"François Fillon will es zu Ende bringen", titelt La Libre Belgique. "Er eröffnet damit aber einen Boulevard für Marine Le Pen", scheint De Morgen einzuhaken.
François Fillon, der Präsidentschaftskandidat der französischen Konservativen, steht gewaltig unter Druck. Nach den Enthüllungen über die angebliche Scheinbeschäftigung seiner Frau in seinen diversen Beraterstäben gab es gestern neue Negativschlagzeilen. Demnach soll er auch seine beiden Kinder für angebliche Beratertätigkeiten vergleichsweise gut entlohnt haben. Sein bisheriges Saubermann-Image ist damit kaum noch aufrechtzuerhalten.
Innerhalb seiner Partei, der Republikaner, mehren sich denn auch die Stimmen, Fillon möge doch bitte seine Kandidatur zurückziehen. "Wenn jemand von der ganzen Sache profitiert, dann ist das jedenfalls der rechtsextreme Front National", warnt De Morgen. Sollte Fillon am Ende sogar ausfallen, dann gibt es für die FN-Frontfrau Marine Le Pen keine Konkurrenz mehr innerhalb der ethisch-konservativ-religiösen Wählerschaft.
Grünes Licht für May
In Großbritannien hat derweil das Unterhaus grünes Licht für den Ausstieg des Landes aus der Europäischen Union gegeben. "Theresa May darf den Brexit auslösen", so resümiert es Het Belang van Limburg auf Seite eins. Das Parlament schloss sich damit also dem Votum der Bürger beim Referendum vom Juni 2016 an.
Spätestens jetzt ist der Brexit unumkehrbar, notiert dazu De Morgen in seinem Leitartikel. Jetzt droht Großbritannien auch eine wirtschaftliche Insel zu werden. Besorgniserregend ist in diesem Zusammenhang die doch zaghafte Reaktion von Belgien und anderen unmittelbaren Nachbarstaaten. Da mag es wohl immer noch Leute geben, die im Stillen darauf hoffen, dass die Folgen am Ende etwa für Belgien doch nicht so dramatisch sein werden. Sich den Briten anzubiedern, das wäre aber der falsche Weg. Vielmehr muss der Brexit eine Chance sein, um die EU in ihrer Gesamtheit zu stärken.
Het Laatste Nieuws zieht seine eigenen Schlussfolgerungen: Der Brexit ist nur ein Beispiel für Entscheidungen, die vor allem die kommenden Generationen betreffen. Daneben gibt es auch Probleme wie den Klimawandel oder die Energiewende. All das betrifft in erster Linie die Zukunft unserer Kinder. Zugleich muss man feststellen, dass der Anteil der Senioren an der Gesamtbevölkerung zunimmt. Wie kann man vermeiden, dass 70- bis 100-Jährige den jungen Menschen ihre Zukunft stehlen? Eine Möglichkeit wäre, die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre.
Publifin-Skandal: Eine verpasste Chance
Vor allem die frankophonen Blätter beschäftigen sich weiterhin intensiv mit der Publifin-Affäre. "Bei Nethys ist die Ämterhäufung sehr rentabel", so etwa die Aufmachergeschichte von Le Soir. Demnach haben die drei Vertreter der Provinz Lüttich, André Gilles, Georges Pire und Dominique Drion für diverse Aufsichtsratposten bei der Publifin-Tochter zwischen 150.000 und 365.000 Euro brutto pro Jahr kassiert.
"Und die alten Krokodile bleiben am Drücker", stellt De Standaard fest. Gemeint ist insbesondere Nethys-Chef Stéphane Moreau, der zwar sein Amt als Bürgermeister von Ans aufgegeben hat, aber trotzdem weiter Geschäftsführer von Nethys bleibt.
Für besonders viel Wirbel sorgt aber die gestrige Entscheidung des wallonischen Parlaments, die unter anderem auf der Titelseite von L'Echo steht: "Kein Untersuchungsausschuss für Publifin", schreibt das Blatt. Zwar will das Parlament den Skandal durchleuchten; dafür soll aber lediglich eine "Sonderkommission" eingesetzt werden; ein Untersuchungsausschuss hätte dagegen deutlich weiterreichende Möglichkeiten gehabt.
Das ist eine verpasste Chance, meint L'Echo in seinem Leitartikel. Die Opposition, allen voran die Liberalen und die Grünen, können jetzt nach Herzenslust weiter behaupten, dass die Koalition aus PS und CDH wohl offensichtlich etwas zu verbergen hat. Die Wallonie und Transparenz, das geht offensichtlich immer noch nicht zusammen.
Was haben PS und CDH zu verbergen?, fragt sich auch provokativ La Libre Belgique. Besonders befremdlich ist die Aussage, dass es hier nicht darum gehen dürfe, einzelne Verantwortliche an den Pranger zu stellen. Das ist mal wieder typisch. Hier gilt also: Alle sind ein bisschen schuld, keiner ist verantwortlich.
Die wallonischen Mehrheitsparteien begehen hier einen schweren Fehler, wettert Le Soir. Es gibt kein Argument, das gegen einen Untersuchungsausschuss sprechen könnte. Nicht eins! Mit ihren ungeschickten Rechtfertigungsversuchen, warum eine Sonderkommission wohl geeigneter wäre, verkauft die wallonische Koalition die Bürger für dumm.
Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss, das ist und bleibt das einzige Mittel, um Licht in das Publifin-Geflecht zu bringen, ist auch L'Avenir überzeugt. Indem sie das verweigern, halten die Namurer Zauberlehrlinge den Deckel auf dem Kochtopf; ohne zu bemerken, dass der kurz davor steht, zu explodieren.
Nichts kapiert haben sie! So wettert La Dernière Heure. Ein Kommissiönchen haben sie eingesetzt, um den größten Skandal der letzten 15 Jahre auszuleuchten. Es ist einfach nur jämmerlich.
Honigbienen in Gefahr
Beängstigende Schlagzeile schließlich auf Seite eins von De Standaard: "Aggressives Virus befällt nun auch flämische Bienen", schreibt das Blatt. Ohne Wissenschaftler zu sein, darf man davon ausgehen, dass das Problem wohl auch die frankophonen Bienen betreffen könnte. Fakt ist jedenfalls: Ein neuer Virusstamm bedroht die Honigbienen; die bereits bekannte Krankheit wird dadurch noch aggressiver. Die Folge: Das Bienensterben verschärft sich. Anscheinend ist schon die Hälfte aller Bienenvölker vom neuen Virus befallen.
RoP - Foto: Pierre Constant (afp)