"Wir brauchen einen offenen und reibungslosen Zugverkehr", titelt De Standaard. Und das ist das Zitat von einem Sprecher des föderalen Transportministers François Bellot. Hintergrund sind die Pläne von Innenminister Jan Jambon, der künftig Fahrgastdaten in allen Verkehrsmitteln erfassen lassen will, also nicht nur die von Flugpassagieren, sondern auch die von Zug- und Busreisenden.
Der Kollege Transportminister scheint hier aber Bedenken zu haben, wenn er durch seinen Sprecher anmerken lässt, dass eine solche Maßnahme im Zusammenhang mit Zugreisen mit der bisherigen Praxis bricht. Auch Pendlerverbände kritisieren, dass die systematische Erfassung von Fahrgastdaten spontane Zugfahrten unmöglich machen könnte.
Der Innenminister sieht sich bestätigt durch aktuelle Entwicklungen, insbesondere die Flucht des Berlin Attentäters, der ja unbehelligt durch mehrere europäische Länder reisen konnte. Und er plant weitere Konsequenzen: "Jambon fordert intelligente Kameras in Bahnhöfen", notiert etwa Het Nieuwsblad. Gemeint sind damit Geräte, die eine automatische Gesichtserkennung und -abgleichung ermöglichen.
Terrorismusbekämpfung: Technik allein ist nicht die Lösung
Kameras und Computer lösen nicht alle Probleme, bemerkt dazu De Standaard. Und ganz nebenbei begibt sich die Regierung hier auf gefährliches Terrain. Wenn die Regierung nach jedem kleinen oder großen Vorfall neue Sicherheitsmaßnahmen ergreift, dann spielt sie da mit ihrer eigenen Glaubwürdigkeit. Je mehr Geld und Energie in den Kampf gegen den Terrorismus investiert wird, desto schwieriger wird es, nach einem möglichen neuen Anschlag zu versprechen, die Sicherheit der Bürger zu garantieren. Resultat: Das Sicherheitsgefühl nimmt eher noch ab, wobei zeitgleich die Einschränkungen unserer Freiheit zugenommen haben.
Het Laatste Nieuws sieht das ähnlich: Fachleute sind sich einig, dass auch automatische Kameras Anis Amri nicht hätten identifizieren können, weil er sich mit Mütze und Schal weitgehend unkenntlich gemacht hatte. Natürlich muss der Staat alles tun, was menschlich und technologisch möglich ist, um seine Bürger zu schützen. Die eingesetzten Mittel müssen aber sinnvoll, effizient und finanziell zu verantworten sein.
Derweil ist ja die Türkei am Donnerstag von einem neuen Anschlag erschüttert worden. In Izmir explodierte vor einem Gerichtsgebäude eine Autobombe; und das "gerade einmal fünf Tage nach dem Blutbad von Istanbul", wie L'Echo auf seiner Titelseite hervorhebt. Izmir liegt an der Ägäis-Küste und damit unweit der bekannten Badeorte. "Die türkische Tourismusindustrie wankt", bemerkt denn auch Le Soir auf Seite eins.
Positive Wirtschaftsaussichten - unter Bedingungen
Innenpolitisch hat am Donnerstag der Unternehmerverband FEB auf seine Art das neue Jahr eingeläutet: Die Arbeitgeber präsentierten ihre Konjunkturprognose. Der Tenor: Die Unternehmen blicken vergleichsweise optimistisch in die Zukunft; insbesondere die Exportwirtschaft wird für ein stattliches Wachstum sorgen.
"Na bitte", freut sich L'Echo in seinem Leitartikel. In letzter Zeit häufen sich die positiven Signale. Die Zahl der Firmenpleiten ist rückläufig, die Unternehmen investieren und das sorgt erwiesenermaßen für die Schaffung vieler neuer Arbeitsplätze. Belgien hat offensichtlich seinen Rückstand auf andere Länder in der Eurozone wettgemacht. Und das wurde auch Zeit.
Het Nieuwsblad unterstellt seinerseits den Arbeitgebern eine gewisse Form von Erpressung. In besagtem Gutachten verknüpft die FEB ihre optimistischen Aussichten mit der Forderung nach neuen Strukturreformen: Senkung der Körperschaftssteuer, Lohnmäßigung, Beibehaltung der sogenannten Fiktivzinsen. Die Botschaft lautet also: Wir würden ja gerne ein Wachstum von 1,7 Prozent generieren; wenn wir das aber nicht schaffen, dann ist das die Schuld der Regierung. Und eben diese Regierung weiß: Wenn sie ihr "Jobs, Jobs, Jobs"-Versprechen einlösen will, dann braucht sie die Arbeitgeber.
Asyl: Anträge halbiert, Gewährung verdoppelt
"Belgien hat noch nie so viele Flüchtlinge anerkannt wie im Jahr 2016", so die Aufmachergeschichte von La Libre Belgique. 12.200 Menschen haben demnach im vergangenen Jahr ein Bleiberecht bekommen. Das ist absoluter Rekord. Im Jahr 2015 waren es noch 6.700, also fast die Hälfte. Die hohe Anzahl der anerkannten Asylanträge erklärt sich durch die Lage in Syrien, fügt Het Nieuwsblad hinzu. Dass es sich um Kriegs- und nicht um Wirtschaftsflüchtlinge handelt, daran besteht im Fall der Syrer ja kein Zweifel.
L'Avenir dröselt die Zahlen der Ausländerbehörden anders auf: "2016 gab es nur noch halb so viele Asylanträge in Belgien", notiert das Blatt. Die Zahl der Gesuche sank von knapp 45.000 im Jahr 2015 auf 19.000.
Kaputte Polizei, Schilderpatriotismus, luftbedingte schlechte Noten
Bemerkenswerte Schlagzeile auf Seite eins von Het Nieuwsblad: "Die Polizei weigert sich, in Molenbeek zu patrouillieren", schreibt die Zeitung. Fakt ist: Die Polizisten der Zone Brüssel-West haben sich am Donnerstag kollektiv krank gemeldet. Hintergrund ist anscheinend der Arbeitsdruck: "Die Leute sind kaputt gearbeitet", sagt ein Gewerkschafter.
Einige flämische Zeitungen heben am Freitag eine Idee des wallonischen Ministerpräsidenten Paul Magnette hervor: "Magnette will nur noch Straßenschilder aus wallonischer Produktion", so formuliert es De Standaard. Konkrete Folge: Die beleuchteten Hinweisschilder auf den Autobahnen könnten verschwinden, weil sie "zu viel Strom verbrauchen und nicht in der Wallonie hergestellt werden".
"Was für eine gefährliche und verrückte Idee", wettert schon ein Sprecher des Automobilclubs Touring in Gazet van Antwerpen. Auch der flämische Mobilitätsminister Ben Weyts ist fassungslos: Flandern wolle im Gegenteil aus Sicherheitsgründen noch stärker als bisher auf diese beleuchteten Hinweisschilder setzen.
"Eine schlechte Luftqualität beeinträchtigt die Konzentrationsfähigkeit bei Kindern", schreibt schließlich De Morgen. Het Laatste Nieuws formuliert es plastischer: "Schlechte Luft, schlechte Punkte". Eine Studie weist einen Zusammenhang nach zwischen der Luftqualität und den Leistungen der Schüler. Und der negative Einfluss von schlechter Luft ist anscheinend viel stärker als man denken könnte.
Roger Pint - Archivbild: Dirk Waem/BELGA