"Die halbe Welt ist wütend auf Donald Trump", titelt Het Nieuwsblad. Für Het Belang van Limburg ist es schon "die ganze Welt". Die Schlagzeile von De Standaard ist da fast schon der Kompromiss: "Die Welt ist wütend auf Donald Trump".
Der neue US-Präsident sorgt weltweit für eine Mischung aus Befremden und Entsetzen. Per Dekret verhängte er ein Einreiseverbot für Bürger aus sieben muslimischen Staaten, darunter Syrien, der Iran und der Irak. In der Praxis produzierte die Maßnahme an Flughäfen in der ganzen Welt ein gewaltiges Chaos.
Unklar war etwa der Umgang mit Menschen, die über ein gültiges Visum für die USA verfügen beziehungsweise für Leute, die in den USA leben und arbeiten und die von einer Auslandsreise nach Amerika zurückkehren wollten. Sarkastische Schlagzeile dazu auf Seite eins von Le Soir: "Trump baut an der neuen Welt-Unordnung". Ebenso beißender Titel in Het Nieuwsblad: "Und am siebten Tag schuf er Chaos und Wut".
Trump sorgt für Chaos
Für De Morgen wurde "eine Grenze überschritten". "Das ist die Sprache der 30er Jahre", warnt ein Verantwortlicher der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Viele Muslime in den USA bekommen es inzwischen mit der Angst zu tun: "Entweder wir werden eingesperrt, oder wir werden ausgesperrt", so bringt De Standaard das allgemeine Gefühl auf den Punkt.
Es ist einer Bundesrichterin zu verdanken, dass die Situation nicht vollends außer Kontrolle geraten ist: Per Eilentscheid setzte sie Teile des Dekrets aus und brachte damit dem neuen US-Präsidenten seine erste Niederlage bei. "Der Moslem-Einreisestopp beschert Trump den ersten Rückschlag", so fasst es La Libre Belgique zusammen.
Eine kleine Richterin entpuppte sich also als letzte Fluchtburg der geschundenen Menschenrechte, konstatiert verbittert Le Soir in seinem Leitartikel. Das vergangene Wochenende hat noch einmal eindrucksvoll den Beweis erbracht, dass dieser kindische, narzisstische, spinnerte Mann nicht auf diesen Stuhl gehört. Sein Einreisestopp ist immer noch nur ein Vorgeschmack des Chaos, das Donald Trump anrichten könnte.
"Die Freiheitsstatue weint!"
Die Polemik der vergangenen Tage ist einer Weltmacht unwürdig, wettert auch Het Belang van Limburg. Hier geht es nicht nur um den Inhalt, sondern auch um die Form. Abgesehen davon, dass Menschen hier allein aufgrund ihrer Herkunft ausgegrenzt werden, schockiert hier auch der offensichtliche Amateurismus, mit dem der neue Bewohner des Weißen Hauses zu Werke geht. Derart unausgegorene Schnellschüsse aus der Hüfte passen nicht zu einem zivilisierten Staat, der sich außerdem für das wichtigste Land der Welt hält. Man darf gar nicht darüber nachdenken, was passieren kann, wenn Trump mit derselben Cowboy-Mentalität über die Weltbühne stolpert.
"Der Freiheitsstatue in New-York kullern die Tränen über die Wangen", meint metaphorisch Het Laatste Nieuws. Das selbsternannte "Land der Freiheit" entfernt sich gerade mit großen Schritten von diesem Ideal der Urväter. Nur Richter können die kaiserlichen Edikte noch abschwächen. Innerhalb einer Woche hat Donald Trump den Gründungsmythos der USA zerstört. Das Einzige, was noch "frei" ist, das ist das Recht, zur Schule zu gehen mit einer Waffe im Rucksack.
Heißt es nicht immer: "Wehret den Anfängen", fragt sich provokativ La Dernière Heure. Wenn ein Einreiseverbot für Bürger aus muslimischen Ländern als "Maßnahme gegen den Terror" verkauft wird, dann gibt es da nur eine mögliche Reaktion: Man kann das nur aufs Schärfste verurteilen. Auf die Gefahr hin, dass die Tyrannenlehrlinge sich am Ende angesichts allgemeiner Passivität auch noch bestätigt sehen.
"Schweigen heißt Zustimmung"
In diesem Zusammenhang passt die anklagende Schlagzeile von Het Laatste Nieuws: "Die Regierung reagiert allzu halbherzig auf Trump", schreibt das Blatt. Tatsächlich ist die Koalition um Premier Charles Michel in puncto Einreisestopp nicht ganz auf einer Wellenlänge. Charles Michel ließ zwar erklären, man sei mit der Maßnahme "nicht einverstanden", die Minister der flämisch-nationalen N-VA schienen das von Donald Trump verhängte Einreiseverbot aber eher noch relativieren zu wollen.
Das ist äußerst bedenklich, warnt De Standaard in seinem Leitartikel. Gerade in Belgien stellt das Zusammenleben zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen eine tagtägliche Herausforderung dar. Maßnahmen wie die von Donald Trump säen da nur unnötig Zwietracht. Auch deswegen muss jede belgische Regierung eine solche Politik auch kraftvoll, einmütig und überzeugend verurteilen. Ganz nebenbei zeigt die N-VA-Reaktion, dass es offensichtlich auch in Belgien einen Nährboden für Donald Trumps Ideenwelt gibt.
Het Nieuwsblad macht ein Gedankenexperiment: Wäre Donald Trump ein Jahr früher an die Macht gekommen, dann würden jetzt vielleicht auch wir Belgier unter das Einreiseverbot fallen. Die Bewohner des Höllenlochs, wie Trump Brüssel bezeichnete. Würden die N VA-Leute das dann auch als die "souveräne Entscheidung einer demokratisch legitimierten Regierung" bezeichnen? Empörung darf nicht selektiv sein.
Auch De Morgen wünscht sich eine klare und unmissverständliche Haltung. Bei allem, was recht ist: Der Einreisestopp ist eine rein fremdenfeindliche Maßnahme. Von der Reaktion darauf wird alles weiter abhängen. Als Adolf Hitler die ersten Keime säte von seinem menschenverachtenden, mörderischen Regime, reagierte ein großer Teil der Außenwelt abwartend. Eben genau wie jetzt die Regierung Michel. Nicht vergessen: Schweigen ist gleichbedeutend mit Zustimmung.
Roger Pint - Foto: Josh Edelson/AFP