Sophie Dutordoir ist neue Bahnchefin", heißt es bei Het Belang van Limburg auf Seite eins. "Vom Delikatessenladen zur Topfrau der SNCB", titelt Het Nieuwsblad und Het Laatste Nieuws schreibt: "Gewerkschaften an neue Chefin: 'Machen Sie aus der SNCB einen Delikatessenladen'".
Am Freitag wurde Sophie Dutordoir als neue Chefin der SNCB vorgestellt. Bis 2013 hatte sie bereits Electrabel geführt, in den vergangenen Jahren aber einen Feinkostladen betrieben. Dutordoir besitzt ein Parteibuch der CD&V.
Kommentierend schreibt dazu De Standaard: Wieder einmal hat sich die Tendenz gezeigt, dass man Topposten in Unternehmen mit Staatsbeteiligung nicht ohne politische Einmischung besetzen kann. Sophie Dutordoir hat sich aus einem Pool von Kandidaten als diejenige erwiesen, die aufgrund ihrer Fähigkeiten am geeignetsten erscheint, die SNCB zu leiten. Aber weil sie ein CD&V-Parteibuch hat, musste die CD&V Zugeständnisse bei anderen Posten machen, also quasi einen Preis dafür bezahlen, dass Dutordoir die beste war. Schade, bedauert De Standaard.
Neubesetzung als Witz
Het Nieuwsblad findet: Man könnte es wie einen Witz erzählen. Wie viele Menschen braucht man, um einen Bahnchef zu ernennen? Die Antwort lautet: ein paar mehr als man denkt. Man braucht nicht nur einen guten Kandidaten, sondern auch eine vollzählige Regierung, die sich monatelang über eine lange Liste mit neu zu besetzenden Verwaltungsposten beugt, und man braucht dann noch einen halben Zug voll von Kandidaten, um alle Posten zu besetzen, um das politische Gleichgewicht auf all diesen Posten zu gewährleisten, schreibt Het Nieuwsblad.
Und auch De Morgen bedauert das politische Gerangel rund um den Posten des Bahnchefs: Dass die SNCB noch immer kein modernes Unternehmen ist, das die Kunden, also uns, in den Mittelpunkt seiner Bemühungen stellt, hängt auch mit der leidigen Politisierung des Chefpostens zusammen. Solange Chefetagen politisch besetzt werden und nicht auf Grundlage von Fähigkeiten, wird sich daran nichts ändern, glaubt De Morgen.
Guernica, Srebrenica, Aleppo
La Libre Belgique schaut nach Syrien und schreibt: Aleppo ist zu einem Symbol des Horrors geworden, zum Symbol der Machtlosigkeit und des internationalen Zynismus. Anfang des kommenden Jahres wird Aleppo "gesäubert", sein, wie es die siegreiche Allianz verkündet. Wir werden die Augen geschlossen haben, vor einem der schrecklichsten Massaker der jüngeren Geschichte. Nach Guernica und Srebrenica wird es jetzt Aleppo geben. Und bald andere Städte, befürchtet La Libre Belgique.
Düster auch die Bilanz von L'Avenir. EU-Ratspräsident Donald Tusk hat bedauert, dass die EU in Syrien nicht so effizient gewesen sei, wie sie sich das selbst gewünscht hätte. Da sagen wir doch glatt, dass Tusk lügt. Die EU hat sich nie die Mühe gegeben, Mittel zu finden, um wirksam in Syrien einzugreifen. Das menschliche Drama, das sich zurzeit in Aleppo abspielt, ist auch Ergebnis einer gewissen Feigheit von Europa, kritisiert L'Avenir.
Vielleicht ein Stück Realpolitik
Die Wirtschaftszeitung L'Écho bedauert ebenfalls die aktuelle Situation in Syrien, fragt aber: Was hätte Europa denn noch mehr tun können? Eine der Kriegsparteien unterstützen? Welche? Oder Aleppo retten? Wie man das in Libyen mit der Stadt Benghazi gemacht hat? Bei all diesen Gedankenspielen muss man feststellen, dass alle Interventionen des Westens in den vergangenen Jahren zu Chaos in der Region geführt haben. Abgesehen von Tunesien sind jetzt überall totalitäre Regime oder Islamisten an der Macht. Vielleicht ist Aleppo deshalb auch nur Zeichen einer gewissen Realpolitik. Vielleicht ist das Duo Assad-Putin tatsächlich am ehesten geeignet, wieder für Ruhe in Syrien zu sorgen, gibt L'Écho zu bedenken.
Die Abgründe der Fußballwelt
Le Soir kommentiert zur so genannten "Football-Leaks-Affäre", über die die Zeitung regelmäßig in den vergangenen Ausgaben berichtete: Das Ergebnis unserer Recherchen ist die Bestandsaufnahme einer unglaublich dunklen Welt. Eine Welt, die von Geld und Zynismus bestimmt wird, wo sich Politik und Sport vermischen und die ohne Moral und Werte auskommt.
Eine Welt, die die Spieler wie Vieh behandelt – zwar königlich bezahlt, aber trotzdem Vieh. Eine Welt, wo Fußball zu einem Business verkommt, in dem alle Tiefschläge erlaubt sind. Und das wird wahrscheinlich die bittere Bilanz der ganzen "Football-Leaks-Affäre" sein: Sobald man nur den kleinsten Blick hinter die Kulissen wirft, tun sich unerwartete Abgründe auf, die noch weit größer sind als man sich vorstellen wollte, resümiert verbittert Le Soir.
Um die Verstrickungen zwischen Fußball und Politik geht es auch im Kommentar von La Dernière Heure. Das Blatt schreibt zum ehemaligen Besitzer des französischen Fußballvereins Olympique de Marseille, Bernard Tapie, der auch Inhaber von Adidas und Minister unter François Mitterrand war: Diese Woche hat sich der Oberste Gerichtshof in Frankreich mit Tapie beschäftigt.
Es ging um die Frage, ob die ehemalige Wirtschaftsministerin Christine Lagarde einer Schlichtung zugunsten von Tapie in der Adidas-Affäre zugestimmt habe. Lagarde hatte es ermöglicht, dass Tapie 404 Millionen Euro als Entschädigung für "immateriellen Schaden" bekam. Wir kennen nicht wenige Angestellte, denen übel mitgespielt wurde, die sich mit weniger Geld zufrieden gegeben hätten. Aber nicht jeder heißt ja Bernard Tapie, stellt La Dernière Heure fest.
Kay Wagner - Bild: Virginie Lefour (belga)