik bestätigt. Und das ist nachvollziehbar, meint L'Avenir in seinem Leitartikel. Jede Regierung würde solch positive Neuigkeiten als die Früchte ihrer Politik bezeichnen. Wenn die Gewerkschaften auf die Kehrseiten verweisen, dann entspricht das aber auch der Realität. Viele Menschen haben an Kaufkraft eingebüßt, vielen wurden die Sozialleistungen zusammengestrichen. Was lernen wir daraus? Ja, es geht bergauf, um das zu merken, muss man aber eher zu den Gutbetuchten gehören.
De Standaard empfiehlt seinerseits der Regierung, nicht übermütig zu werden. Die Equipe um Charles Michel sollte die ersten Früchte ihrer Politik jetzt möglichst klug und zielgerichtet einsetzen. Priorität sollte dabei etwa die Modernisierung unserer Verkehrsnetze haben. Nachhaltigkeit, das ist das Zauberwort. Nur, wenn man in die Zukunft investiert, sind neue Schulden vertretbar.
Roger Pint - Archivbild: Eric Feferberg/AFP