"Berlin in Trauer", titelt De Morgen. "Anschlag von Berlin jagt Schockwelle durch Europa", heißt es bei Gazet van Antwerpen auf Seite eins. Und Het Belang van Limburg schreibt: "Fieberhafte Suche nach einem Phantom".
Der Anschlag von Berlin bestimmt auch heute noch die Titelseiten der Zeitungen. In den Schlagzeilen wie auch in den Kommentaren mischen sich Bestürzung und Anteilnahme mit ersten Analysen der Ereignisse.
La Libre Belgique schreibt: Deutschland ist mitten ins Herz getroffen worden. Die Betroffenheit ist unbeschreiblich. Auch wenn die folgenden Worte und Phrasen ein bisschen hilflos und fehl am Platze erscheinen: Unsere ersten Gedanken gelten den Opfern und ihren Familien. Und auch der Stadt, die es jetzt getroffen hat, der wir sagen: "Ich bin ein Berliner.", so La Libre Belgique.
Viele Leitartikler machen sich Gedanken zu den Reaktionen rechtspopulistischer Parteien in Europa. Le Soir führt aus: Der Brite Nigel Farage hat in dem Anschlag das "Erbe von Merkel" gesehen. Die Französin Marion Maréchal Le Pen hat die Bundeskanzlerin "verantwortlich für das Attentat" gemacht. Die "Alternative für Deutschland" hat von "Merkels Toten" gesprochen. Trotz dieser Welle von Kritik hat die Kanzlerin Kurs gehalten. "Mutti" hat es vorgezogen, die "offene Gesellschaft" zu verteidigen, obwohl sie wusste, dass ihre Einwanderungspolitik erneut unter Beschuss geraten würde, schreibt anerkennend Le Soir.
Fakten sind den Rechtspopulisten egal
Het Laatste Nieuws geht scharf mit den Rechtspopulisten ins Gericht: Es ist einfach schamlos und zynisch, was die rechtsextremen Parteien gestern aus den Anschlägen gemacht haben. Fakten sind ihnen egal. Der Attentäter muss ein Flüchtling sein. So denken nun einmal Geert Wilders und Co. Dass der Attentäter noch gar nicht gefasst ist und man nichts über ihn weiß, spielt dabei keine Rolle, hält Het Laatste Nieuws fest.
Die Wirtschaftszeitung L'Echo analysiert ähnlich: Flüchtlinge = Attentate. Diese Gleichung ist einfach, aber diese Gleichung ist falsch. Nicht nur, weil man noch gar nicht weiß, ob der Berliner Attentäter ein Flüchtling war oder nicht. Sondern auch, weil, selbst wenn er ein Flüchtling wäre, diese Eigenschaft noch nicht seine Motivation begründen würde. Der islamische Totalitarismus hat schon lange vor der Flüchtlingskrise in Europa Fuß gefasst. Jetzt einfachen Gleichungen zu verfallen, die nicht stimmen, wäre fatal, mahnt L'Echo.
Wenn Merkel Schiffbruch erleidet, geht Europa mit unter
De Morgen gibt sich nachdenklich: Es wäre naiv, zu denken, dass der Anschlag von Berlin keine Konsequenzen für Europa haben wird. Merkel kommt aus dem Jahr 2016 nicht ungeschoren heraus. Sollte sie bei den kommenden Bundestagswahlen Schiffbruch erleiden, geht nicht nur sie unter, sondern mit ihr ganz Europa. Wen wird es dann noch geben, der das Licht der Mitmenschlichkeit in einer sonst düsteren Welt am Leben hält? Und wer wird dieses Licht dann noch sehen wollen, fragt sich besorgt De Morgen.
Für das GrenzEcho ist derweil klar: Eins brauchen wir jetzt keineswegs: eine erneute Sicherheitsdebatte. Denn mehr Kontrolle, mehr Überwachung, das alles wird uns nicht schützen können. Thibault Heck aus Nidrum, der seit 2004 in Berlin lebt, wird heute in der Zeitung wie folgt zitiert: "Überall auf der Welt kann etwas passieren, und es gibt halt kein Leben ohne Risiko. Die Wahrscheinlichkeit, bei einem Autounfall zu sterben, ist höher." Passender kann man es nicht sagen, findet das GrenzEcho.
Die Antwort auf Terror lautet: Mehr Demokratie und Offenheit
Het Nieuwsblad zitiert in seinem Kommentar den ehemaligen Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, 2011 hatte er gesagt: "Die Antwort auf Anschläge muss lauten: Mehr Demokratie und mehr Offenheit. Ansonsten werden die Menschen, die hinter den Anschlägen stehen, ihre Ziele erreichen." Anno 2016 ist das leichter gesagt als getan. Stoltenberg hatte seine Sätze nach dem Blutbad von Anders Breivik in Norwegen gesagt. 77 Menschen hatte Breivik damals getötet.
Mittlerweile ist Terror allgegenwärtig geworden. Terror hat ein Ziel. Und Terror hat eine Ursache: Hass. Diesem zu widerstehen ist die einzige Möglichkeit, den Terror zu besiegen. Unsere Art, offen miteinander zu leben, müssen wir schützen, glaubt Het Nieuwsblad.
De Standaard lobt Deutschland für den umsichtigen Umgang mit dem Anschlag und schreibt: Die Deutschen haben uns ein interessantes Vorbild geliefert: Sei zurückhaltend. Warte darauf, dass die Tatsachen gesichert sind. Ziehe nicht zu schnell Schlussfolgerungen aufgrund von Spekulationen. Respektiere die Würde der Opfer, auch in den Videos in sozialen Netzwerken. Vermeide laute und schrille Töne in der Debatte um Kultur und Identität. Nimm dich in Acht vor politischer Vereinnahmung und Rachegeschrei im Internet, listet De Standaard auf.
Kay Wagner - Karikatur von Valentine Lilien für den BRF