"Wie Serge Kubla Patokh Chodiew geholfen hat", so die Aufmachergeschichte von Le Soir am Mittwoch. Und damit nimmt die Brüsseler Zeitung eigentlich schon den Beginn der Arbeiten des parlamentarischen Untersuchungsausschusses am Mittwochnachmittag vorweg, der die sogenannte Kasachgate-Affäre aufarbeiten soll. Im Mittelpunkt steht hier der belgo-kasachische Milliardär Patokh Chodiew. Der war 2011 in den Genuss einer neuen gesetzlichen Möglichkeit gekommen, die es erlaubt, außergerichtliche Deals abzuschließen. Der Untersuchungsausschuss soll prüfen, ob und inwieweit belgische Politiker quasi auf Bestellung dieses Gesetz auf den Weg gebracht haben.
Im Mittelpunkt wird aber zunächst die Frage stehen, wie es möglich war, dass Patokh Chodiew Ende der 1990er-Jahre in Rekordzeit Belgier werden konnte. Und Le Soir rekonstruiert am Mittwoch, inwieweit der damalige MR-Bürgermeister von Waterloo, Serge Kubla, dem Geschäftsmann dabei geholfen hat.
Für De Standaard muss der Untersuchungsausschuss "drei Geheimnissen der Kasachgate-Affäre" auf den Grund gehen: Wie ist Patokh Chodiew Belgier geworden? Wie ist das Gesetz über außergerichtliche Einigungen zustande gekommen? Und wie war es möglich, dass Patokh Chodiew so schnell von dem Gesetz profitieren konnte?
"Kasachgate ist eine lupenreine Staatsaffäre", sagt der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, der SP.A-Politiker Dirk Van der Maelen, in De Morgen. Und er wolle alles tun, um Licht in die Angelegenheit zu bringen.
Genau das muss die Motivation sein, meint Le Soir in seinem Leitartikel. Denn für denjenigen, der es immer noch nicht verstanden hat: Kasachgate ist eine Staatsaffäre! Man muss die Akte nicht mal genau kennen, um den Eindruck zu bekommen, dass sich der Staat der Milliardärsclique um Patokh Chodiew fast schon ausgeliefert hat. Insbesondere für die politische Klasse werden die nächsten Wochen wohl nicht angenehm. Das hat sie sich aber selbst zuzuschreiben. Jetzt muss es darum gehen, die Ehre des Staates wiederherzustellen.
Kein Blauer Brief und die Zukunft der Sozialen Sicherheit
"Belgien dürfte wohl wegen seines Haushalts von der EU-Kommission keinen Anpfiff bekommen", titelt L'Echo. Also: kein Blauer Brief wegen der Missachtung des Stabilitätspaktes. Laut L'Echo ist das Budget in der Spur geblieben. Das Defizit im Jahr 2016 dürfte sich auf unter drei Prozent belaufen haben.
Einige Zeitungen sorgen sich derweil um die Zukunft der sozialen Sicherheit. Insbesondere die N-VA plädiert für eine Reform des Finanzierungsmodells. Demnach soll ein eventuelles Defizit in der staatlichen Sozialkasse nicht mehr automatisch ausgeglichen werden.
Im Prinzip sind solche Planspiele nachvollziehbar, meint La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Es ist legitim, wenn die Regierung sich die Möglichkeit geben will, die Kosten für die soziale Sicherheit unter Kontrolle zu behalten. Jede Reform des Systems birgt aber eine Gefahr: An den bisherigen Zielen und Grundprinzipien darf sich nichts ändern. Am Ende muss das System immer noch gerecht sein und vor allem die Schwächsten schützen.
Und gerade in diesem Zusammenhang verbieten sich eigentlich Pokerspiele, meint auch L'Avenir. Die Regierung scheint zu glauben, dass alleine die Schaffung neuer Arbeitsplätze die soziale Sicherheit zukunftssicher machen wird. Das ist aber bestenfalls die halbe Wahrheit. "Jobs, Jobs, Jobs", das wird nicht reichen. Und die Regierung muss sich vor bösen Überraschungen in Acht nehmen.
Das Prinzip Mitbestimmung liegt auf dem Tisch
Stichwort Wirtschafts- und Sozialpolitik: Die Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften über ein neues Rahmentarifabkommen für die kommenden zwei Jahre sind auf der Zielgeraden. "Es sieht nach zwei weiteren Jahren der Lohnmäßigung aus", orakelt La Libre Belgique. Seit zehn Jahren sind die Löhne und Gehälter - abgesehen von einigen Indexanpassungen - so gut wie nicht gestiegen.
Hoffentlich kommen die Sozialpartner zu einer Einigung, hofft De Standaard. Hier geht es nämlich um nicht mehr und nicht weniger als die Zukunft des belgischen Sozialmodells. Gibt es kein Abkommen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften, dann wird nämlich die Regierung die Akte an sich reißen. Und das nur allzu gerne. Insbesondere der N-VA sind ja parallele Machtstrukturen ein Dorn im Auge. Für die flämischen Nationalisten soll allein die Politik das Sagen haben. Was heute auf dem Tisch liegt, das ist auch das Prinzip der Mitbestimmung.
"Kein Grund zur Panik"
Im Fokus steht am Mittwoch auch der Notfallplan für einen möglichen Atomunfall, den Innenminister Jan Jambon am Dienstag vorgelegt hat. Demnach soll es nicht zu einer systematischen Verteilung von Jod-Tabletten kommen. Die Maßnahme gilt lediglich für Menschen, die in einem Umkreis von 20 Kilometern von einer Atomanlage wohnen. Der N-VA-Innenminister setzt sich damit über eine Empfehlung des Hohen Gesundheitsrates hinweg.
Die Maßnahme ist nicht nachvollziehbar, meint L'Echo in seinem Kommentar. Die Bürger wissen sehr genau, dass in punkto Radioaktivität ein Radius von 20 Kilometern drei Mal nichts ist. Viele werden also den Apotheken die Türen einrennen, um sich selbst Jod-Tabletten zu besorgen. Dabei hätte das systematische Verteilen an alle Bürger für den Staat keine finanziellen Konsequenzen gehabt. Die Kosten müssen schließlich die AKW-Betreiber übernehmen.
Der Innenminister ist hier, doch nur auf eine freilich zynische Art, konsequent, meint Het Nieuwsblad. Das Credo der föderalen Atomaufsicht FANK und damit der Regierung lautet doch schließlich: "Kein Grund zur Panik". Daran ändert auch der neuerliche Störfall im Reaktor Doel 4 nichts. Hätte man an die gesamte Bevölkerung Jod-Tabletten ausgegeben, der eine oder andere hätte darin wohl den Beweis gesehen, dass man doch Zweifel an der Sicherheit der Reaktoren hat. Bis auf Weiteres gilt also nach wie vor: "Kein Grund zur Panik".
"Man muss belgische Politiker gegen Hacker schützen!", titelt De Morgen. Das sind die Worte des OpenVLD-Staatssekretärs für den Schutz des Privatlebens, Philippe De Backer. Er hat da wohl die Vorwürfe vor Augen, die im Zusammenhang mit der Wahl in den USA im Raum stehen, nämlich, dass russische Hacker versucht haben, die Wahl zu beeinflussen. Und für De Backer sind belgische Politiker oder Parteien nur unzureichend vor einer solchen "Online-Guerrilla" geschützt.
Roger Pint - Archivbild: Benoit Doppagne/BELGA