"Fröhliche Weihnachten", steht in dicken Buchstaben auf Seite eins von Het Nieuwsblad. Auch Gazet van Antwerpen "wünscht Ihnen eine schöne Weihnacht". L'Avenir verspricht auf seiner Titelseite eine "Zeit der Ruhe und der Besinnlichkeit".
Viele Zeitungen scheinen sich fast schon selber Balsam für die Seele geben zu wollen. Denn, wie De Standaard auf Seite eins hervorhebt: "2016 war ein Jahr voller Verzweiflung". In seiner Rückschau hebt das Blatt naturgemäß vor allem die Anschläge vom 22. März hervor.
Naja, es war ja nicht alles schlecht, meint La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Nach einer Untersuchung der Universität Hamburg ist 2016 immerhin kein neuer Krieg ausgebrochen. Das allerdings ist ein denkbar schwacher Trost. Die Liste der Unschuldigen, die dem Terror zum Opfer gefallen sind, ist 2016 nur noch länger geworden. Brüssel, Nizza, Istanbul, Kairo, 2016 war kein guter Jahrgang. Paradoxerweise gab es bei all diesen Dramen aber immer auch einen Hauch von Hoffnung, kleine und große Gesten der Menschlichkeit, der Zärtlichkeit, der Solidarität. Aus diesem Grund sollten wir den Glauben an das Gute im Menschen nicht verlieren.
Nein, es ist nicht alles schlecht, meint auch Het Laatste Nieuws. Der Durchschnittsbürger auf diesem Erdball war noch nie reicher und gesünder als heute. Es fallen weniger Menschen der Gewalt zum Opfer, nicht mehr. Es gibt weniger Armut, nicht mehr. Es gibt weniger Ungerechtigkeit, nicht mehr. Es gibt mehr Freiheit, nicht weniger. Allerdings: Größer geworden ist das Gefühl der Unsicherheit, das Unbehagen, die Angst. Zuletzt hat uns der Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt noch einmal an die terroristische Bedrohung erinnert. Deswegen, so wendet sich Het Laatste Nieuws an seine Leser: Gönnen Sie sich ein wirklich warmes Weihnachtsfest.
"Gesegnete Weihnachten", wünscht auch Het Belang van Limburg. Und der Tenor ist der gleiche: Objektiv betrachtet war 2016 bei weitem nicht so katastrophal wie man denken könnte. Noch nie sind weniger Menschen an Hunger gestorben. Und selbst die grausamsten Kriege fordern heute weniger Opfer als noch vor einigen Jahrzehnten. Das Risiko, bei einem Terroranschlag ums Leben zu kommen, ist nach wie vor deutlich kleiner als die Gefahr, bei einem Verkehrsunfall zu sterben. Rosig sind die Zeiten natürlich auch nicht. Wir können aber auch selbst, durch unser Verhalten im Alltag, durch menschliches Engagement, zusammen an einer besseren Welt bauen.
Das große Fressen (und Einkaufen)
Bei allen warmen Worten beschäftigen sich einige Zeitungen aber auch mit der weihnachtlichen Wirklichkeit. Het Laatste Nieuws etwa rechnet vor, was da wohl an den Weihnachtstagen aufgetafelt wird. Und die Zahlen sind beeindruckend: 10 Millionen Austern, 160.000 Garnelenkroketten, 500 Tonnen Wild, 230 Tonnen Truthahn, 160 Tonnen Kartoffeln, elf Tonnen Stopfleber; das Ganze heruntergespült mit fünf Millionen Flaschen Schaumwein und 400.000 Flaschen Gin.
Andere hingegen finden die anstehenden Feststage gar nicht lustig. "Die Postboten meckern über Weihnachten", so jedenfalls die Schlagzeile von La Dernière Heure. Der Grund liegt auf der Hand: Immer mehr Menschen machen ihre Weihnachtseinkäufe im Internet. Und die entsprechenden Päckchen und Pakete müssen ja dann auch geliefert werden. "Wir sind überlastet und haben zu wenig Personal", beklagen die Postboten also in La Dernière Heure.
Berliner Attentäter erschossen, Suche nach Komplizen läuft
Viele Zeitungen beschäftigen sich am Samstag auch mit dem Ende der Flucht des Berlin-Attentäters. "Erschossen! 79 Stunden später und 1.500 Kilometer entfernt", so bringt es etwa Het Nieuwsblad auf den Punkt. Anis Amri wurde ja am Freitagmorgen in der Nähe von Mailand bei einem Schusswechsel mit der Polizei getötet. "Jetzt läuft die Suche nach mutmaßlichen Komplizen", bemerkt Het Laatste Nieuws.
Le Soir sieht auf seiner Titelseite derweil einen "Webfehler in den europäischen Transportnetzen". "Oder ist es normal, dass ein Terrorist nach einem Anschlag noch unbehelligt durch mehrere europäische Länder reisen kann?", fragt sich das Blatt. Fakt ist: Anis Amri gelangte wohl mit dem Zug von Deutschland über Frankreich nach Italien. Klar, meint Le Soir, es gibt den Schengen-Raum, die Grenzkontrollen sind weggefallen. Belgien will aber als erstes Land die Fahrgastdaten unter anderem auch von Zug- und Busreisenden erfassen. Bislang gab es dafür Kritik von der EU-Kommission und, ganz nebenbei gesagt, auch von Deutschland.
Die Konsequenz des Berliner Anschlags darf jedenfalls nicht sein, dass die Schengen-Zone als solche wieder in Frage gestellt wird, mahnt Gazet van Antwerpen. Eine Wiedereinführung von Grenzkontrollen, das kann doch niemand wollen. Vielmehr muss gelten: Vorsorge ist besser als Nachsorge. Beispiel Berlin: Anis Amri war auf dem Radar der Sicherheitsdienste. Dass er doch zuschlagen konnte, das hätte nie passieren dürfen.
PTB verweigert politischen Gegnern medizinische Hilfe
L'Echo prangert am Samstag gewisse Praktiken der kommunistischen PTB an. "Die PTB missbraucht ärztliche Hilfsangebote für Propagandazwecke", so die Schlagzeile. Konkret: Die Partei unterhält so etwas wie Ärztehäuser. Den Patienten wird aber nahegelegt, sozusagen als Gegenleistung, die PTB zu wählen. Fakt ist offenbar: Mindestens zwei Personen wurde medizinische Hilfe verweigert, weil sie auf Wahllisten anderer Parteien kandidiert hatten. Laut L'Echo werden auch Patientendaten für Wahlkampfzwecke missbraucht.
Die PTB macht doch hier nichts anderes als das, was die Partei den anderen vorwirft, meint L'Echo in seinem Leitartikel. Und es wird Zeit, dass man im Zusammenhang mit der PTB endlich mal Klartext redet, viel zu häufig lässt man sich blenden vom sympathischen Auftreten des jovialen PTB-Sprechers Raoul Hedebouw. Dabei handelt es sich doch um einen Muster-Populisten. Damit das klar ist, neun von zehn Vorschlägen der PTB sind absolut unrealistisch, reine Illusion. Rechts wie links im politischen Spektrum gilt die Maxime: Einfache Lösungen gibt es nicht.
Das ganze Team des BRF-Studios Brüssel wünscht Ihnen frohe und friedliche Weihnachten!
Roger Pint - Bild: Marco Bertorello/AFP