"Brüsseler S-Bahn-Netz noch immer nicht auf der Schiene", titelt De Standaard. "Verteilungsschlüssel ungünstig für die Wallonie", bemerkt La Libre Belgique. Bei Le Soir heißt es: "Der Fluch des belgischen Systems".
In einem Montag vorgelegten Bericht kritisiert der Rechnungshof das Schnellbahnnetz um Brüssel. Um das wichtige Mobilitätsprojekt fertigzustellen, fehlen 800 Millionen Euro. Außerdem wird es noch mindestens zehn Jahre dauern, bevor die Arbeiten abgeschlossen sind. Geplant wird an der Brüsseler S-Bahn seit dem Ende der 1980er Jahre.
Vor allem auf den wallonischen Strecken ab Nivelles und Ottignies stocken die Arbeiten. Mitschuld daran ist laut Rechnungshof der Verteilerschlüssel, der vorsieht, dass jedes Jahr 60 Prozent der Infrastrukturausgaben bei der Bahn in Flandern getätigt werden müssen und 40 Prozent in der Wallonie.
Belgische Krankheiten
Dazu meint La Libre Belgique: Die Schnellbahn sollte eigentlich alle Ortschaften im Umkreis von 30 Kilometern um Brüssel rasch mit der Hauptstadt verbinden. Schnell ist an der belgischen S-Bahn aber bislang nur ihr Name. Das Großprojekt ist sämtlichen belgischen Krankheiten zum Opfer gefallen: Gewisse Zuständigkeiten wurden an die Teilstaaten übertragen. Die Mittel werden nicht nach Bedarf verteilt, sondern nach starren Schlüsseln. Die öffentliche Hand investiert zu wenig in die Infrastruktur. Es sind zum Teil unfähige Politiker am Ruder und es fehlt an einer Langzeitvision.
Le Soir kommt zum selben Schluss: Belgiens Kompromisskultur hat einen entscheidenden Nachteil – in gewissen Angelegenheiten kommen wir nicht vom Fleck. Sei es in der Fluglärm-Akte über Brüssel oder bei der S-Bahn. So langsam muss man den Eindruck haben, dass unser Land den großen Herausforderungen nicht gewachsen ist. Für das Image des Staates und seiner Lenker ist so etwas tödlich, gibt die Zeitung zu bedenken.
Atomausstieg und Publifin
De Morgen befasst sich mit dem für 2025 beschlossenen Atomausstieg. In acht Jahren soll das letzte belgische Kernkraftwerk vom Netz gehen. Alle Parteien wollen an diesem Termin festhalten – bis auf die N-VA, wie das Blatt hervorhebt. Für die flämischen Nationalisten muss die Stromversorgung in Belgien gewährleistet sein.
Dieses Argument lässt Het Belang van Limburg nicht gelten. Bereits 2003 hatte Belgien den Atomausstieg beschlossen. Trotz dieser Entscheidung mit einer klaren Zeitvorgabe hat die Politik es in den vergangenen Jahren versäumt, nach Alternativen zu suchen. Findet auch Het Laatste Nieuws. Deutschland hat seine Energiewende bereits vor 15 Jahren eingeläutet. Gebt also Gas, liebe belgische Politiker, so das Blatt.
Mehr als einen Monat nach Ausbruch des Publifin-Skandals stellt Le Soir auf Seite eins fest: Immer noch sind viele Fragen offen. Es hat zwar Rücktritte gegeben, die wallonische Regierung hat Reformen versprochen, aber wir wissen immer noch nicht, wer für die dubiosen Praktiken im Lütticher interkommunalen Zweckverband verantwortlich ist und warum es so lange gedauert hat, bis die Affäre mit den horrenden Sitzungsgeldern ans Licht kam.
Laut La Libre Belgique muss sich PS-Chef Elio Di Rupo immer mehr Kritik aus den eigenen Reihen gefallen lassen. Viele Sozialisten an der Basis sind zutiefst schockiert über die Machenschaften bei Publifin und Co. Sie verstehen nicht, warum ihr Parteichef so zaghaft und zurückhaltend auf den Skandal reagiert hat. Hinter vorgehaltener Hand stellt man sich laut La Libre bei der PS die Frage, ob Di Rupo noch der richtige Mann auf dem Chefsessel ist.
"Neues vom Trumpeltier"
"Trump schaut lieber Fernsehen als auf die Ratschläge seiner Generäle zu hören", titelt De Standaard. Ehemalige Mitarbeiter des Multimilliardärs und anonyme Quellen aus dem Weißen Haus erklären, dass Trump sich nicht lange auf eine Sache konzentrieren kann und stattdessen lieber TV schaut. Nicht selten rege er sich dann über die Berichterstattung über ihn auf, heißt es weiter.
L'Écho macht sich große Sorgen: Was soll diese Präsidentschaft bloß geben? Nach nur einer Woche im Amt hat der neue US-Präsident schon die abstrusesten Dekrete erlassen, wie etwa das Einreiseverbot für Bürger aus sieben muslimischen Staaten. Die Demokratie wird ganz schön auf die Probe gestellt, findet das Blatt. Hoffentlich halten die "Gegenmächte" wie die Justiz, die protestierenden Bürger und die Medien das aus.
Het Nieuwsblad fügt hinzu: Der Protest gegen Trump muss nicht laut sein, er wird vor allem lange anhalten müssen. La Dernière Heure befürchtet, dass das Einreiseverbot von einigen wie eine Einladung, Jagd auf Muslime zu machen, verstanden werden könnte – siehe Schießerei in einer Moschee in Québec.
Die Trump-Anhänger sollte man im Auge halten, findet De Morgen. Sie sind nämlich die neuen "Wegschauer". Das hatten wir schon mal und das hatte desaströse Folgen, erinnert das Blatt. Die Zeitung hofft aber auch, dass jetzt ein Ruck durch Europa geht. Trumps Politik sollte die EU-Staaten wieder zusammenschweißen – und zwar schnell.
Het Nieuwsblad berichtet über "Tournée Minérale". Ab Mittwoch wollen 90.000 Belgier einen Monat lang auf Alkohol verzichten und dabei die Stiftung gegen Krebs unterstützen. Mit dabei ist auch ein Kneipenbesitzer aus der Nähe von Gent, der nach eigenen Angaben sechs Bier am Tag trinkt und so auf 160 Gläser Alkohol verzichten wird.
Alain Kniebs - Bild: Benoit Doppagne (belga)