"Fast alles bleibt beim Alten", titelt De Standaard. "Schulen üben heftige Kritik an der Reform des flämischen Unterrichtswesens", bemerkt De Morgen. "Dafür hat die Politik zehn Jahre lang diskutiert?", fragt Het Nieuwsblad.
Die Reaktionen auf die gestern beschlossene Reform der Sekundarschulen in Flandern fallen wenig begeistert aus. Das katholische Unterrichtswesen spricht bereits von einer "verpassten Chance". Frei nach dem Motto: Ein Wunder, dass die Koalition aus N-VA, CD&V und OpenVLD sich überhaupt auf mikroskopische Veränderungen einigen konnte. Ab dem 1. September 2018 soll es deutlich weniger Schwerpunkte an Flanderns Sekundarschulen geben. Das umstrittene dreigliedrige Schulsystem aus allgemeinbildendem, technischem und berufsbildendem Unterricht bleibt aber bestehen.
Dazu schreibt De Morgen: Was bringt diese Reform überhaupt? Das Grundproblem, dass Schüler sich viel zu früh, nämlich schon mit 13 Jahren, auf einen Schwerpunkt festlegen müssen, bleibt. Auch gegen den schlechten Ruf von technischen und berufsbildenden Schulen wird nichts unternommen.
Het Laatste Nieuws fügt hinzu: Eigentlich sollte für unsere Kinder doch nur das Beste gut genug sein. Diesen Leitspruch hat sich die flämische Regierung offenbar nicht zu Herzen genommen. Glücklicherweise beeinflussen aber nicht nur die Strukturen, an denen sich so gut wie nichts ändern wird, die Bildung unserer Kinder, sondern auch die Lehrer, die Schulen und die Eltern.
Het Nieuwsblad schließlich gibt zu bedenken: Wenn man die Probleme der Zukunft lösen will, ist Nostalgie ein schlechter Ratgeber.
In L'Echo holt Olivier Chastel, der Vorsitzende der frankophonen Liberalen, gegen die PS- und CDH-Bildungsminister im Süden des Landes aus. Seit zehn Jahren trete jeder neue Minister mit einem eigenen Rettungsplan für die wallonischen Schulen an, während das Bildungsniveau immer schlechter werde.
Heillos zerstrittene Linke in der Zwickmühle
La Libre Belgique blickt nach Frankreich, auf die erste TV-Debatte der sozialistischen Präsidentschaftskandidaten: Man hat den Eindruck, dass Frankreichs Linke zutiefst gespalten und am Ende sind. Ob einer der sieben Kandidaten überhaupt eine Chance hat, in die zweite Runde zu kommen, ist fraglich.
Le Soir findet: Die Sozialisten sollten endlich wieder für ihre Ideale eintreten – für eine bessere und gerechtere Gesellschaft. Das und nicht die Ausübung der Macht sollte im Vordergrund stehen.
L'Avenir merkt an: Die Sozialisten in Belgien stehen vor einer ähnlichen Herausforderung. Finanzkrise, Globalisierung und Terrorbedrohung machen ihnen zu schaffen. Ebenso die Skandale der "Kaviar-Linken", die sich vor allem die eigenen Taschen füllen, sowie ein schwieriger Spagat zwischen wirtschaftlichen Realitäten und humanistischen Idealen.
Planlose Energiepolitik und Putins "unsichtbare Armee"
In Le Soir kritisiert Christophe Degrez vom Stromversorger Eneco die orientierungslose Energiepolitik Belgiens: "Die Konzerne wissen heute nicht, wohin die Reise geht, also investieren sie nicht." Die Folge: Die Stromrechnung der Belgier wird weiter steigen. Besonders, dass Belgien immer noch nicht weiß, woher das Land nach dem geplanten Atomausstieg 2025 seine Energie beziehen soll, bereitet Degrez große Sorgen. Der Zukunftsplan von Energieministerin Marie-Christine Marghem lässt weiter auf sich warten. Nach Informationen der Zeitung denkt sie über zusätzliche Offshore-Windparks vor der Nordseeküste nach.
"Putins unsichtbare Armee", titelt De Morgen und spielt auf den massiven Ausbau des russischen Militärgeheimdienstes GRU an. Tausende Hacker und IT-Spezialisten nutzen das Internet bereits seit den 1990er Jahren als Waffe gegen den Westen. De Standaard meint dazu: "Der Kalte Krieg ist wieder aufgeflammt, vor allem im Netz. Und Putin hat sich hervorragend positioniert".
Zustände in Brüssel wie vor 30 Jahren und ein feiger Kapitän
"Brüssel – sozialistische Hauptstadt", so die Schlagzeile von La Libre Belgique. Die PS hat fast alle Institutionen der Region Brüssel mit ihren Leuten durchsetzt. Vom Arbeitsamt über die Wasserwerke bis hin zur Tourismusagentur: Überall sitzen PS-Politiker in den Führungspositionen. Trotz der angeblichen Unabhängigkeit der Bewerbungsverfahren und der Sonntagsreden, dass ein Kandidat nur nach Qualifikation und nicht nach Parteibuch ausgewählt würde, haben wir wieder politische Pöstchenvergaben wie vor 30 Jahren, wettert die Zeitung.
L'Echo ärgert sich über den unerwarteten Rücktritt des ING Belgien-Chefs, Rik Vandenberghe. Der hatte noch vor wenigen Monaten die Streichung von 3.000 Arbeitsplätzen in seiner Bank angekündigt. Jetzt wechselt er in die Führungsetage des Bauriesen Besix. Mitten im Sturm verlässt der Kapitän also das heftig schaukelnde Schiff. Ein anständiger Geschäftsführer tut so etwas nicht. Entweder man geht, bevor man Tausende Leute feuert, oder man zieht die Restrukturierung bis zum Ende durch. Aber was man bestimmt nicht tut, ist, sich auf halbem Weg mit dem Rettungsboot davonzumachen.
AKn - Foto: BRF TV