"Zwillinge in Brüssel misshandelt", titelt La Dernière Heure. "Nach 15 Stunden in der Kälte: Junge noch immer in Lebensgefahr", so die Schlagzeile von Gazet van Antwerpen. "40 Verdachtsfälle pro Tag in Belgien", bemerkt Het Laatste Nieuws.
Ein besonders schwerer Fall von Kindesmisshandlung in der Brüsseler Gemeinde Saint-Josse-ten-Noode sorgt für einen Sturm der Entrüstung. "Wie können Eltern ihrem Kind bloß so etwas antun?", fragt Het Laatste Nieuws anklagend in seinem Leitartikel. Am Morgen des 2. Weihnachtstags war ein Sechsjähriger von seiner Mutter und seinem Stiefvater bestraft und bei eisigen Temperaturen im Schlafanzug auf dem Balkon ausgesperrt worden.
Der Grund: Der Junge war hungrig und hatte am frühen Morgen im Kühlschrank nach Essen gesucht. Unvorstellbare 15 Stunden später, gegen 20 Uhr am Abend, als der Junge bereits bewusstlos war, alarmierten die Eltern die Rettungskräfte. Denen kam der geschilderte Sachverhalt so merkwürdig vor, dass sie die Polizei herbeiriefen. Der Junge kam mit einer schweren Unterkühlung ins Krankenhaus.
Armes Saint-Josse-ten-Noode
Auch vier Tage danach ist sein Zustand den Ärzten zufolge noch kritisch. Bei seiner Zwillingsschwester wurden ebenfalls Misshandlungsspuren festgestellt. Die 31jährige Mutter und ihr zehn Jahre jüngerer Freund wurden noch an Ort und Stelle festgenommen. Ihnen drohen eine Anklage wegen Kindesfolter und bis zu 30 Jahre Haft.
Wie La Dernière Heure berichtet, wussten die Behörden bislang nicht von der Existenz der Kinder. Weder die Mutter mit französischer Staatsangehörigkeit noch ihre Zwillinge waren hier gemeldet. "Saint-Josse in Not", titelt Het Laatste Nieuws. Laut der Zeitung ist es kein Zufall, dass der Vorfall sich ausgerechnet in dieser Brüsseler Gemeinde ereignet hat.
Nicht Molenbeek, sondern Saint-Josse ist Belgiens ärmste Kommune. Dazu die jüngste, die dichtbesiedelste, die mit der höchsten Arbeitslosenrate und die mit den meisten Einwohnern mit Migrationshintergrund. Fünf Superlative, die eine gefährliche Mischung bilden. Belgienweit werden täglich 40 Verdachtsfälle von Kindesmisshandlung gemeldet.
2016: ein Jahr zum schnell Vergessen
Am vorletzten Tag des Jahres blickt Le Soir auf das politische 2016 in Belgien zurück. Fazit der Zeitung: Zwölf Monate, die wir schnell vergessen sollten. Bis auf Dauerstreit zwischen den Koalitionspartnern sowie zwischen der Föderalregierung und der Wallonie und Skandalen wie dem Kasachgate und Publifin hat das vergangene Jahr hierzulande politisch nicht viel hervorgebracht. Bleibt nur zu hoffen, dass 2017 besser wird und dass unsere Politiker endlich wieder das Allgemeinwohl und nicht ihre Parteiinteressen in den Mittelpunkt stellen – und dass einige sich nicht nebenbei wieder die eigenen Taschen vollmachen.
Het Belang van Limburg fügt hinzu: Die ganze Welt wettert gegen das Establishment. Im Grunde brauchen wir aber nicht weniger, sondern mehr politische Eliten. Will heißen: Politiker, die sich ihrer Verantwortung stellen und uns unsere eigene Verantwortung vor Augen führen, statt uns einfach nach dem Mund zu reden…
De Standaard fragt sich, was das neue Duo Trump-Putin 2017 hervorbringen wird. Der unvorhersehbare, kämpferische Führungsstil, der sowohl den gewählten amerikanischen Präsidenten als auch den russischen Staatschef kennzeichnet, bietet eine Reihe von Möglichkeiten, birgt aber auch große Gefahren. Was erneut auffällt, ist die Abwesenheit Europas auf dem internationalen Parkett.
Die EU scheint die Ereignisse und Machtverschiebungen in ihrer Nachbarschaft über sich ergehen zu lassen. Stattdessen bauen die Europäer neue Zäune und Mauern innerhalb der Union. Hintergrund ist, dass wir unsere Freiheits- und Wohlstandsinsel EU zu wenig vor den Gefahren der Außenwelt geschützt haben. Das Thema Sicherheit ist in Europa jahrzehntelang stiefmütterlich behandelt worden. Jetzt ernten wir die sauren Früchte, gibt das Blatt zu bedenken.
Die guten und schlechten Seiten der EU
L'Écho sieht dennoch einen Hoffnungsschimmer. Trotz oder vielleicht gerade wegen des Brexits und seiner unvorhersehbaren Folgen wollen immer weniger Europäer, dass ihr Land die EU verlässt. Laut einer aktuellen Umfrage sind sogar 75 Prozent der Belgier für einen Verbleib in der EU. Kein Wunder, meint die Zeitung. Europagegner haben die Union in der Vergangenheit für alle vorstellbaren und unvorstellbaren Fehlentwicklungen verantwortlich gemacht. Die Finanzkrise, die vielen Flüchtlinge, der Krieg in Syrien, der Konflikt in der Ukraine und sogar der Klimawandel: Alles die Schuld der EU. Viele Herausforderungen können wir aber nur gemeinsam stemmen. Die EU abschaffen, wie Farage, Le Pen und Wilders das vorschwebt, ist also keine Option. Zum Glück sieht die Mehrheit der Europäer das genauso, hält die Zeitung fest. Viele Europäer sagen aber auch: Wir wollen eine andere EU.
Bei all dem Terror, Krisen und Katastrophen, es gab 2016 auch gute Nachrichten, hebt Het Laatste Nieuws hervor. Die Zeitung führt 25 an, darunter die Tatsache, dass die Belgier so viel wie noch nie für den guten Zweck gespendet haben, dass es endlich einen Impfstoff gegen Ebola gibt und dass das belgische Bier zum Weltkulturerbe gehört.
AKn - Foto: Aurore Belot (belga)